Worum geht es?
Bei Frauen mit hohem Blutdruck (Hypertonie) in der Schwangerschaft oder Frauen, bei denen sich eine Präeklampsie zeigt (hoher Blutdruck mit Eiweiß im Urin und/oder Beteiligung anderer Organsysteme), kann es zu schweren Komplikationen kommen. Zu den möglichen Komplikationen für die Mutter zählen eine Verschlimmerung der Präeklampsie, Auftreten von Krampfanfällen und Eklampsie, HELLP-Syndrom (Hämolyse [Zerstörung der roten Blutkörperchen], erhöhte Leberenzymwerte und niedrige Anzahl von Blutplättchen), Ablösung der Plazenta, Leberversagen, Nierenversagen und Atemschwierigkeiten wegen Flüssigkeit in der Lunge.
Die Geburt des Kindes verhindert in der Regel, dass der Bluthochdruck der Mutter schlimmer wird, aber bei einem vorzeitig geborenen Kind kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen, beispielsweise zu Atemschwierigkeiten, weil die Lungen noch unreif sind. Die Einleitung der Geburt kann zu einer Überstimulierung der Kontraktionen und zu Stress für das Ungeborene führen. Die Alternative besteht darin, mit der Geburt des Kindes zu warten und dabei sowohl Mutter als auch Kind engmaschig zu überwachen.
Warum ist das wichtig?
Da eine geplante vorzeitige Geburt im Vergleich mit einem abwartenden Vorgehen bei Bluthochdruck der Mutter gegen Ende der Schwangerschaft sowohl Vorteile als auch Risiken mit sich bringt, wollten wir wissen, welche die sicherste Alternative ist. Wir suchten nach klinischen Studien, in denen die geplante vorzeitige Geburt durch Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt mit einer verzögerten Geburt des Kindes verglichen wurde.
Welche Evidenz haben wir gefunden?
Wir suchten am 12. Januar 2016 nach Evidenz und fanden fünf randomisierte Studien mit 1819 Frauen. Bei zwei dieser Studien handelte es sich um große Studien guter Qualität mit Frauen, die entweder an schwangerschaftsbedingtem Bluthochdruck, leichter Präeklampsie oder sich verschlimmerndem bestehendem Bluthochdruck in der 35. bis 38. Schwangerschaftswoche (704 Frauen) oder an schwangerschaftsbedingtem Bluthochdruck oder leichter Präeklampsie in der 37. bis 42. Schwangerschaftswoche (756 Frauen) litten. Bei den Frauen, bei denen die Geburt vorzeitig eingeleitet wurde, kam es seltener zu schweren unerwünschten Ergebnissen (1459 Frauen, Evidenz von hoher Qualität). Es gab keine ausreichenden Daten, um Schlussfolgerungen über die Wirkungen auf die Anzahl der in schlechtem Gesundheitszustand geborenen Kinder ziehen zu können, wobei zwischen den beiden Studien eine hohe Schwankungsbreite bestand (1459 Säuglinge, Evidenz von niedriger Qualität). Es bestand kein eindeutiger Unterschied zwischen geplanter vorzeitiger Geburt und verzögerter Geburt, was die Anzahl der Kaiserschnitte (vier Studien, 1728 Frauen, Evidenz von moderater Qualität) oder die Länge des Krankenhausaufenthalts der Mutter nach Geburt des Kindes (zwei Studien, 925 Frauen, Evidenz von moderater Qualität) oder des Kindes selbst anging (eine Studie, 756 Säuglinge, Evidenz von moderater Qualität). Von den Kindern, die vorzeitig zur Welt kamen, hatten mehr Atemprobleme (Atemnotsyndrom, drei Studien, 1511 Säuglinge) oder wurden in die Neugeborenenintensivstation verlegt (vier Studien, 1585 Säuglinge). Von den Frauen, bei denen die Geburt vorzeitig eingeleitet wurde, entwickelten weniger ein HELLP-Syndrom (drei Studien, 1628 Frauen) oder schwere Nierenprobleme (eine Studie, 100 Frauen).
Zwei Studien verglichen Frauen, bei denen in der 35. bis 37. Schwangerschaftswoche bzw. in der 35. bis 38. Schwangerschaftswoche die Geburt eingeleitet wurde, mit einer Kontrollgruppe, die bis zur 38. Schwangerschaftswoche überwacht wurde und bei der die Geburt eingeleitet wurde, wenn die Wehen dann noch nicht spontan eingesetzt hatten. Drei Studien verglichen die Geburtseinleitung am Termin oder näher am Termin, nämlich in der 38. Schwangerschaftswoche und in der 37. bis 42. Schwangerschaftswoche, mit Frauen, die bis zur 42. Schwangerschaftswoche überwacht wurden und bei denen die Geburt eingeleitet wurde, wenn die Wehen dann noch nicht spontan eingesetzt hatten. Auch andere Einschluss- und Ausschlusskriterien waren in den fünf Studien unterschiedlich.
Keine der Studien versuchte, die Frauen oder das behandelnde Personal zu verblinden (Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass sie wussten, welcher Gruppe die Frauen angehörten). Frauen und Studienpersonal waren sich der Maßnahme bewusst und das könnte bestimmte Aspekte der Pflege und Entscheidungsfindung beeinflusst haben. Der Großteil der Evidenz war von moderater Qualität, daher können wir uns der Ergebnisse mäßig sicher sein.
Was bedeutet das?
Insgesamt bestand ein geringeres Risiko einer Komplikation für die Mutter und kein deutlicher Unterschied in der Gesamtkomplikationsrate für das Baby, wenn es in der 35. Schwangerschaftswoche ohne Verzögerung geboren wurde, aber die Daten waren beschränkt.
Diese Ergebnisse sind auf die allgemeine geburtshilfliche Praxis übertragbar, wenn Bluthochdruckerkrankungen insgesamt betrachtet werden. Es sind weitere Studien erforderlich, um die verschiedenen Arten dieser Störungen einzeln zu untersuchen.
S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Deutschland