Fragestellung: Kann durch Trainingsprogramme zur standardisierten formalen Neugeborenen-Reanimation (SFNRT, Englisch: standardised formal neonatal resuscitation training) für Gesundheitsfachpersonal die Mortalität (Sterblichkeit) und Morbidität (Häufigkeit von Erkrankungen) bei Neugeborenen gesenkt, der Erwerb und die Erhaltung von Kenntnissen und Fertigkeiten gefördert und die Zusammenarbeit bei Reanimationsmaßnahmen im Team verbessert werden?
Hintergrund: Bei einem von zehn Neugeborenen sind bei der Geburt Reanimationsmaßnahmen notwendig (Erste-Hilfe-Maßnahmen, wenn keine Atmung oder kein Herzschlag festgestellt wird). Es gibt viele verschiedene Reanimationsprogramme für Neugeborene, die Wirksamkeit dieser Programme im Hinblick auf eine Reduzierung der Todesfälle oder eine Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel wurde jedoch nicht untersucht.
Studienmerkmale: Im April 2014 führten wir eine Recherche nach Studien durch, in denen die Wirksamkeit von Reanimationsprogrammen für Neugeborene untersucht wird, und starteten im März 2015 eine ergänzende Suche. Dabei fanden wir 5 Studien, die auf regionaler oder Länderebene durchgeführt wurden (187.080 Geburten) und 9 Studien, die ein Trainingsmodell benutzt haben (626 Neugeborene).
Ergebnisse und Qualität der Evidenz: Evidenz moderater Qualität aus drei Studien wies darauf hin, dass durch Neugeborenen-Reanimationstraining wahrscheinlich die Zahl der Todesfälle bei Neugeborenen in den ersten 7 Tagen nach der Geburt gesenkt werden kann. Evidenz niedriger Qualität aus einer Studie lässt darauf schließen, dass durch Neugeborenen-Reanimationstraining die Todesfälle bei Neugeborenen in den ersten 28 Tagen nach der Geburt gesenkt werden könnten. Alle 3 Studien wurden in einkommensschwachen Gebieten durchgeführt, daher könnten die Ergebnisse nur in eingeschränktem Maße auf Gebiete mit hohem Einkommen anwendbar sein. Wir stellten außerdem fest, dass durch Schulungsmaßnahmen zum Teamwork zusätzlich zum Reanimationstraining die Zusammenarbeit im Team verbessert und die Zeit bis zur Reanimation verkürzt werden könnte (2 Studien, Evidenz niedriger Qualität), doch es konnte keine gesicherte Wirkung auf die Leistung der Reanimation festgestellt werden. Es bleibt unklar, ob durch Reanimationstrainingsprogramme die Kenntnisse und Fertigkeiten der Teilnehmer unmittelbar gesteigert werden und ob nach sechs Monaten mehr Wissen vorhanden ist, da die Qualität der Evidenz sehr niedrig war. Ebenfalls unklar bleibt, ob Auffrischungskurse zur Neugeborenen-Reanimation geeignet sind, um Kenntnisse wachzuhalten und eine Wiederbelebung fachgerecht durchzuführen (Evidenz von sehr niedriger Qualität). Unklar ist auch, ob visuelle oder elektronische Hilfsmittel zur Erleichterung der Entscheidungsfindung während einer Reanimation die Leistung der Reanimation verbessern kann (bei einer Studie konnte kein Effekt festgestellt werden, doch der Einsatz eines elektronischen Hilfsmittels mit Ansagen zur Entscheidungsfindung zeigte eine gesteigerte Reanimationsleistung) (Evidenz niedriger Qualität). Wir unterstützen ausdrücklich die Durchführung künftiger Studien zu Endpunkten im Bereich der langfristigen Gesundheitsentwicklung, wie Hirnschäden durch Sauerstoffmangel, Anfällen und langfristiger Gehirnentwicklung. Es besteht Bedarf an wirksamen Methoden zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Team sowie zu Erwerb und Bewahrung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich der Reanimation.
I. Noack, freigegeben durch Cochrane Schweiz.