Der Nutzen protokollgestützter Beatmungsentwöhnung zur Verringerung der Beatmungsdauer bei erwachsenen schwerkranken Patienten

Fragestellung des Reviews: Wir haben die Evidenz zur Wirksamkeit protokollgestützter Entwöhnung vom Beatmungsgerät durch Kliniker („Weaning-Protokolle“) im Hinblick auf eine Verringerung der Dauer maschineller Beatmung bei schwerkranken Patienten begutachtet.

Hintergrund: Die Unterstützung der Atmung mittels maschineller Beatmung kann für Patienten lebensrettend sein. Mit steigender Beatmungsdauer erhöht sich jedoch auch die Wahrscheinlichkeit für nachteilige Auswirkungen. Dazu gehören Infektionen der Lunge sowie Komplikationen durch die verlängerte Immobilität wie Beinvenenthrombosen und Lungenembolien. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu erkennen, ob Patienten zu einer selbstständigen Atmung in der Lage sind, damit sie schrittweise vom Beatmungsgerät entwöhnt werden können (so genanntes Weaning). Gewöhnlich erfolgt das Weaning nach klinischem Ermessen, neuerdings werden jedoch Weaning-Protokolle als sichere Option für Patienten und hilfreich für Kliniker verstanden. Einige Studien berichteten, dass protokollgestütztes Vorgehen zu einer Verbesserung der Praxis führte. Allerdings gab es keine eindeutige Evidenz, dass der Einsatz von Protokollen tatsächlich einen Vorteil für die Patienten hat.

Suchdatum: Es wurde die Evidenz bis Januar 2014 berücksichtigt.

Eigenschaften der Studien: Dieser aktualisierte Cochrane-Review schloss 17 Studien ein mit insgesamt 2434 schwerkranken Patientinnen und Patienten von nicht-operativen, operativen, neurochirurgischen und gemischten nicht-operativen/operativen Intensivstationen. Die Studien verglichen den Einsatz von Weaning-Protokollen mit dem üblichen Vorgehen in der Praxis. Sie wurden in Intensivstationen in Amerika, Europa, Asien und Australien durchgeführt. Auf den Intensivstationen wurden Patienten mit Herzerkrankungen, Atembeschwerden, Kopfverletzungen und größeren chirurgischen Eingriffen nach Traumata behandelt. In 13 Studien wurden Weaning-Protokolle durch die Kliniker angewendet, die als Leitfaden dienten, um die mechanische Unterstützung der Atmung zu reduzieren. In vier Studien erfolgte die Entwöhnung vom Beatmungsgerät maschinell durch Computer-gesteuerte Protokolle.

Ergebnisse: Im Vergleich zum üblichen Vorgehen in der Praxis ohne den Einsatz von Protokollen wurde die durchschnittliche Gesamtzeit am Beatmungsgerät um 26% verringert. Die Dauer der Entwöhnung wurde um 70% verringert und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation um 11%. Der Einsatz von Protokollen hatte keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen. Wir fanden erhebliche Unterschiede in der Art der angewendeten Protokolle, den Kriterien für den Beginn des Weanings, den Erkrankungen der Patienten und dem üblichen Vorgehen in der Weaning-Praxis. Das bedeutet, dass wir nicht eindeutig sagen können, welche Protokolle sich für bestimmte Patienten am besten eignen. Wir wissen jedoch, dass sie für neurochirurgische Patienten nicht nützlich waren.

Qualität der Evidenz: Die Qualität der vorhandenen Evidenz stuften wir hinsichtlich der Beatmungsdauer und der Nebenwirkungen als moderat ein; hinsichtlich der Entwöhnungsdauer und der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation als niedrig. Die Gründe für unsere Einstufung lagen darin, dass die Ergebnisse der verschiedenen Studien uneinheitlich und die Angaben über das übliche Vorgehen in der Praxis nicht ausreichend waren.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Berg, S. Fleischer, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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