Kernaussagen
- Die Einnahme hoher Dosen von Kalzium (über 1000 mg) während der Schwangerschaft führt wahrscheinlich dazu, dass etwas weniger Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Eventuell gab es keinen Unterschied bei den unerwünschten Wirkungen, allerdings haben wir dazu nur wenige Daten gefunden.
- Die Zahl der Babys, die vor der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurden, sowie derjenigen mit einem niedrigen Geburtsgewicht, blieb offenbar unverändert. Diese Babys sind am stärksten von den gesundheitlichen Folgen einer Frühgeburt betroffen.
- Die Einnahme von kalziumhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln während der Schwangerschaft dürfte, falls sie überhaupt einen Einfluss hat, nur eine geringe Wirkung auf die Gesundheit von Müttern und Säuglingen haben. Weitere Studien sind erforderlich, um die Ergebnisse abzusichern und um unerwünschte Wirkungen zu erforschen.
Warum werden kalziumhaltige Nahrungsergänzungsmittel während der Schwangerschaft eingenommen?
Schwangeren wird häufig geraten, ihre Kalziumzufuhr zu erhöhen. Allerdings variieren die empfohlenen Dosierungen je nach den Ratschlägen verschiedener Gesundheitsexpert*innen. Kalzium ist für das Wachstum und die Entwicklung des Babys im Mutterleib sehr wichtig. Eine zusätzliche Kalziumzufuhr könnte nicht nur die Gesundheit des Babys fördern, sondern auch positive Auswirkungen auf die Mutter haben. Eine zusätzliche Kalziumzufuhr könnte dazu beitragen, die Schwangerschaft zu stabilisieren und das Risiko von Frühgeburten zu verringern. Allerdings könnten auch unerwünschte Wirkungen auftreten. Frühgeborene (mit einer Schwangerschaftsdauer von weniger als 37 Wochen, d. h. 37 Wochen seit der letzten Regelblutung der Frau) haben im Vergleich zu termingerecht geborenen Babys mehr gesundheitliche Probleme. Besonders Babys, die vor der 34. Schwangerschaftswoche geboren werden (oder Babys mit geringem Geburtsgewicht) können schwerwiegende gesundheitliche Probleme haben. Falls Kalziumpräparate tatsächlich die Anzahl der Frühgeburten senken könnten, könnten sie sich positiv auf die Gesundheit der Neugeborenen auswirken.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten wissen, ob die Einnahme von Kalziumpräparaten während der Schwangerschaft die Zahl der zu früh geborenen Babys (Frühgeburten) oder die Zahl der Babys mit niedrigem Geburtsgewicht (weniger als 2500 g) verringert. Wir wollten auch wissen, ob es unerwünschte Wirkungen auf die Babys oder die Mütter geben könnte. Wir haben Studien zu Müttern mit Bluthochdruck ausgeschlossen, da dieses Thema bereits in anderen Cochrane Reviews behandelt wurde.
Wie gingen wir vor?
Dies ist eine Aktualisierung eines 2015 veröffentlichten Reviews. Wir fanden 19 Studien mit Daten für unseren Review, an denen 16.625 Mütter und ihre Babys beteiligt waren. Die Studien wurden in zahlreichen Ländern weltweit durchgeführt. An der größten Studie nahmen 8325 Mütter und ihre Säuglinge teil, an der kleinsten Studie 23 Mütter und ihre Säuglinge. Die eingeschlossenen Studien waren im Allgemeinen von guter Qualität und befassten sich größtenteils mit hochdosiertem Kalzium. Wir sind recht zuversichtlich in Bezug auf die vorliegenden Daten.
Wir stellen fest, dass Kalziumpräparate wahrscheinlich bewirken, dass etwas weniger Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden (11 Studien, 15.379 Mütter und Babys). Es gibt aber wahrscheinlich keinen Unterschied bei der Zahl der vor der 34. Woche geborenen Babys (3 Studien, 5569 Mütter und Babys). Möglicherweise gibt es keine oder allenfalls eine geringfügige Wirkung auf ein niedriges Geburtsgewicht (6 Studien, 14.162 Mütter und Babys). Mütter, die zusätzliches Kalzium einnahmen, berichteten über ähnliche unerwünschte Wirkungen wie jene Mütter, die kein zusätzliches Kalzium einnahmen. Insgesamt wurde aber nur in wenigen Studien über unerwünschte Wirkungen berichtet.
Was schränkt die Evidenz ein?
Unser Vertrauen in die Evidenz ist nur moderat, da die Wirkung von Kalzium in den einzelnen Studien offenbar leicht unterschiedlich war. Die Studien beschränkten sich außerdem auf hohe Kalziumdosen, und nur wenige Studien berichteten über unerwünschte Wirkungen.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Dieser Review ist eine Aktualisierung einer vorherigen Version. Die Evidenz ist auf dem Stand von Dezember 2022.
B. Schindler, F. Halter, freigegeben durch Cochrane Deutschland