Deferasirox zur Behandlung von Eisenüberladung bei Menschen mit Thalassämie

Hintergrund

Thalassämie ist eine erbliche Anämie, die auf mangelhafter Produktion von Hämoglobin beruht. Regelmäßige rote Blutzelltransfusionen sind notwendig, insbesondere für Thalassaemia major, die schwere Form der Erkrankung. Dies führt zu Eisenüberladung. Da der menschliche Körper nicht über die Mittel verfügt, übermäßiges Eisen zu beseitigen, ist eine medikamentöse Behandlung (eisen-chelatbildende Medikamente) erforderlich. Vor mehreren Jahren wurde ein neuer oraler Eisenchelator, Deferasirox, zugelassen.

Review-Frage

Bietet Deferasirox Vorteile im Vergleich zu Placebo oder den anderen Eisenchelatoren Deferoxamin oder Deferipron bei Menschen mit Thalassämie hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit?

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 12. August 2016. Dieser aktualisierte Review umfasst 16 randomisierte kontrollierte Studien (1807 Teilnehmer), die 20 Vergleiche von Deferasirox mit einer anderen Behandlung enthalten.

Bei Patienten mit transfusionsabhängiger Thalassämie verglichen zwei Studien Deferasirox mit Placebo und neun Studien (1251 Teilnehmer) verglichen Deferasirox mit der Standardbehandlung Deferoxamin. Vier Studien (205 Teilnehmer) verglichen Deferasirox mit Deferipron. Eine Studie verglich Deferasirox und Deferipron jeweils mit Deferasirox- und Deferipron-Kombinationstherapie (40 Teilnehmer), Deferasirox- und Deferoxamin-Kombinationstherapie mit nur Deferoxamin (94 Teilnehmer) und Deferasirox und Deferipron-Kombinationstherapie mit Deferipron und Deferoxamin-Kombinationstherapie (96 Teilnehmer).

Bei Patienten mit nicht-transfusionsabhängiger Thalassämie (Personen, die keine regelmäßigen Bluttransfusionen benötigen) verglich eine Studie (166 Teilnehmer) Deferasirox mit Placebo. Die Dauer der eingeschlossenen Studien reichte von 12 Tagen bis zwei Jahren.

Hauptergebnisse

Zwei Studien, die Deferasirox mit Placebo bei Patienten mit transfusionsabhängiger Thalassämie verglichen, zeigten, dass Deferasirox beim Entfernen von Eisen wirksam war. Neun weitere Studien verglichen Deferasirox mit der Standardbehandlung Deferoxamin. Eine ähnliche Wirksamkeit scheint je nach Dosierung der beiden Medikamente möglich zu sein. Es muss bestätigt werden, ob es langfristig zu ähnlichen Verbesserungen bei patientenrelevanten Endpunkten führt. Die Sicherheit von Deferasirox war akzeptabel; allerdings konnten seltenere unerwünschte Ereignisse oder langfristige Nebenwirkungen aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl und der relativ kurzen Dauer der Studien nicht ausreichend untersucht werden. Die Behandlungszufriedenheit war mit Deferasirox bei Patienten, die zuvor mit Deferoxamin behandelt worden waren, signifikant besser. Die Rate der Therapieabbrüche war bei beiden Medikamenten ähnlich. Deferasirox könnte eine Alternative für Personen sein, die Deferoxamin nicht vertragen oder die Behandlung damit nicht sorgfältig einhalten. Bei Menschen mit einer starken Vorliebe für Deferasirox sollten mögliche Vorteile und Risiken diskutiert werden.

Eine Studie (41 Teilnehmer) berichtete, dass mehr Personen mit transfusionsabhängiger Thalassämie Gelenkschmerzen erlitten, wenn sie mit Deferipron behandelt wurden als mit Deferasirox, aber aufgrund der großen Anzahl verschiedener Arten von unerwünschten Ereignissen, die berichtet und verglichen wurden, könnte dieses Ergebnis auf Zufall zurückzuführen sein. Eine Studie ergab, dass die Einhaltung der Behandlung besser war, wenn beide orale Eisenchelatoren, Deferasirox und Deferipron angewendet wurden als die Kombination von Deferipron und Deferoxamin, aber kein Teilnehmer brach die Studie ab. Wir fanden keine Evidenz für Unterschiede bei Vergleichen von Deferasirox oder Deferipron alleine mit einer kombinierten Deferasirox- und Deferipron-Behandlung oder Deferasirox- und Deferoxamin-Kombination mit Deferoxamin alleine, aber die Anzahl der Patienten in den Studien waren klein und verfügbare Daten waren sehr begrenzt.

Eine Studie an Patienten mit nicht-transfusionsabhängiger Thalassämie zeigte, dass Deferasirox bei der Verringerung der Ferritinkonzentration im Serum und der Leber-eisenkonzentration im Vergleich zu Placebo besser war. Es gibt jedoch keine Evidenz zu den Auswirkungen auf patientenrelevante Endpunkte oder langfristige Daten zur Sicherheit in dieser Population.

Qualität der Evidenz

Die Qualität der eingeschlossenen Studien, in denen Deferasirox mit Deferoxamin bei Patienten mit transfusionsabhängiger Thalassämie verglichen wurde, war moderat bis niedrig, hauptsächlich aufgrund der Tatsache, dass die Forscher und Teilnehmer wussten, welche Interventionen den Teilnehmern zugeteilt wurden, der geringen Anzahl der Teilnehmer, die in den Studien eingeschlossen wurden, und der Verwendung eines Surrogatmarkers (Messwert, der anstelle eines harten klinischen Endpunktes verwendet wurde) statt der patientenrelevanten Endpunkte. Für den Vergleich von Deferasirox zu Placebo bei Patienten mit nicht-transfusionsabhängiger Thalassämie war die Qualität der Evidenz moderat bis sehr niedrig, basierend auf nur einer kleinen Studie. Für die anderen Vergleiche war die Qualität der Evidenz niedrig bis sehr niedrig, vor allem aufgrund der Aufnahme von noch weniger Teilnehmern. Idealerweise sollten weitere randomisierte Studien, die patientenrelevante, langfristige Endpunkte und seltenere unerwünschte Ereignisse untersuchen, durchgeführt werden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

I. Töws, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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