Saccharose zur Schmerzfreiheit (Schmerzlinderung) bei Neugeborenen während schmerzhafter Eingriffe

Fragestellung

Cochrane Review Autoren untersuchten, wie gut sich Saccharose (Haushaltszucker) zur Schmerzlinderung bei Neugeborenen während schmerzhafter Eingriffe (z. B. Injektion, Lanzettenpunktion, Entnahme einer Blutprobe (Venenpunktion) oder Augenuntersuchungen) eignet. Die Schmerzreaktionen der Babys (z. B. Weinen, Grimassieren) wurden von Fachpersonen im Gesundheitswesen mittels Schmerzbeurteilungsskalen erhoben, um den von Babys erlebten Schmerz zu messen. Darüber hinaus wollten die Review-Autoren untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Schmerzlinderung und der Saccharosedosis oder der Art der Verabreichung (z. B. als Lösung in den Mund gespritzt oder auf einen Schnuller (auch Sauger oder Nuggi genannt) aufgetragen) besteht, bzw. ob es irgendwelche Sicherheitsbedenken bei der Verwendung von Saccharose zur Schmerzlinderung gibt.

Hintergrund

Obwohl es Möglichkeiten gibt, durch Operationen, Krankheiten oder größere Eingriffe verursachte Schmerzen zu behandeln, fehlte bis vor kurzem die Möglichkeit, infolge kleinerer medizinischer Eingriffe auftretende Schmerzen (z. B. Lanzettenpunktion und Venenpunktion) zu vermeiden oder zu verringern. Saccharose wurde bereits hinsichtlich ihrer beruhigenden Wirkung bei weinenden Neugeborenen und ihrer schmerzlindernden Wirkung während invasiver Eingriffe bei voll ausgetragenen Neugeborenen und Frühgeborenen untersucht.

Studienmerkmale

Wir durchsuchten die medizinische Literatur umfassend bis Februar 2016 nach Studien, die eine schmerzlindernde Wirkung von Saccharose bei kleineren medizinischen Eingriffen bei voll ausgetragenen Neugeborenen und Frühgeborenen untersuchen. Wir schlossen nur randomisierte kontrollierte Studien ein, da diese die zuverlässigste medizinische Evidenz bieten. In diesem Cochrane Review identifizierten wir 74 Studien mit einer Gesamtzahl von mehr als 7000 Kindern.

Achtunddreißig Studien schlossen nur voll ausgetragene Babys ein, 31 Studien nur Frühgeborene, und fünf schlossen sowohl voll ausgetragene als auch frühgeborene Babys ein. In 38 Studien war die Lanzettenpunktion und in neun Studien die Venenpunktion der untersuchte schmerzhafte Eingriff; die restlichen Studien untersuchten eine Vielzahl anderer kleinerer schmerzhafter Eingriffe.

In den Studien wurde eine Vielzahl von Verabreichungsformen der Zuckerlösung verwendet (orale Applikationsspritze, Pipette oder in Saccharose getauchte Schnuller), sowie eine Reihe von verschiedenen Konzentrationen und Dosen. Die Saccharose-Behandlung wurde mit folgenden Alternativen verglichen: Gabe einer ähnlichen Menge Wasser, Schnuller, herkömmliche Behandlung, Stillen, Halten in Froschstellung (das Kind wird in einer Beugestellung gehalten, mit den Armen nahe am Körper und den Hände so positioniert, um das Saugen zu fördern), Laser- Akupunktur, Pucken, Wärme, schmerzstillende Hautcreme (EMLA) oder eine Kombination dieser Behandlungsmöglichkeiten. In den Studien wurden eine Reihe von Schmerzbewertungsskalen verwendet, um die Ergebnisse zu messen.

Quellen der Studienfinanzierung

Wir identifizierten keine Studien, die Mittel aus der Industrie erhielten.

Hauptergebnisse

Es gibt Evidenz von hoher Qualität dafür, dass Saccharose bei Neugeborenen unterschiedliche Schmerzgrade während einer Lanzettenpunktion, Venenpunktion und intramuskulären Injektion reduziert. Saccharose bietet jedoch keine wirksame Schmerzlinderung während einer Beschneidung. Es gibt widersprüchliche Evidenz darüber, ob Saccharose Schmerzen verringert, die während anderer kleiner schmerzhafter Eingriffe auftreten; hierzu ist weitere Forschung erforderlich, um dies genauer zu untersuchen.

Neunundzwanzig Studien berichteten über unerwünschte Ereignisse (Schäden durch die Saccharosegabe und andere Behandlungen) und stellten fest, dass die Anzahl der geringfügigen unerwünschten Ereignisse (z. B. Verschlucken oder Würgereiz) sehr gering und in den verschiedenen Gruppen ähnlich verteilt (also nicht auf die Behandlung mit Saccharose zurückzuführen) war. Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse berichtet.

Qualität der Evidenz

Obwohl Saccharose zur Schmerzlinderung bei Neugeborenen umfassend untersucht worden ist, wurden in den meisten Studien nur wenige Babys eingeschlossen und zahlreiche unterschiedliche Instrumente zur Schmerzmessung eingesetzt, um die Wirksamkeit dieser Behandlung zu bewerten. Wir identifizierten Evidenz von hoher Qualität dafür, dass Saccharose Schmerzen infolge einer Lanzettenpunktion, Venenpunktion und intramuskulären Injektion reduziert. Im Hinblick auf die Verwendung von Saccharose für andere schmerzhafte Eingriffe war die Qualität der Evidenz niedrig bzw. moderat.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

D. Schoberer, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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