Pruritus, besser bekannt als Juckreiz, ist eines der rätselhaftesten Symptome bei fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankungen und kann die Patient*innen erheblich belasten. Pruritus ist multifaktoriell bedingt und kann ein Symptom verschiedenster Krankheitsprozesse im Körper sein. Vor allem in den letzten zehn Jahren haben klinische Beobachtungen und kontrollierte Studien viel zu Verständnis und Behandlung von Juckreiz beigetragen, insbesondere bei Lebererkrankungen, Urämien (harnpflichtige Substanzen in Urin) und anderen Arten von chronischem Juckreiz. In diesem Reviews wollten wir die Evidenz für eine angemessene Behandlung von Juckreiz im Bereich der Palliativmedizin systematische erfassen und bewerten .
Kernaussagen
-Bei Pruritus (Juckreiz) im Zusammenhang mit Nierenerkrankungen fanden wir Veränderungen für die folgenden medikamentösen Interventionen im Vergleich zu Placebo: GABA-Analoga wie Gabapentin und Pregabalin führen wahrscheinlich zu einer starken Verringerung des Juckreizes. Fischöl/Omega-3-Fettsäuren und topisches Capsaicin führen möglicherweise ebenfalls zu einer starken Verringerung des Juckreizes. Kappa-Opioid-Agonisten wie Difelikefalin, Nalbuphin und Nalfurafin hingegen verringern den Juckreiz geringfügig. Montelukast und Cromolyn-Natrium verringern möglicherweise ebenfalls den Juckreiz, jedoch ist die Evidenz hierzu sehr unsicher.
- Bei Pruritus (Juckreiz) im Zusammenhang mit Lebererkrankungen verringern Rifampicin und Flumecinol im Vergleich zu Placebo den Juckreiz möglicherweise, aber auch hier ist die Evidenz sehr unsicher.
- Die Forschung in der Palliativmedizin ist schwierig und oft auf einen begrenzten Zeitraum am Lebensende beschränkt. Es sind weitere methodisch hochwertige Studien zur Vorbeugung und Behandlung von Pruritus (Juckreiz) erforderlich.
Was ist Pruritus?
Pruritus ist der medizinische Begriff für Juckreiz. Dieses Symptom kann in der Palliativmedizin ein großes Problem darstellen, da es die Lebensqualität beeinträchtigt. Juckreiz kann im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen wie chronischen Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen oder Krebs auftreten.
Wie wird Juckreiz behandelt?
Je nach Ursache kann Juckreiz durch medikamentöse, nicht-medikamentöse und topische Maßnahmen behandelt werden.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob Medikamente Juckreiz besser als Placebo oder eine andere aktive Kontrollintervention lindern. Wir wollten auch herausfinden, ob die Medikamente mit unerwünschten Wirkungen verbunden sind.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach qualitativ hochwertigen klinischen Studien zur medikamentösen Vorbeugung oder Behandlung von Juckreiz in der Palliativmedizin. Wir verglichen die Ergebnisse der Studien, fassten diese statistisch zusammen und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Studiengröße.
Was fanden wir heraus?
Wir fanden 91 Studien, in denen 51 verschiedene Medikamente/Anwendungen bei 4652 Menschen mit Juckreiz untersucht wurden. An der größten Studie nahmen 373 Personen teil, an der kleinsten Studie acht. Die Studien wurden in verschiedenen Ländern Europas, Nordamerikas und Asiens durchgeführt. Die meisten Studien dauerten etwa vier bis acht Wochen. Siebzehn (19%) der 91 Studien wurden durch pharmazeutische Unternehmen finanziert.
Eine ideale juckreizstillende Therapie gibt es derzeit nicht. Es gab jedoch genügend Studien, die auf eine Wirksamkeit bei Juckreiz im Zusammenhang mit einer bestimmten Grunderkrankung hinwiesen. Der Juckreiz im Zusammenhang mit chronischen Nierenerkrankungen wird im Vergleich zu Placebo wahrscheinlich durch GABA-Analoga (Gabapentin, Pregabalin) stark verringert. Auch Fischöl/Omega-3-Fettsäuren und topisches Capsaicin führen möglicherweise zu einer starken Verringerung des Juckreizes. Kappa-Opioid-Agonisten (Difelikefalin, Nalbuphin, Nalfurafin) hingegen verringern den Juckreiz geringfügig. Montelukast und Cromolyn-Natrium verringern möglicherweise ebenfalls den Juckreiz, jedoch ist die Evidenz in diesem Fall sehr unsicher. Rifampicin (im Vergleich zu Placebo oder aktiver Kontrolle) und Flumecinol (im Vergleich zu Placebo) verbessern möglicherweise den Juckreiz im Zusammenhang mit Leberproblemen, wobei auch hier die Evidenz sehr unsicher war. Insgesamt verursachten die meisten Medikamente möglicherweise nur wenige und leichte Nebenwirkungen. Naltrexon hatte bei weitem die meisten Nebenwirkungen.
Was schränkt die Evidenz ein?
Es gab mehrere Einschränkungen der Evidenz. Es ist möglich, dass die Studienteilnehmenden wussten, welche Behandlung sie erhielten. Darüber hinaus wurden die Studien an unterschiedlichen Personengruppen durchgeführt und verschiedene Durchführungsarten einer Intervention bewertet.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Dieser Review ist eine Aktualisierung unseres vorherigen Reviews. Es wurden Studien bis Juli 2022 berücksichtigt.
F. Halter, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland