Kontinuierliche passive Bewegungsbehandlung (Behandlung auf der Motorschiene) nach Einsatz einer Kniegelenks-Totalendoprothese bei degenerativen Gelenkveränderungen (z.B. Arthrose)

Hintergrund

Kniegelenkersatz-Operationen sind eine häufig durchgeführte Behandlungsmaßnahme bei degenerativen (zum Beispiel durch Arthrose oder rheumatische Erkrankungen bedingten) Gelenkveränderungen, können jedoch zu einem steifen Kniegelenk führen. Ein steifes Kniegelenk kann die Durchführung bestimmter Aktivitäten wie das Aufstehen aus dem Sitzen erschweren. Die kontinuierliche passive Bewegungsbehandlung (Englisch „Continuous Passive Motion“, kurz CPM) bietet die Möglichkeit des gleichmäßigen Bewegens des Knies unter Verwendung einer Motorschiene. Diese Cochrane-Übersichtsarbeit präsentiert den Kenntnisstand über die Wirksamkeit der Behandlung mit CPM nach Operationen am Knie. Die Suche nach allen passenden Studien im Januar 2013 ergab 24 Studien mit 1.445 Teilnehmern, die vorwiegend wegen degenerativer Veränderungen im Kniegelenk eine Kniegelenksersatz-Operation hatten. Mit der CPM wurde zwischen dem ersten und vierten Tag nach der Operation begonnen, und sie wurde täglich zwischen 1,5 und 24 Stunden über einen Zeitraum von 1 bis 17 Tagen durchgeführt. Die Übersichtsarbeit hat ergeben, dass eine im Anschluss an eine Kniegelenkersatz-Operation durchgeführte CPM wahrscheinlich die Beugefähigkeit im Knie gering vergrößert und die Lebensqualität der betroffenen Person verbessert, möglicherweise jedoch nicht zu einer Verbesserung von Schmerzen oder Funktion führt. Wir sind unsicher, welche Wirkung die CPM in Bezug auf die Notwendigkeit einer Mobilisation unter Narkose, die von den Teilnehmern wahrgenommene Wirksamkeit der Behandlung oder das Risiko von Komplikationen hat.

Die bestmöglichen Schätzungen dessen, was Patienten nach einer Kniegelenkersatz-Operation erwarten können, sind:

Bewegungsausmaß aktive Kniebeugung (d.h. die Fähigkeit das Knie zu beugen)

Patienten, die mit CPM behandelt wurden, konnten ihre Knie nach sechs Wochen durchschnittlich zwei Grad weiter (0 bis 5 Grad weiter) beugen als Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden (2% absolute Verbesserung, 0 bis 4% absolute Verbesserung)

- Patienten, die mit CPM behandelt wurden, konnten ihre Knie durchschnittlich 80 Grad beugen.

- Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, konnten ihr Knie durchschnittlich 78 Grad beugen.

Schmerz (höhere Werte bedeuten mehr bzw. stärkeren Schmerz)

Patienten, die mit CPM behandelt wurden, bewerteten ihre Schmerzen nach sechs Wochen mit 0,4 Punkten weniger auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten (0,8 Punkte Verringerung bis 0,1 Punkte Zunahme) (4% absolute Verringerung, 8% Verringerung bis 1% Zunahme).

- Patienten, die mit CPM behandelt wurden, gaben eine Schmerzstärke von durchschnittlich 2,6 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10 an.

- Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, gaben eine Schmerzstärke von durchschnittlich 3 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10 an.

Funktion (höhere Werte bedeuten bessere Funktion)

Patienten, die mit CPM behandelt wurden, zeigten nach sechs Monaten eine verringerte Funktionsfähigkeit von durchschnittlich 1,6 Punkten auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten (2% absolute Verringerung, 5 % Verringerung bis 2% Zunahme).

- Patienten, die mit CPM behandelt wurden, erreichten eine Funktionsfähigkeit von durchschnittlich 56 Punkten auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten.

- Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, erreichten eine Funktionsfähigkeit von durchschnittlich 57,6 Punkten auf einer Skala von 0 bis 100.

Lebensqualität (höhere Werte bedeuten eine höhere Lebensqualität)

Patienten, die mit CPM behandelt wurden, erreichten nach sechs Monaten eine Verbesserung der Lebensqualität von durchschnittlich 1 Punkt auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten (1% absolute Verbesserung, 3% Verringerung bis 4% Zunahme).

- Patienten, die mit CPM behandelt wurden, erreichten eine Lebensqualität von durchschnittlich 41 Punkten auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten.

- Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, erreichten eine Lebensqualität von durchschnittlich 40 Punkten auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten.

Mobilisation (Bewegungserweiterung) unter Narkose

Das Risiko, eine Mobilisation unter Narkose zu benötigen, nahm bei Patienten, die mit CPM behandelt wurden, um durchschnittlich 25 Eingriffe je 1.000 Patienten ab (4% absolute Risikoverringerung, 8% Risikoverringerung bis 0% Risikoverringerung)

- Patienten, die mit CPM behandelt wurden, hatten ein durchschnittliches Risiko von 1,6%, eine Mobilisation unter Narkose zu benötigen.

- Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, hatten ein durchschnittliches Risiko von 7,2%, eine Mobilisation unter Narkose zu benötigen.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen nahm bei Patienten, die mit CPM behandelt wurden, um durchschnittlich 13 unerwünschte Ereignisse je 1.000 Patienten ab (1% absolute Risikoverringerung, 5% Risikoverringerung bis 3% Risikozunahme).

- Das Risiko, von unerwünschten Nebenwirkungen betroffen zu sein, betrug bei Patienten, die mit CPM behandelt wurden, 15%.

- Das Risiko, von unerwünschten Nebenwirkungen betroffen zu sein, betrug bei Patienten, die nicht mit CPM behandelt wurden, 16,3%.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

CPM hat keine klinisch bedeutsamen Wirkungen auf die aktive Knie-Flexion ROM, Schmerz, Funktion oder Lebensqualität, um ihre routinemäßige Anwendung zu rechtfertigen. Sie könnte das Risiko einer Mobilisation unter Narkose und das Risiko für die Entwicklung unerwünschter Ereignisse reduzieren. Allerdings ist die Qualität der Evidenz, die diese Ergebnisse stützt, jeweils sehr niedrig beziehungsweise niedrig. Die Wirkungen von CPM auf andere Endpunkte ist unklar.

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Hintergrund: 

Arthrosen des Kniegelenks sind ein häufiges Problem und führen zu Schmerzen und Einschränkungen. Bei schwerwiegenden Fällen kann die Arthrose operativ durch einen totalen Kniegelenkersatz behandelt werden. Die Rehabilitation nach einer Kniegelenkersatz-Operation beinhaltet häufig eine kontinuierliche passive Bewegungsbehandlung (CPM-continous passive motion). CPM wird durch eine Motorschiene angewendet, die das Knie passiv und wiederholt über einen festgelegten Bewegungsradius (ROM-range of motion) bewegt. Es wird vermutet, dass CPM den Bewegungsradius des Knies erhöht und weitere therapeutische Vorteile mit sich bringt. Allerdings ist es unklar, ob CPM wirksam ist.

Zielsetzungen: 

Ziel war, den Nutzen und Schaden von CPM und standardmäßiger postoperativer Versorgung versus ähnlicher postoperativer Versorgung, mit oder ohne zusätzliche Knie-Übungen, bei Menschen nach einer Kniegelenkersatz-Operation zu untersuchen. Dieser Review ist eine Aktualisierung einer Version aus 2003 und 2010 desselben Reviews.

Suchstrategie: 

Wir suchten in den folgenden Datenbanken: Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) The Cochrane Library 2012, Issue 12), MEDLINE (Januar 1966 bis 24. Januar 2013), EMBASE (Januar 1980 bis 24. Januar 2013), CINAHL (Januar 1982 bis 24. Januar 2013), AMED (Januar 1985 bis 24. Januar 2013) und PEDro (bis 24. Januar 2013).

Auswahlkriterien: 

Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien in welchen die Interventionsgruppe CPM erhielt und sowohl in Interventions- als auch Kontrollgruppen ähnliche postoperative Versorgung und Behandlung nach totalem Kniegelenkersatz bei Menschen mit Arthrose zum Einsatz kam.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren wählten unabhängig voneinander Studien hinsichtlich Einschluss aus, extrahierten Daten und bewerteten das Risiko für Bias. Die primären Endpunkte, die von Interesse waren, waren aktive Knie-Flexion ROM, Schmerzen, Lebensqualität, Funktion, die generelle Einschätzung der Behandlungswirksamkeit durch die Patienten, Mobilisation unter Narkose und unerwünschte Ereignisse. Die sekundären Endpunkte waren passive Knie-Flexion ROM, aktive Knie-Extension ROM, passive Knie-Extension ROM, Dauer des Krankenhausaufenthalts, Schwellung und Stärke des Quadrizeps-Muskels. Wir schätzten die Effekte für kontinuierliche Daten mit Hilfe von Mittelwertdifferenzen oder standardisierten Mittelwertdifferenzen (SMD) und Effekte für dichotome Daten als relative Risiken; jeweils mit dazugehörigen 95% Konfidenzintervallen (KI). Sofern angemessen, führten wir Metaanalysen mit Hilfe des Radom Effects Modells durch.

Hauptergebnisse: 

Durch die elektronischen Suchen identifizierten wir 684 Publikationen nach Entfernung der Duplikate und beschafften Volltexte zu 62 potentiell geeigneten Studien. Vierundzwanzig randomisierte kontrollierte Studien mit 1445 Teilnehmenden entsprachen den Einschlusskriterien; vier dieser Studien waren in dieser Aktualisierung neu hinzugekommen.

Basierend auf Evidenz von moderater Qualität zeigten sich Hinweise, dass CPM keine klinisch bedeutsamen kurzfristigen Wirkungen auf die aktive Knie-Flexion ROM hat: die durchschnittliche Knie-Flexion in der Kontrollgruppe war 78 Grad, CPM erhöhte die aktive Knie-Flexion ROM um 2 Grad (95% KI 0 bis 5) oder um eine absolute Verbesserung von 2% (95% KI 0% bis 4%). Die mittleren und Langzeit-Wirkungen sind ähnlich obwohl die Qualität der Evidenz hier niedriger ist.

Basierend auf Evidenz von niedriger Qualität zeigten sich Hinweise, dass CPM keine klinisch bedeutsame kurzfristige Wirkung auf den Schmerz hat: Der mittlere Schmerzscore in der Kontrollgruppe lag bei 3 Punkten, CPM verringerte den Schmerz um 0,4 Punkte auf einer 10-Punkte-Skala (95% KI -0,8 bis 0,1) oder absolute Reduktion um -4% (95% KI -8% bis 1%).

Evidenz von moderater Qualität deutet darauf hin, dass CPM keine klinisch bedeutsamen mittelfristigen Wirkungen auf die Funktion hat: die mittlere Funktion in der Kontrollgruppe war 56 Punkte, CPM verringerte die Funktion um 1,6 Punkte (95% KI -6,1 bis 2,0) auf einer 100-Punkte-Skala oder um eine absolute Reduktion von -2% (95% KI -5% bis 2%). Die SMD war -0,1 Standardabweichungen (SD) (95% KI -0,3 bis 0,1).

Es gab Evidenz von moderater Qualität, die darauf hinweist, dass CPM keine klinisch bedeutsamen mittelfristigen Wirkungen auf die Lebensqualität hat: die mittlere Lebensqualität in der Kontrollgruppe lag bei 40 Punkten, CPM verbesserte die Lebensqualität um 1 Punkt auf einer 100-Punkte-Skala (95% KI -3 bis 4) oder absolute Verbesserung von 1% (95% KI -3% bis 4%).

Evidenz von sehr niedriger Qualität weist darauf hin, dass CPM das Risiko einer Mobilisation unter Narkose verringert; das Risiko einer Mobilisation war in der Kontrollgruppe 7,2%, das Risiko einer Mobilisation in der Interventionsgruppe war 1,6%, CPM reduzierte das Risiko für eine Mobilisation um 25 Mobilisationen pro 1000 (95% KI 9 bis 64) oder absolute Risikoreduktion von -4% (95% KI -8% bis 0%). Das relative Risiko war 0,3 (95% KI 0,1 bis 0,9).

Evidenz von niedriger Qualität deutet darauf hin, dass CPM das Risiko für unerwünschte Ereignisse reduziert; das Risiko für unerwünschte Ereignisse in der Kontrollgruppe war 16,3%, das Risiko für unerwünschte Ereignisse in der Interventionsgruppe war 15%, CPM reduzierte das Risiko für unerwünschte Ereignisse um 13 unerwünschte Ereignisse pro 1000 oder absolute Risikoreduktion um -1% (95% KI -5% bis 3%). Das relative Risiko war 0,9 (95% KI 0,6 bis 1,3). Die Schätzungen für das Risiko für Mobilisation und unerwünschte Ereignisse sind sehr ungenau. Die Schätzung für das Risiko für unerwünschte Ereignisse unterscheidet nicht zwischen einer klinisch bedeutsamen Zunahme oder Abnahme des Risikos.

Die Evidenz war unzureichend, um die Wirkung von CPM auf die generelle Einschätzung der Behandlungswirksamkeit durch die Patienten darzustellen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A.Kobleder, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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