Reviewfrage
Profitieren Säuglinge, die in den ersten vier Lebensmonaten unter Koliken leiden, von schmerzstillenden Mitteln (Substanzen, die Schmerzen lindern oder ihnen vorbeugen) im Vergleich mit Säuglingen, denen kein Mittel oder ein Placebo (Substanz, die genauso aussieht wie das Mittel, aber keinen Wirkstoff enthält) gegeben wird?
Hintergrund
Säuglingskoliken sind ein häufiges Problem im Säuglingsalter und treten in den ersten vier Lebensmonaten bei sonst gesunden Kindern auf. Sie zeichnen sich durch Episoden mit übermäßigem Weinen aus und führen oft zu Besorgnis bei Eltern und Ärzten, die mit Säuglingen arbeiten.
Schmerzstillende Mittel wie Arzneimittel (z. B. Simeticon, Dicylomin, Cimetropium), pflanzliche Heilmittel (z. B. Matricaria recutita, Foeniculum vulgare, Melissa officinalis) und Zucker wurden vorgeschlagen, um die Symptome im Zusammenhang mit Säuglingskoliken zu verringern, vor allem die Dauer des kindlichen Weinens.
Studienmerkmale
Wir fanden 18 randomisierte kontrollierte Studien (Studien, in denen die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip auf zwei oder mehr Behandlungsgruppen aufgeteilt werden) mit 1014 Säuglingen mit Säuglingskoliken. Die Evidenz ist auf dem Stand von Mai 2016.
Die Säuglinge waren acht bis 16 Wochen alt, Mädchen und Jungen waren gleich stark vertreten. Alle Säuglinge hatten Koliken nach einer von zwei Definitionen: Manche Studien definierten sie als untröstliches Weinen bei sonst gesunden Säuglingen, das mehr als drei Stunden pro Tag an mehr als drei Tagen pro Woche über mehr als drei Wochen anhielt. Andere Studien definierten die Koliken als Schrei- und Weinanfälle (in der Regel nachmittags oder am frühen Abend), während derer der Säugling nicht auf Beruhigungsversuche jeglichen Umfangs vonseiten der Erwachsenen reagierte.
Vier Studien untersuchten die Wirkung von Simeticon (einem Arzneimittel, das überschüssiges Gas im Verdauungstrakt verringern soll), vier Studien betrachteten pflanzliche Wirkstoffe (Arzneimittel auf Pflanzenbasis mit möglicherweise entspannenden Eigenschaften, die Krämpfe und Schmerzen im Bauch verringern), zwei Studien untersuchten die Wirkung von Zucker, fünf Studien untersuchten die Wirkungen von Dicylomin und zwei die Wirkungen von Cimetropiumbromid (Arzneimittel, die Darmmuskelkrämpfe lindern). Eine Studie verglich Saccharose und Kräutertee in einer Gruppe von Säuglingen, die wegen der Koliken nicht anderweitig behandelt wurden.
16 von 18 Studien verglichen die Maßnahme mit einem Placebo (Scheinmedikament). Von den anderen beiden Studien verglich eine Simeticon mit Mentha piperita und die andere zwei verschiedene Dosierungen von Cimetropium miteinander.
Die eingeschlossenen Studien wurden aus verschiedenen Quellen finanziert: eine öffentliche Institution (zwei Studien), akademische Mittel (eine Studie) und private Unternehmen (drei Studien). Drei Studien erhielten keine Finanzierung. Neun Studien berichteten nicht darüber, ob eine Finanzierung bestand. In vier Studien, die nicht von einer Finanzierung und keine Einzelheiten über eine Finanzierung berichteten, stellten private Unternehmen die Studienmedikamente (schmerzstillende Mittel).
Hauptergebnisse
Die verfügbaren Daten liefern keine Evidenz, dass Zucker, Dicylomin und Cimetropium wirksame Maßnahmen zur Behandlung von Koliken sind. Es gibt Evidenz dafür, dass pflanzliche Wirkstoffe im Vergleich mit einem Placebo oder keiner Behandlung die Dauer des Weinens verringern kann. Da die Qualität dieser Studien jedoch sehr niedrig war und das Ausmaß des beobachteten Nutzens variierte, sollten diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Dasselbe gilt für Zucker, Dicylomin und Cimetropium, für die wir die Qualität der Evidenz als niedrig oder sehr niedrig beurteilten.
Studien, die Simeticon untersuchten, berichteten von keinem Nutzen einer Verabreichung dieses Mittels im Vergleich zu einem Placebo.
Zwei Studien berichteten über Nebenwirkungen von Dicylomin, beispielsweise Schwierigkeiten beim Aufwachen, geweitete Augen und Benommenheit. Studien zu anderen schmerzstillenden Mitteln berichteten von keinen Nebenwirkungen im Behandlungsergebnis.
Qualität der Evidenz
Evidenz von niedriger Qualität deutet darauf hin, dass Säuglinge mit Koliken von einer Behandlung mit Zucker und Cimetropium profitieren und dass pflanzliche Wirkstoffe die Dauer des Weinens verringern könnten. Evidenz von moderater Qualität zeigt, dass diese Wirkstoffe die Anzahl der Kinder erhöht, bei denen es zu einer Besserung der Symptome kommt. Insgesamt reicht die Evidenz nicht aus, um eindeutige Schlussfolgerungen über Nutzen und Nebenwirkungen der schmerzstillenden Mittel zu ziehen, die in der Behandlung von Weinen aufgrund von Säuglingskoliken untersucht wurden.
S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Deutschland