Hintergrund
Venöse Beingeschwüre ("offenes Bein") sind eine häufig vorkommende Art von Beinwunden. Diese können Schmerzen, Stress, soziale Isolation und Depressionen verursachen. Die Geschwüre brauchen rund 12 Wochen, um zu heilen. Die beste und bevorzugte Behandlung sind Kompressionsbinden. Um den Heilungsprozess zu verbessern wird totes oder absterbendes Gewebe von der Wundoberfläche entfernt (Débridement oder Wundtoilette) in der Annahme, dass die Wunde dann rascher heilen kann. Es gibt sechs verschiedene Methoden für ein Débridement: mit einem Instrument wie einem Skalpell (mit oder ohne Betäubung - sog. chirurgisches bzw. scharfes Débridement), durch Waschlösungen und Verbände (mechanisches Débridement), durch Enzyme, die das betroffene Gewebe zersetzen (enzymatisches Débridement), durch feuchte Verbände und natürliche Wirkstoffe, um den Selbstheilungsprozess der Wunde zu unterstützen (autolytisches Débridement) oder durch Maden (biochirurgisches Débridement).
Ziele
Wir bewerteten die Evidenz in der medizinischen Literatur, um die Wirksamkeit der verschiedenen Débridement-Methoden zu ermitteln. Ebenso wollten wir verstehen, welche Wirkung (wenn überhaupt) das Débridement auf die Heilung von venösen Beingeschwüren hat und welche der Methoden bei der Wundheilung besser abschnitten als eine Behandlung ohne Débridement.
Suchmethoden
Wir haben eine breite Palette von elektronischen Datenbanken und Konferenzberichten bis zum 10. Februar 2015 durchsucht. Dabei berücksichtigten wir Studien aller Sprachen mit Männern und Frauen aller Alterssparten, aus allen Ländern und allen möglichen Behandlungszusammenhängen. Auch beim Publikationsjahr machten wir keine Einschränkungen. Wir interessierten uns nur für robuste Forschung und beschränkten die Suche deshalb auf randomisierte, kontrollierte Studien (in denen Patienten zufällig auf die getesteten Methoden verteilt werden). Alle Studienteilnehmer mussten ein venöses Beingeschwür mit totem Gewebe in der Wunde aufweisen.
Ergebnisse
Wir fanden zehn Studien mit insgesamt 715 Teilnehmern. Diese wurden in verschiedenen Ländern und Behandlungssettings durchgeführt. Die Teilnehmer (mehr Frauen als Männer) waren im Durchschnitt 68 Jahre alt. Die meisten dieser Studien waren klein; die Hälfte hatte weniger als 67 Teilnehmer. Die Studien untersuchten eine Vielzahl von Débridement-Methoden, von nichthaftenden Verbänden über sehr kleine Kügelchen, Biozellulose-Verbände, Honig, Gels und Gaze bis zum Einsatz von Enzymen. Autolytische Methoden des Débridements wurden am häufigsten untersucht. Wir fanden keine Studien, die chirurgische, scharfe oder mechanische Débridement-Methoden untersuchten und ebenso keine, die Débridement gegen kein Débridement testeten.
Es war nicht möglich festzustellen, ob irgendeine der Methoden bessere Ergebnisse erzielt als die anderen. Es gab eine gewisse Evidenz dafür, dass schmierige Geschwüre, aus denen nach vier Wochen mehr als 50 Prozent des toten Gewebes entfernt worden war, mit grösserer Wahrscheinlichkeit nach zwölf Wochen verheilt waren. Ebenso fanden wir eine gewisse Evidenz, dass Geschwüre, die ein Débridement mit Honig erhielten, wahrscheinlicher nach zwölf Wochen geheilt waren als solche mit Hydrogel-Débridement. Es bleibt aktuell jedoch unklar, ob bei der Behandlung von venösen Beingeschwüren das Débridement an sich oder bestimmte Arten von Débridement nutzbringend sind.
Die Gesamtqualität der von uns gefundenen Evidenz war gering, da die Studien klein waren und meistens nur über eine kurze Zeitdauer liefen. Es gab Unterschiede hinsichtlich der Menge toten Gewebes im Wundbett der Geschwüre zu Beginn der Studien, sowie hinsichtlich Behandlungsregime und -dauer und der Methoden, mit denen die Wirksamkeit der Débridement-Behandlung gemessen wurde. In sechs Studien wussten die Personen, die die Wunden später untersuchten, welche Art Behandlung die Patienten erhalten hatten. Dadurch waren sie in ihrer Bewertung eventuell nicht unvoreingenommen. Fünf Studien lieferten keine komplette Information zu allen Resultaten (Endpunkten). Da Information zu wichtigen Schadens- oder Nutzen-Endpunkten der untersuchten Débridement-Methode fehlt, haben diese Studien ein grosses Risiko von Bias und Unzuverlässigkeit in den Ergebnissen. Nur zwei Studien berichteten von Nebenwirkungen der Behandlung, darunter Aufquellen (oder Nässen) der Haut um die Geschwüre herum, Infekte und Hautentzündungen.
R. Fischer, freigegeben durch Cochrane Schweiz.