Omega-3 Fettsäuren zur Behandlung von Demenz

Hintergrund

Von mehrfach ungesättigten Omega-3 Fettsäuren (Omega-3 PUFA) wird angenommen, dass sie eine positive Wirkung auf die Funktion des Gehirns haben. Es wird vermutet, dass sie die Gedächtnisleistung und die Fähigkeit Alltagstätigkeiten auszuüben, bei Menschen mit Demenz verbessern oder ihre Verschlechterung hinauszögern. In diesem Review prüften wir randomisierte, kontrollierte Studien (klinische Studien, in denen die teilnehmenden Personen zufällig in eine von zwei oder mehreren Behandlungsgruppen zugeteilt werden) welche Omega-3 PUFA in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Diäten mit Placebo (eine vorgetäuschte Behandlung) an Menschen mit den häufigsten Demenzerkrankungen verglichen.

Eingeschlossene Studien

Wir schlossen drei Studien ein, welche 632 Personen mit Alzheimer Erkrankung von leichtem bis moderatem Ausmaß untersuchten. Wir fanden keine Studien, die andere Formen von Demenz untersuchten. In allen Studien nahmen die Teilnehmenden entweder Placebo oder Omega-3 PUFA Nahrungsergänzungsmittel zu sich. Die Qualität der Studien war gut. Die Studienteilnehmenden wurden zufällig zu den Gruppen zugeteilt. Sie und die meisten Untersuchenden wussten nicht, welche Behandlung durchgeführt wurde.

Ergebnisse

Als wir die Ergebnisse der Studien zusammenfassten, stellten wir fest, dass die Einnahme von Omega-3 PUFA Nahrungsergänzungsmitteln keinen Einfluss auf die Kognition (Lernen und Verstehen), Alltagsaktivitäten, Lebensqualität oder geistige Gesundheit hatte. Eine sehr kleine Studie beobachtete, dass Omega-3 PUFA kognitiv komplexere Alltagsaktivitäten, wie Einkaufen, verbesserten, wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen wurden. Allerdings war die Qualität der Evidenz nur moderat, so dass das Ergebnis in weiteren Studien bestätigt werden sollte. Omega-3 PUFA hatten zudem keinen Einfluss auf die festgestellte Schwere der Erkrankung. In den Studienartikeln wurden die unerwünschten Wirkungen nicht gut berichtet, aber es wurden auch keine wesentlichen Schäden für die Gesundheit berichtet.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend war die Qualität der Evidenz moderat bis hoch für die meisten Wirkungen, die gemessen wurden, aber wir fanden keine Evidenz für einen Nutzen oder Schaden von Omega-3 PUFA Nahrungsergänzungsmitteln für Personen mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer Erkrankung. Die Wirkung auf Menschen mit anderen Formen von Demenz bleibt weiterhin unklar.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Wir fanden keine überzeugende Evidenz für die Wirksamkeit von Omega-3 PUFA Nahrungsergänzungsmitteln in der Behandlung von leichter bis mittelschwerer Alzheimer Erkrankung. Dieses Ergebnis war konsistent für alle Endpunkte, die relevant für Menschen mit Demenz sind. Unerwünschte Wirkungen scheinen gering zu sein. Basierend auf der zusammengefassten Evidenz in diesem Review können wir jedoch keine endgültige Aussage über die Verträglichkeit von Omega-3 PUFA treffen. Die Wirkungen auf andere Populationen bleiben unklar.

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Hintergrund: 

Mehrfach ungesättigte Omega-3 Fettsäuren (Omega-3 PUFA) aus Fisch- und Pflanzenquellen, werden gemeinhin als erfolgversprechende, nicht-medizinische Alternative angesehen, um die Gehirnfunktion zu verbessern und das Fortschreiten der Demenz zu verlangsamen. Diese Annahme basiert hauptsächlich auf Ergebnissen präklinischer Studien und epidemiologischer Forschung. Daraus abgeleitete Erklärungsmodelle zielen auf die Rolle ab, die Omega-3 PUFA bei der Entwicklung und Erhaltung von Neuronen im Gehirn spielen sowie auf ihre protektive, antioxidative Wirkung auf Zellmembranen als auch auf potentielle neurochemische Mechanismen, welche in direktem Zusammenhang mit der Alzheimer-spezifischen Pathologie stehen. Epidemiologische Studien fanden zudem Evidenz für Mangelernährung bei Menschen mit Demenz. Im Anbetracht dessen und der Tatsache, dass der menschliche Organismus nicht in der Lage ist, Omega-3 PUFA zu synthetisieren, können Omega-3 PUFA einen vielversprechenden Ansatz für die Behandlung der Demenz darstellen.

Zielsetzungen: 

Es soll die die Wirksamkeit und Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln aus mehrfach ungesättigten Omega-3 PUFA für die Behandlung von Menschen mit Demenz festgestellt werden.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten das Specialized Register of the Cochrane Dementia and Cognitive Improvement Group (ALOIS), MEDLINE, EMBASE, PsycINFO, CINAHL, ClinicalTrials.gov und die ICTRP , Portal der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 10. Dezember 2015. Wir nahmen mit Herstellern von Omega-3 Nahrungsergänzungsmitteln Kontakt auf und überprüften Referenzlisten von maßgeblichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen und eingeschlossenen Artikeln.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) ein, in welchen Omega-3 PUFA in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Diäten an Menschen mit Alzheimer Erkrankung, Vaskulärer Demenz, Lewy-Körperchen Demenz, Parkinson bedingter Demenz oder frontotemporaler Demenz verabreicht wurden.

Datensammlung und ‐analyse: 

Die primären Endpunkte waren Veränderungen in den globalen und spezifischen kognitiven Funktionen, der Funktionsfähigkeit, der Schwere der Demenz und unerwünschte Wirkungen. Zwei Review-Autoren wählten unabhängig voneinander die Studien aus, extrahierten die Daten und bewerteten die Qualität der Studien entsprechend dem Cochrane Handbuch für systematische Reviewsein. Wir beurteilten die Qualität der Evidenz mit dem GRADE-Verfahren. Wir erhielten nicht veröffentlichte Daten von den Studien-Autoren und sammelten Information zu unerwünschten Wirkungen aus den publizierten Artikeln. Wir führten Meta-Analysen für die Endpunkte durch, die 6 Monate nach Interventionsbeginn erhoben wurden.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen drei vergleichbare randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien ein, welche Omega-3 PUFA Nahrungsergänzungsmittel an 632 Teilnehmern mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer Erkrankung über 6, 12 und 18 Monate untersuchten. Wir fanden keine Studien, die andere Arten der Demenz untersuchten. Alle Studien waren von hoher methodischer Qualität. Die Gesamtqualität der Evidenz für die meisten Endpunkte war hoch.

Es gab keine Evidenz für einen Nutzen von Omega-3 PUFA, weder für die kognitive Funktion, gemessen nach 6 Monaten mit der Alzheimer’s Disease Assessment Scale - Cognitive subscale (standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) -0,02, 95% Konfidenzintervall (KI) -0,19 bis 0,15; 566 Teilnehmende; 3 Studien; hohe Qualität der Evidenz) oder mit dem Mini-Mental State Examination (mittlere Differenz (MD) 0,18, 95% KI -1,05 bis 1,41; 202 Teilnehmende; 2 Studien; hohe Qualität der Evidenz) noch für Alltagsaktivitäten (SMD -0,02, 95% KI -0,19 bis 0,16; 544 Teilnehmende; 2 Studien; hohe Qualität der Evidenz). Es gab auch keine Wirkung nach 6 Monaten Behandlung hinsichtlich der Schwere der Demenz, gemessen mit dem Clinical Dementia Rating - Sumof Boxes (MD -0,00, 95% KI -0,58 bis 0,57; 542 Teilnehmende; 2 Studien; hohe Qualität der Evidenz) oder für die Lebensqualität, gemessen mit der Quality of Life Alzheimer’s Disease scale (MD -0,10, 95% KI -1,28 bis 1,08; 322 Teilnehmende;1 Studie; hohe Qualität der Evidenz). Es gab keinen Unterschied nach 6 Monaten hinsichtlich der geistigen Gesundheit, gemessen mit der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MD -0,10, 95% KI -0,74 bis 0,54; 178 Teilnehmende: 1 Studie; hohe Qualität der Evidenz) oder mit dem Neuropsychiatric Inventory (SMD 0,10, 95% KI -0,07 bis 0,27; 543 Teilnehmende; 2 Studien; hohe Qualität der Evidenz). Eine sehr kleine Studie zeigte einen Vorteil für Omega-3 PUFA in den instrumentellen Alltagsaktivitäten nach 12 Monaten Behandlung (MD -3,50, 95% KI -4,30 bis -2,70; 22 Teilnehmende; moderate Qualität der Evidenz). Spezifische kognitive Funktionen wurden in den Studien nicht gemessen. Die unerwünschten Ereignisse waren in den Studienartikeln nicht gut berichtet. In zwei Studien wurde berichtet, dass alle unerwünschten Ereignisse nicht schwerwiegend waren und in der Gesamthäufigkeit keinen Unterschied zwischen der Omgea-3 PUFA Gruppe und der Placebogruppe aufwiesen. Daten einer Studie zeigten keinen Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich der Häufigkeit aller unerwünschten Ereignisse (Relatives Risiko (RR) 1,02, 95% KI 0,95 bis 1,10; 402 Teilnehmende; 1 Studie; moderate Qualität der Evidenz) oder der schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse (RR 1,05, 95% KI 0,78 bis 1,41; 402 Teilnehmende; 1 Studie; hohe Qualität der Evidenz) nach 18 Monaten Behandlung.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Burckhardt, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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