Fragestellung des Reviews
Wir begutachteten die Wirkung von Grippeimpfstoffen zur Vorbeugung von akuten Mittelohrentzündungen bei Säuglingen und Kindern.
Hintergrund
Die akute Mittelohrentzündung ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten bei Säuglingen und Vorschulkindern. Zu den Symptomen der Entzündung zählen Ohrenschmerzen und Fieber, sie kann jedoch auch zu einem Gehörverlust durch einen Riss oder ein Loch im Trommelfell oder die Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr führen. Die akute Mittelohrentzündung ist in der Regel bakteriellen Ursprungs und wird häufig mit Antibiotika behandelt, was möglicherweise mit dem Risiko einer Antibiotikaresistenz einhergeht. Der akuten Mittelohrentzündung geht allerdings häufig eine Virusinfektion wie z. B. eine Grippe voraus. Eine Vorbeugung von Virusinfektionen könnte auch akuten Mittelohrentzündungen vorbeugen. Daher haben wir begutachtet, ob Grippeimpfstoffe das Auftreten von akuten Mittelohrentzündungen bei Säuglingen und Kindern verringern könnten.
Studienmerkmale
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 15. Februar 2017. Wir wählten randomisierte kontrollierte Studien aus, in denen Grippeimpfstoffe mit einem Placebo oder keiner Behandlung bei Säuglingen und Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren mit oder ohne früheren Episoden von akuten Mittelohrentzündungen verglichen wurden. Wir schlossen elf Studien mit insgesamt 17.123 Kindern ein. Zehn der elf Studien wurden von Impfstoffherstellern finanziert.
Hauptergebnisse
Wir fanden eine Verringerung des Auftretens von akuten Mittelohrentzündungen um 4 % und eine Verringerung der Zahl von Antibiotikaverschreibungen um etwa 11 %. Zwischen den geimpften und nicht geimpften Versuchspersonen gab es keine Unterschiede in der Anzahl der Dosen oder Arten der verabreichten Impfstoffe. Zu den Nebenwirkungen der Grippeimpfstoffe zählten das erhöhte Auftreten von Fieber, das Laufen der Nase und Schläfrigkeit. Unklar bleibt, ob sich durch die Grippeimpfstoffe die Zahl der Besuche von oder Aufnahmen in Gesundheitseinrichtungen verringert. Die Daten reichten nicht dazu aus zu zeigen, dass dieser Nutzen gegen schwerwiegendere oder seltenere Nebenwirkungen des Impfstoffs abgewogen werden könnte.
Zwar fanden wir eine Verringerung der Verschreibung von Antibiotika, jedoch ist diese Wirkung unsicher, da die derzeitige Praxis die Vermeidung eines übermäßigen Einsatzes von Antibiotika ist. In Verbindung mit weiteren Bedenken bezüglich der Sicherheit von Impfstoffen ist die Verwendung von Grippeimpfstoffen zur Verringerung des Auftretens von akuten Mittelohrentzündungen noch nicht begründet, und weitere Forschung ist erforderlich.
Qualität der Evidenz
Die Gesamtqualität der Evidenz reichte von niedrig bis moderat.
M. Zelck, freigegeben durch Cochrane Deutschland.