Natalizumab zur Behandlung von aktivem Morbus Crohn

Hintergrund

Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Darms. Morbus Crohn tritt häufig im unteren Teil des Dünndarms, Ileum genannt, auf. Er kann aber auch jeden anderen Teil des Verdauungstraktes betreffen. Häufige Symptome sind Bauchschmerzen, oft im unteren rechten Bereich, und Durchfall. Wenn Menschen mit Morbus Crohn Symptome erleben, wird die Krankheit als ‚aktiv‘ bezeichnet. Wenn die Symptome nachlassen, nennt man dies ‚Remission‘. Natalizumab und Infliximab sind Biopharmazeutika. Sie werden direkt in eine Vene (intravenös) verabreicht. Biopharmazeutika unterdrücken das Immunsystem und vermindern die mit dem Morbus Crohn einhergehende Entzündung. Menschen mit moderatem bis schwerem Morbus Crohn, die trotz Behandlung mit den Standard-Medikamenten keine Remission erreichen, erhalten oft Biopharmazeutika.

Studienmerkmale

Wir führten eine umfassende Literaturrecherche durch und fanden fünf randomisierte kontrollierte Studien (ein Experiment, bei dem Teilnehmer zufällig zu zwei oder mehr Interventionen zugeteilt und die Ergebnisse dann verglichen werden), die insgesamt 1.771 Teilnehmer einschlossen. Vier Studien (1.692 Teilnehmer) verglichen eine, zwei oder drei intravenöse Infusionen von Natalizumab (300 mg oder 3 mg/kg oder 6mg/kg) mit Placebo (eine Schein-Infusion - eine Infusion, die zwar im Aussehen identisch mit Natalizumab war, aber kein aktives Medikament enthielt). In diesen Studien wurden die Teilnehmer für 12 Wochen beobachtet. Eine Studie (79 Teilnehmer) verglich drei intravenöse Infusionen von Natalizumab (300 mg) und Infliximab (5 mg/kg) mit Infliximab und Placebo. Die Teilnehmer dieser Studie konnten trotz Behandlung mit dem Biopharmazeutikum Infliximab keine Remission erreichen. Diese Studie beobachtete die Teilnehmer für 10 Wochen. Alle Studien waren von hoher Qualität.

Hauptergebnisse

Je nach Studie wurden die intravenösen Infusionen von Natalizumab oder Placebo in den Wochen null, vier und acht verabreicht. Eine, zwei oder drei Infusionen von Natalizumab waren Placebo hinsichtlich der Einleitung einer Remission und dem klinischen Ansprechen (Verbesserung der Symptome des aktiven Morbus Crohn) überlegen. Die Rate der Nebenwirkungen, Studienabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen und schwerwiegenden Nebenwirkungen waren zwischen den Natalizumab- und Placebo-Gruppen nach 4, 8 und 12 Wochen ähnlich. Häufige Nebenwirkungen umfassten Kopfschmerzen, Übelkeit, Nasopharyngitis (Erkältung), Bauchschmerzen, Fatigue, Erbrechen und eine Verschlechterung des Morbus Crohn.

Die Studie, welche die Kombinationstherapie mit Natalizumab und Infliximab mit Infliximab und Placebo verglich, zeigte ähnliche Remissionsraten nach 10 Wochen. Die Raten an Nebenwirkungen, Studienabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen und schweren Nebenwirkungen ähnelten sich zwischen den Gruppen nach 10 Wochen. Häufige unerwünschte Ereignisse umfassten Kopfschmerzen, eine Verschlechterung des Morbus Crohn, Übelkeit und Nasopharyngitis.

Die eingeschlossenen Studien waren nicht dafür konzipiert, schwerwiegende Nebenwirkungen zu erkennen, die selten auftreten. Natalizumab wird mit der Entstehung von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) assoziiert, die bei einigen Patienten zum Tod führt. PML ist eine schwere Infektion des Nervensystems, die häufig tödlich sein kann. Derzeit gibt es keine Tests, die verlässlich vorhersagen können, wer ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von PML hat.

Qualität der Evidenz

Insgesamt war die Qualität der Evidenz für jeden Endpunkt in der Regel hoch.

Schlussfolgerungen

Daten von hoher Qualität deuten darauf hin, dass Natalizumab für die Einleitung einer klinischen Remission und das Ansprechen bei einigen Patienten mit moderat bis stark aktivem Morbus Crohn wirksam ist. Aufgrund der Assoziation mit PML und der Verfügbarkeit von alternativen Wirkstoffen, die nicht mit PML in Verbindung gebracht werden, wird Natalizumab bei Patienten, die auf die derzeit verfügbare medizinische Therapie für Morbus Crohn nicht ansprechen, wahrscheinlich nicht genutzt werden. Die Anwendung von Natalizumab bei ausgewählten Patienten (z. B. Menschen, die auf verschiedene Biopharmazeutika allergisch reagieren) muss sorgfältig gegen das potentielle Risiko für die Entwicklung einer PML abgewogen werden. Weitere Studien mit Natalizumab werden wahrscheinlich nicht durchgeführt.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Metzing, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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