Wir haben uns vorgenommen, mit Hilfe von randomisierten kontrollierten Studien zu untersuchen, welche Medikamente die gesundheitsbezogenen Endpunkte bei Erwachsenen mit akutem Atemnotsyndrom (akutes Lungenversagen, acute respiratory distress syndrom, ARDS) verbessern.
Hintergrund
ARDS ist ein lebensbedrohlicher Zustand, verursacht durch Lungenschäden, z.B. durch Infektionen wie Lungenentzündung oder Sepsis, oder durch Traumata. Menschen mit ARDS werden auf der Intensivstation versorgt und müssen bei der Atmung durch maschinelle Beatmung unterstützt werden. Viele Menschen, die ARDS überleben, leiden nach der Entlassung aus dem Krankenhaus unter Muskelschwäche, Müdigkeit, verminderter Lebensqualität und sind möglicherweise bis 12 Monate danach noch nicht wieder arbeitsfähig. Die Sterberaten sind trotz verbesserter Techniken zur Behandlung von ARDS immer noch sehr hoch. Medikamente könnten helfen, Lungenschäden zu beheben oder die Reaktion des Körpers auf die Schäden einzuschränken (z.B. durch Verminderung der überschüssigen Flüssigkeit, die sich um die geschädigte Lunge ansammeln kann).
Studienmerkmale
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 10. Dezember 2018. Wir haben 48 Studien, zu 20 verschiedenen Medikamententypen, mit 6299, an ARDS leidenden, Personen eingeschlossen. Drei Studien müssen noch eingestuft werden (da wir nicht genügend Details hatten, um sie zu bewerten) und 18 Studien sind noch nicht abgeschlossen. Wir fanden Unterschiede zwischen den eingeschlossenen Studien, z.B. bei der Schwere der ARDS, oder möglichen Unterschieden in der klinischen Behandlung und bei der Dosierung. Um nur aktuelle klinische Behandlungen von Menschen mit ARDS (z.B. bezüglich des bei der maschinellen Beatmung angewendeten Drucks) einzubeziehen, schlossen wir Studien, die vor 2000 veröffentlicht wurden, aus. Wie wir jedoch festgestellt haben, wurde in vielen Studien nicht über diese Behandlungsstrategien berichtet.
Für die wichtigsten Vergleiche in diesem Review nahmen wir fünf Medikamententypen auf: Kortikosteroide, Surfactant, N-Acetylcystein, Statine und Beta-Agonisten. Diese wurden entweder mit einem Placebo oder mit der Standardversorgung verglichen.
Hauptergebnisse
Obwohl durch Kortikosteroide die Zahl der Menschen, die innerhalb der ersten drei Monate sterben, reduziert werden könnte und Beta-Agonisten die Anzahl dieser frühen Todesfälle vermutlich leicht erhöhen könnten, haben wir bei unseren Analysen für diese Medikamente sowohl eine Zu- als auch eine Abnahme der Todesfälle festgestellt. Bei der Anzahl der Menschen, die innerhalb von drei Monaten starben fanden wir keine Evidenz für einen Unterschied durch Surfactant, N-Acetylcystein oder Statine. Nur zwei Studien (eine, in der Steroide beurteilt wurden, und eine zu Surfactant) berichteten über Todesfälle nach mehr als drei Monaten, aber die Evidenz dafür war unsicher.
Wir fanden heraus, dass Statine oder Steroide wenig oder gar keinen Unterschied in der Dauer der maschinellen Beatmung bewirken könnten, aber wir waren uns über die Evidenz zu Steroiden unsicher. Ebenso waren wir unsicher, ob Surfactant den Einsatz von maschineller Beatmung vermindert. Wir fanden heraus, dass die Anzahl der Tage, an denen Menschen keine maschinelle Beatmung benötigen (Tage ohne Beatmung bis zu Tag 28) durch Steroide verbessert werden könnten, aber dass die Tage ohne Beatmung durch Beta-Agonisten nicht verbessert werden könnten (allerdings waren wir uns unsicher über die Evidenz zu Beta-Agonisten). Wir fanden heraus, dass Statine wahrscheinlich wenig oder gar keinen Unterschied in der Anzahl der Tage ohne Beatmung ausmachen, was auch bei Surfactant der Fall war (obwohl wir uns wiederum über die Evidenz zu Surfactant unsicher waren).
Nur in wenigen Studien (und nur für Surfactant und Beta-Agonisten) wurde berichtet, ob die Behandlung mit dem Studienmedikament wegen schwerwiegenden Nebenwirkungen abgebrochen wurde, und wir waren unsicher, ob eines dieser beiden Medikamente zu solch schwerwiegenden Nebenwirkungen führte. Keine Studie berichtete über die Arbeitsfähigkeit der Menschen 12 Monate nach ihrer Krankheit.
Vertrauenswürdigkeit der Evidenz
Die meisten der Ergebnisse wurden durch Evidenz niedriger oder sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit gestützt. In Bezug auf die Evidenz für einige Endpunkte bei der Verwendung von Statinen und Beta-Agonisten hatten wir allerdings moderates Vertrauen. Für einige Endpunkte fanden wir zu wenige Studien mit nur wenigen Teilnehmern, und teilweise gab es unerklärliche Unterschiede zwischen den Ergebnissen verschiedener Studien. Diese Faktoren beeinträchtigten die Vertrauenswürdigkeit unserer Ergebnisse. Da das Studienmedikament mit der Standardbehandlung (kein Medikament) verglichen wurde, war das Verblinden einiger Forscher nicht möglich. Dies könnte unsere Ergebnisse verzerrt haben.
Schlussfolgerung
Wir fanden keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit irgendeiner Art von Medikament bei der Verminderung der Zahl der Todesfälle bei Menschen mit ARDS oder der Verkürzung der Zeitspanne, in der sie auf maschinelle Beatmung angewiesen sind. In keiner der Studie wurde über die Arbeitsfähigkeit nach 12 Monaten berichtet. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde von uns für die meisten Endpunkten als niedrig oder sehr niedrig bewertet, was unser Vertrauen in die Ergebnisse des Reviews beeinträchtigt.
S. Schneider, freigegeben durch Cochrane Deutschland