Kernaussagen
- Bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems verbessern möglicherweise bestimmte nichtmedikamentöse Behandlungen wie Probiotika und Bauchmassagen die von den Betroffenen selbstberichteten Symptome einer Verstopfung. Andere Behandlungen, wie eine ganzheitliche pflegerische Einschätzung, verbessern möglicherweise die von den Betroffenen selbstberichteten Symptome einer Stuhlinkontinenz.
- Die Evidenz ist sehr unsicher, ob bestimmte nicht-medikamentöse Behandlungen wie Probiotika und eine pflegerische Einschätzung die Lebensqualität der Betroffenen, die für die Darmpflege benötigte Zeit oder das Risiko unerwünschter Wirkungen der Behandlung beeinflussen.
- In diesem Bereich ist weitere Forschung erforderlich, die die wichtigsten Endpunkte präzise definiert. Die Entwicklung dieser Endpunkte sollte sich an den Schlüsselsymptomen der Lebensqualität orientieren, die für diese Personengruppe von Bedeutung sind.
Wie wirken sich Verstopfung und Stuhlinkontinenz bei Menschen mit einer Erkrankung des zentralen Nervensystems aus?
Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Morbus Parkinson, Rückenmarksverletzungen, Multipler Sklerose und nach einem Schlaganfall haben häufig mit Darmproblemen zu kämpfen. Dazu gehören Verstopfung und Stuhlinkontinenz, wobei manche Betroffene unter beidem leiden. Es kann herausfordernd sein, eine Verstopfung zu lindern, ohne dabei ungewollte Stuhlabgänge zu riskieren, oder die Stuhlinkontinenz zu stoppen, ohne dass erneut eine Verstopfung entsteht. Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems müssen häufig mehr Zeit für die Darmentleerung aufwenden. Das kann zu erheblicher Angst und Belastung führen und ihre Lebensqualität beeinträchtigen.
Wie werden Verstopfung und Stuhlinkontinenz bei Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems behandelt?
Verstopfung und Stuhlinkontinenz bei Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems können auf verschiedene Weise behandelt werden. Nichtmedikamentöse Optionen für das Darmmanagement umfassen konservative Behandlungen, wie eine Anpassung der Ernährung und die Einnahme von Probiotika oder Präbiotika. Zu den physikalischen Therapien gehören Bewegung, Bauchmassagen oder Darmspülungen, um den Darm zu entleeren. Auch eine Operation ist eine nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeit.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, wie wirksam nichtmedikamentöse Maßnahmen bei der Behandlung von Verstopfung, Stuhlinkontinenz oder beidem bei Menschen mit einer neurologischen Erkrankung des zentralen Nervensystems sind.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, die konservative Behandlungsmöglichkeiten, physikalische Therapien oder chirurgische Eingriffe im Vergleich zu keiner Behandlung, der üblichen Behandlung (zu Hause oder im Krankenhaus durch medizinisches Personal) oder Placebo-Behandlungen (Scheinmedikamente) bei Menschen mit Verstopfung, Stuhlinkontinenz oder beidem als Folge einer neurologischen Erkrankung des zentralen Nervensystems untersucht haben. Wir fassten die Ergebnisse dieser Studien zusammen, verglichen sie und bewerteten unser Vertrauen in diese Ergebnisse auf der Grundlage von Faktoren wie den Studienmethoden und der Größe der Studie.
Was fanden wir?
Wir fanden 25 Studien, an denen 1598 Personen mit einer neurologischen Erkrankung des zentralen Nervensystems und entweder Verstopfung, Stuhlinkontinenz oder beidem teilnahmen. Acht Studien befassten sich mit Menschen mit Morbus Parkinson, sieben mit Personen mit Rückenmarksverletzungen, fünf mit Schlaganfallpatient*innen, zwei mit Menschen mit Multipler Sklerose sowie jeweils eine Studie mit Menschen mit Spina bifida, Demenz und schwerer Lernbehinderung. Fast alle Studien fanden in Ländern mit hohem Einkommen statt. Zwei der einbezogenen Studien wurden von der Industrie finanziert, drei machten keine Angaben zu den Finanzierungsquellen. Eine Studie erklärte, dass die Autor*innen keine finanzielle Unterstützung erhalten haben. Die verbleibenden Studien wurden entweder durch Forschungsgelder, Krankenhäuser oder lokale Behörden, Wohltätigkeitsorganisationen oder gemeinnützige Organisationen finanziert.
Hauptergebnisse
Wir fanden 13 Studien, in denen konservative Behandlungsoptionen mit der üblichen Behandlung, keiner aktiven Behandlung oder Placebo verglichen wurden. Konservative Behandlungsmöglichkeiten führen möglicherweise zu einer deutlichen Verringerung der selbstberichteten Symptome der Stuhlinkontinenz und verbessern möglicherweise auch die Symptome der Verstopfung. Darüber hinaus verkürzen konservative Behandlungen möglicherweise die durchschnittliche Zeit, die zur Unterstützung der Darmfunktion aufgewendet werden muss. Die Evidenz ist jedoch sehr unsicher, ob konservative Maßnahmen die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Betroffenen verbessern oder ob diese Maßnahmen Nebenwirkungen haben. Keine der Studien benutzte den „Neurogenen Darmdysfunktions-Score“, ein Instrument zur Messung von Darmfunktionsstörungen bei Menschen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems.
Wir fanden 12 Studien, in denen physikalische Therapien mit der üblichen Behandlung, keiner aktiven Behandlung oder Placebo verglichen wurden. Physikalische Therapien haben möglicherweise keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Symptome der Stuhlinkontinenz, führen aber möglicherweise zu einer mäßigen Verbesserung der Verstopfung. Physikalische Therapien haben möglicherweise keinen oder nur einen geringen Einfluss auf den „Neurogenen Darmdysfunktions-Score“. Die Evidenz ist sehr unsicher, ob physikalische Therapien die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Betroffenen verbessern, die benötigte Zeit zur Unterstützung der Darmfunktion reduzieren oder Nebenwirkungen verursachen.
Was schränkt die Evidenz ein?
Insgesamt haben wir aufgrund der Art und Weise, wie die Studien durchgeführt wurden, wenig Vertrauen in die Evidenz. In vielen Studien war es möglich, dass die Teilnehmenden wussten, welche Behandlung sie bekamen, was die Ergebnisse beeinflusst haben könnte. Bei vielen Studien gab es Probleme mit der Art und Weise, wie die Ergebnisse berichtet wurden. Außerdem nahmen an den Studien oft nur sehr wenige Betroffene teil. Es fehlt an einheitlichen Messungen, die einen Vergleich verschiedener Forschungsarbeiten ermöglichen würden. Informationen über möglichen unerwünschte Wirkungen dieser Behandlungen waren sehr begrenzt.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 27. März 2023.
B. Schindler, F. Halter, freigegeben durch Cochrane Deutschland