Rifaximin zur Vorbeugung und Behandlung der hepatischen Enzephalopathie bei Menschen mit Leberzirrhose

Hauptaussagen

Zur Vorbeugung und Behandlung der hepatischen Enzephalopathie bei Menschen mit Leberzirrhose wird insbesondere Lactulose eingesetzt. Das Antibiotikum Rifaximin wird derzeit nicht zur Behandlung der hepatischen Enzephalopathie eingesetzt. Es wird jedoch als Zusatz zu Lactulose angewendet, um einer hepatischen Enzephalopathie bei Personen vorzubeugen, die nur unzureichend auf Lactulose ansprechen.

Wir fanden heraus, dass die Kombination von Rifaximin mit Lactulose die hepatische Enzephalopathie verbessert, das Sterberisiko und das Risiko von Nebenwirkungen reduziert sowie Rückfälle verhindert.

Ein breiterer Einsatz von Rifaximin bei Menschen mit hepatischer Enzephalopathie muss erwogen werden.

Was sind Leberzirrhose und hepatische Enzephalopathie?

Zirrhose ist ein fortschreitendes Krankheitsgeschehen, bei dem Narbengewebe das normale Lebergewebe ersetzt (Fibrose), oft als Folge von übermäßigem Alkoholkonsum, Übergewicht oder einer chronischen Hepatitis-B/C-Infektion. Menschen mit Leberzirrhose entwickeln häufig eine sogenannte hepatische Enzephalopathie, die ihre geistigen und neurologischen Funktionen beeinträchtigt. Dieser Zustand kann sich negativ auf ihr Überleben auswirken. Der genaue Grund, warum Menschen mit Leberzirrhose eine hepatische Enzephalopathie entwickeln, ist nicht bekannt. Es wird aber angenommen, dass das Toxin Ammoniak, das hauptsächlich im Darm produziert wird, eine wichtige Rolle spielt. Der Schweregrad der Symptome einer hepatischen Enzephalopathie reicht von geringfügigen Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit bis hin zu offensichtlichen Veränderungen der Motorik, des mentalen Zustands und des Bewusstseins. Geringfügige Veränderungen der Konzentrationsfähigkeit, des Verhaltens und bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben werden als minimale hepatische Enzephalopathie eingestuft. Schwerwiegendere Auffälligkeiten und Bewusstseinsveränderungen werden als manifeste hepatische Enzephalopathie bezeichnet. Die offensichtlichen Symptome können schubweise auftreten oder dauerhaft vorhanden sein.

Wie wird eine hepatische Enzephalopathie behandelt?

Die nicht resorbierbaren Disaccharide (Zucker) Lactulose und Lactitol werden am häufigsten zur Behandlung der hepatischen Enzephalopathie eingesetzt. Sie senken den Ammoniakspiegel im Blut über mehrere Wirkmechanismen, vor allem im Darm. Rifaximin ist ein Antibiotikum, das nicht in den Blutkreislauf aufgenommen wird, sondern ausschließlich im Darm wirkt, wo es die Produktion von Ammoniak durch die Darmbakterien und die Ammoniakaufnahme in den Blutkreislauf verringert. Diese Wirkung kann Menschen mit hepatischer Enzephalopathie helfen.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob Rifaximin zur Vorbeugung und Behandlung der hepatischen Enzephalopathie bei Menschen mit Leberzirrhose eingesetzt werden kann. Unsere Fragen waren, ob Rifaximin besser wirkt als keine medikamentöse Behandlung, ein Scheinmedikament (Placebo) oder nicht resorbierbare Disaccharide und ob es einen zusätzlichen Nutzen gibt, wenn Rifaximin zusammen mit einem nicht resorbierbaren Disaccharid eingesetzt wird. Darüber hinaus interessierten wir uns für unerwünschte Wirkungen.

Wie sind wir vorgegangen?

Wir suchten nach Studien, in denen Rifaximin mit keiner Behandlung, Placebo oder nicht resorbierbaren Disacchariden bei Menschen mit Leberzirrhose und hepatischer Enzephalopathie (oder einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer solchen) verglichen wurde. Wir suchten auch nach Studien, in denen Rifaximin zusammen mit nicht resorbierbaren Disacchariden im Vergleich zu nicht resorbierbaren Disacchariden allein verglichen wurde.

Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen, verglichen sie und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Größe der Studien.

Was fanden wir heraus?

Wir identifizierten 41 klinische Studien mit 4545 Personen, die nach dem Zufallsprinzip einer Behandlungsgruppe zugeordnet wurden. Alle Teilnehmenden hatten eine Leberzirrhose, die überwiegend auf übermäßigen Alkoholkonsum oder eine chronische Virushepatitis zurückzuführen war. Die Teilnehmenden wurden als Personen mit akuter (13 Studien), chronischer (7 Studien) oder minimaler (8 Studien) hepatischer Enzephalopathie eingestuft oder galten als Risikopatienten für die Entwicklung einer solchen (13 Studien). In den Studien wurde Rifaximin mit Placebo (12 Studien), keiner Intervention (1 Studie) oder Lactulose/Lactitol (14 Studien) verglichen. In 18 Studien wurde Rifaximin zusammen mit Lactulose/Lactitol verabreicht und die Ergebnisse mit der Wirkung der alleinigen Gabe von Lactulose/Lactitol verglichen.

Die Analysen ergaben, dass die alleinige Einnahme von Rifaximin bei Menschen mit minimaler hepatischer Enzephalopathie die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Testergebnisse der geistigen Leistungsfähigkeit möglicherweise verbessert. Lactulose ist jedoch wahrscheinlich ebenso wirksam und wesentlich billiger. Im direkten Vergleich mit Lactulose/Lactitol ergaben sich keine Unterschiede in Bezug auf Nutzen und unerwünschte Wirkungen von Rifaximin. Wurde Rifaximin jedoch zusammen mit Lactulose/Lactitol verabreicht, verringerte sich das Sterberisiko (von 14,8 % auf 10,1 %), das Risiko unerwünschter Wirkungen (von 34,4 % auf 17,6 %) und die hepatische Enzephalopathie verbesserte sich (von 86,9 % auf 33,8 %) im Vergleich zur alleinigen Verwendung von Lactulose.

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir sind unsicher oder haben nur mäßiges Vertrauen in unsere Ergebnisse, was bedeutet, dass wir keine sichereren Schlussfolgerungen über die Wirkungen von Rifaximin ziehen können. Dies lag unter anderem daran, dass die Teilnehmenden der Studien möglicherweise wussten, welche Behandlung sie erhielten. Außerdem wurden in den Studien nicht alle Ergebnisse berichtet, an denen wir interessiert waren. Außerdem waren viele Studien zu klein, als dass wir uns über ihre Ergebnisse sicher sein könnten. Mehr qualitativ hochwertige Studien sind notwendig.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von Januar 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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