Elektrotherapeutische Maßnahmen zur Behandlung des Rotatorenmanschettensyndroms an der Schulter

Hintergrund

Das Rotatorenmanschettensyndrom (unter diesem Begriff werden Schulterbeschwerden zusammengefasst, deren Ursprung einem oder mehreren Muskeln der sogenannten Rotatorenmanschette an der Schulter zugeordnet wird) ist eine häufige Ursache von Schulterschmerzen. Menschen mit einem Rotatorenmanschettensyndrom beschreiben häufig stärkere nächtliche Schmerzen und eine Schmerzzunahme bei Armbewegungen in bestimmte Richtungen einschließlich Überkopf-Aktivitäten. Häufig sind die Schmerzen mit Funktionsverlusten verbunden; manche Patienten beschreiben zudem einen Kraftverlust.

Elektrotherapeutische Maßnahmen stellen eine physiotherapeutische Behandlungsform dar, deren Ziel die Verringerung von Schmerzen und Verbesserung der Schulterfunktion durch Einleitung von Energie (elektrisch, per Schall, Licht oder thermisch) in den Körper ist. Beispiele sind therapeutischer Ultraschall, niederenergetische Lasertherapie (NLT), transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und die Anwendung pulsierender elektromagnetischer Felder (PEMF). Elektrotherapeutische Maßnahmen werden von verschiedenen medizinischen Fachkräften wie Physiotherapeuten, Chiropraktikern und Osteopathen angewandt. In der Praxis erhalten Patienten mit einem Rotatorenmanschettensyndrom selten eine einzelne elektrotherapeutischen Maßnahme ohne weitere physiotherapeutischen Maßnahmen (wie zum Beispiel Manuelle Therapie oder Übungen oder beides).

Studienmerkmale

Diese Zusammenfassung eines aktualisierten Cochrane Reviews stellt dar, was aus der Forschung über den Nutzen und nachteilige Wirkungen elektrotherapeutischer Maßnahmen für Menschen mit einem Rotatorenmanschettensyndrom bekannt ist. Nachdem wir bis März 2015 nach allen auf die Fragestellung des Reviews passenden Studien gesucht hatten, schlossen wir 47 Studien (2388 Teilnehmer) ein. 67% der Teilnehmer waren Frauen; das durchschnittliche Alter betrug 53 Jahre und die durchschnittliche Beschwerdedauer acht Monate. Die durchschnittliche Dauer der Behandlung mit Elektrotherapie betrug durchschnittlich drei Wochen.

Hauptergebnisse

Pulsierender therapeutischer Ultraschall verglichen mit einer Plazebobehandlung (Scheinbehandlung mit nicht-aktivem Ultraschall) über sechs Wochen, basierend auf einer Studie mit Patienten mit kalzifizierender Tendinitis (Tendinitis calcarea, auch “Kalkschulter” genannt)

Schmerzen insgesamt (höhere Punktzahlen bedeuten eine größere Verbesserung, d.h. eine größere Verringerung der Schmerzen)

Die Teilnehmer, die mit Ultraschall behandelt wurden, erfuhren eine größere Verbesserung (Verringerung) der Schmerzen als die Teilnehmer, die die Plazebobehandlung erhielten. Die Verbesserung der Schmerzen war (mit Ultraschall) nach sechs Wochen um 8.60 Punkte größer (zwischen 3,72 und 13,48 Punkte mehr; 17% absolute Verbesserung). Auf einer Skala von 0 bis 52 Punkten bewerteten die Teilnehmer, die mit Ultraschall behandelt wurden, die Verringerung ihrer Schmerzen mit -14,9 Punkten, während die Teilnehmer, die die Plazebobehandlung erhielten, die Verringerung ihrer Schmerzen mit -6,3 Punkten bewerteten.

Funktion (höhere Punktzahlen bedeuten eine größere Verbesserung der Schulterfunktion)

Die Teilnehmer, die mit Ultraschall behandelt wurden, verbesserten sich mehr als die Teilnehmer, die die Plazebobehandlung erhielten. Die Verbesserung der Funktion war (mit Ultraschall) nach sechs Wochen um 14,10 Punkte größer (zwischen 5,39 und 22.81 Punkte mehr; 14% absolute Verbesserung). Auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten bewerteten die Teilnehmer, die mit Ultraschall behandelt wurden, die Verbesserung ihrer Schulterfunktion mit 17,8 Punkten, während die Teilnehmer, die die Plazebobehandlung erhielten, die Verbesserung ihrer Schulterfunktion mit 3,7 Punkten bewerteten).

Behandlungserfolg

Von 100 Teilnehmern bewerteten 39 mehr die Behandlung mit Ultraschall als erfolgreich verglichen mit der Plazebobehandlung; 39% absolute Verbesserung (zwischen 18% und 60% mehr Verbesserung). 91 von 100 Teilnehmern bewerteten die Behandlung mit Ultraschall als erfolgreich, und 52 von 100 Teilnehmern bewerteten die Plazebobehandlung als erfolgreich.

Nebenwirkungen

Keiner der Teilnehmer, die mit Ultraschall behandelt wurden oder die Plazebobehandlung erhielten, berichtete von Nebenwirkungen.

Qualität der Evidenz (des wissenschaftlichen Belegs)

Evidenz niedriger Qualität ergibt Hinweise darauf, dass, verglichen mit einer Plazeobobehandlung, therapeutischer Ultraschall möglicherweise bei Menschen mit kalzifizierender Tendinitis kurzfristig (bis zu sechs Wochen) eine größere Verbesserung der Schmerzen insgesamt, der Schulterfunktion, des Gesamtbehandlungserfolgs und der Lebensqualität bewirkt als eine Plazebobehandlung; dass NLT möglicherweise kurzfristig (bis zu drei Wochen) eine größere Verbesserung der Schmerzen insgesamt und der Schulterfunktion bewirkt als eine Plazebobehandlung; dass therapeutischer Ultraschall und NLT verglichen mit einer alleinigen Behandlung mit weiteren physiotherapeutischen Maßnahmen möglicherweise keinen klinisch bedeutsamen Zusatznutzen bezogen auf die Schmerzen und die Schulterfunktion bringt; und dass PEMF im Vergleich zu einer Plazebobehandlung möglicherweise keinen klinisch bedeutsamen Nutzen bezogen auf die Schmerzen und die Schulterfunktion bringt. Es ist wahrscheinlich, dass weitere, qualitativ hochwertige Forschung unser Vertrauen in die Effektschätzungen (Ergebnisse) wahrscheinlich verändern wird.

Aufgrund der sehr niedrigen Qualität der Evidenz ist es ungewiss, ob TENS die Schmerzen und Schulterfunktion mehr verbessert als eine Plazebobehandlung; ob therapeutischer Ultraschall die Schmerzen und Schulterfunktion mehr verbessert als andere aktive Behandlungsmaßnahmen (Manuelle Therapie, Akupunktur, Kortisonspritzen, Kortisonspritzen in Kombination mit oralem (über den Mund eingenommenes) Tolmetin (ein kortisonfreies entzündungsmemmendes Medikament) oder Übungen); oder ob NLT die Schmerzen und Schulterfunktion mehr verbessert als orale kortisonfreie entzündungshemmende Medikamente (NSARs) und Kortisonspritzen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Braun, T. Bossmann, Koordination durch Cochrane Schweiz

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