Fragestellung
Ist in der Nase (intranasal) angewandtes Capsaicin im Vergleich zu keiner Therapie, einem Placebo oder weiteren lokalen oder systemischen Arzneimitteln wirksam zur Behandlung von nicht-allergischer Rhinitis?
Hintergrund
Rhinitis bezeichnet eine Entzündung der Nase, von der 30 bis 40% der Bevölkerung betroffen sind. Es gibt viele verschiedene Formen der Rhinitis: die Rhinosinusitis, kurz Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung), die allergische Rhinitis und die nicht-allergische Rhinitis. Die Diagnose einer nicht-allergischen Rhinitis wird bei Patienten gestellt, die negativ auf Allergien getestet wurden und keine Sinusitis aufweisen. Die Symptome umfassen eine verstopfte Nase, eine behinderte Atmung durch das Verstopfungsgefühl in der Nase, eine laufende Nase mit klarem Ausfluss, Niesen und Juckreiz in der Nase. Die nicht-allergische Rhinitis wird in mehrere Untergruppen unterteilt: berufsbedingt (durch die Exposition mit Chemikalien), durch Rauchen ausgelöst, durch einen Geschmack (Essen oder Trinken) ausgelöst, hormonell bedingt (durch Hormonschwankungen im Körper), in der Schwangerschaft, altersbedingt (vor allem die ältere Bevölkerung ist betroffen), durch Medikamente verursacht (beispielsweise durch übermäßigen Gebrauch abschwellender Nasensprays) oder durch lokale allergische Reaktionen (bei lokaler Allergie in der Nase, während Haut- oder Bluttests ein negatives Ergebnis zeigen). Die häufigste Untergruppe der nicht-allergischen Rhinitis ist die „idiopathische“ (d.h. ohne bekannte Ursache) oder „vasomotorische“ Rhinitis, die durch ein Ungleichgewicht des Nervensystems ausgelöst wird, das die Nasenfunktion reguliert. Viele der Mechanismen dieser Untergruppen sind bisher unbekannt. 25 bis 50% der Rhinitis-Patienten sind von einer Form der nicht-allergischen Rhinitis betroffen, diese kommt also sehr häufig vor.
Capsaicin ist ein Wirkstoff, der aus Chilischoten gewonnen wird. Er hat medizinische Eigenschaften und wird in anderen Bereichen der Medizin, beispielsweise bei Neuralgie (Nervenschmerzen) und Psoriasis (einer Hauterkrankung) eingesetzt. Die Nebenwirkungen der Capsaicin-Anwendung in der Nase umfassen Reizung, Brennen, Niesen und Husten, es sind jedoch keine Langzeitnebenwirkungen bekannt. Capsaicin wird in Form von kurzen Behandlungsdosen verabreicht, in der Regel während eines Tages. Der Wirkstoff verursacht eine Herunterregulierung der Rezeptorexpression von TRPV (Transient Receptor Potential Vanilloid) in den sensorischen Nervenfasern (C-Nervenfasern). TRPV ist ein spezieller Ionenkanal, der an der Wahrnehmung von Schmerz, Kälte, Hitze, Geschmäcken, Druck und visuellen Reizen beteiligt ist. Die C-Nervenfasern helfen dabei, einige dieser Reize an das Gehirn weiterzuleiten. Derzeit wird weiter an der Wirkungsweise von Capsaicin auf diese Mechanismen und den klinischen Anwendungsgebieten geforscht.
Studienmerkmale
In diesen Review wurden vier Studien mit 302 Patienten mit idiopathischer nicht-allergischer Rhinitis eingeschlossen. Die Teilnehmer aller eingeschlossenen Studien waren Patienten mit mäßig starker idiopathischer, nicht-allergischer Rhinitis im Alter zwischen 16 und 65 Jahren. Der Nachbeobachtungszeitraum variierte in den Studien zwischen vier und 38 Wochen nach der Behandlung.
Hauptergebnisse
Einzeln betrachtet ging aus den Studien hervor, dass die allgemeine Funktion der Nase bei Patienten mit nicht-allergischer Rhinitis durch die Behandlung mit Capsaicin im Vergleich zu einem Placebo eine Besserung zeigte. Darüber hinaus scheint Capsaicin eine bessere Wirkung zu zeigen als ein weiteres gebräuchliches Nasenmedikament: Budesonid (ein Steroid). Nach unserem aktuellen Wissensstand sollte Capsaicin fünf Mal innerhalb eines Tages angewandt werden in einer Dosierung von mindestens 4 Mikrogramm pro Sprühstoß. Die Ergebnisse der einzelnen Studien konnten nicht zusammengeführt werden. Die Informationen in den eingeschlossenen Studien waren nicht ausreichend, um Schlussfolgerungen zu Nebenwirkungen ziehen zu können. Wir wollten weitere Endpunkte (z.B. Messung der Lebensqualität, Abbrecherquoten bei der Behandlung, Ergebnisse endoskopischer Untersuchungen, Größe der Nasenmuschel oder Schleimhäute, Behandlungskosten) in den Review einschließen, doch keiner dieser Endpunkte wurde in den berücksichtigten Studien untersucht.
Qualität der Evidenz
Insgesamt beurteilten wir die Qualität der Evidenz als niedrig bis moderat. Die Evidenz ist auf dem Stand von Juni 2015.
Schlussfolgerungen
In Anbetracht der Tatsache, dass viele andere Behandlungsoptionen bei nicht-allergischer Rhinitis nicht gut wirken, stellt Capsaicin eine Möglichkeit mit Potential dar, die unter ärztlicher Aufsicht getestet werden sollte.
I. Noack, freigegeben durch Cochrane Schweiz.