Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Evidenz von moderater Qualität zeigt, dass IFN-α-Monotherapie verglichen mit dem Standard zielgerichteter Therapie alleine die Mortalität erhöht, während es keinen Unterschied gibt, wenn IFN mit dem Standard zielgerichteter Therapie kombiniert wird. Evidenz von niedriger Qualität zeigt, dass unter IFN alleine verglichen mit der Kombination die QoL schlechter ist und dass schwerwiegende UEs vermehrt mit IFN alleine oder in Kombination auftreten. Es gibt Evidenz von niedriger Qualität, dass IFN-α alleine verglichen mit IFN-α zusammen mit Bevacizumab die Mortalität erhöht, aber Evidenz von moderater Qualität bezüglich einer verringerten Inzidenz von UEs. Evidenz von niedriger Qualität zeigt keinen Unterschied zwischen IFN-α zusammen mit Bevacizumab verglichen mit Sunitinib bezüglich Mortalität und schwerwiegenden UEs. Evidenz von niedriger Qualität zeigt keinen Unterschied für Impfungen verglichen mit dem Standard zielgerichteter Therapien bezüglich der Mortalität und UEs, während es jedoch Evidenz von moderater Qualität dafür gibt, dass zielgerichtete Immuntherapie die Mortalität und die Inzidenz von unerwünschten Ereignissen reduziert und die QoL verbessert.


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Hintergrund: 

Das metastasierte Nierenzellkarzinom (mNZK) hat seit Mitte der 2000er Jahre einen therapeutischen Paradigmenwechsel von unspezifischer Zytokintherapie hin zu zielgerichteten Strategien erfahren, welche den Krebs, seine Mikroumgebung oder beides direkt angreifen.

Für mNZK-Patienten empfehlen die aktuellen Leitlinien als Behandlungsstandard in der Erstlinientherapie eine zielgerichtete Therapie mit Substanzen wie Sunitinib, Pazopanib bzw. Temsirolimus (für Patienten mit schlechter Prognose) und führen unspezifische Zytokine als Alternative in Einzelfällen auf.

Als das erste spezifische Immuntherapeutikum in der Zweitlinientherapie bereits vorbehandelter mNZK-Patienten wurde im November 2015 Nivolumab zugelassen, ein Checkpoint-Inhibitor, welcher sich gegen das Programmed cell death Protein 1 (PD-1) richtet.

Zielsetzungen: 

Ziel dieses Reviews war es, die Auswirkungen von Immuntherapie alleine oder in Kombination mit dem Standard zielgerichteter Therapie bei der Behandlung des mNZKs und deren Wirksamkeit zur Maximierung des Patientennutzens zu beurteilen.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten die Cochrane Library, MEDLINE (Ovid), Embase (Ovid), ISI Web of Science und Register laufender klinischer Studien im November 2016. Einschränkungen hinsichtlich der Sprache wurden nicht vorgenommen. Um weitere Informationen zu erhalten, durchsuchten wir Quellenverzeichnisse und kontaktierten Experten auf dem Gebiet.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen verblindete und nicht verblindete randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und quasi-randomisierte RCTs an mNZK-Patienten ein.

Datensammlung und ‐analyse: 

Studieneinschluss und -analyse erfolgten nach dem publizierten Protokoll. Maßzahlen der primären Endpunkte waren Relatives Risiko (RR) und Mittelwertdifferenz (MD) mit ihren 95%-Konfidenzintervallen (KIs). Die Qualität der Evidenz beurteilten wir mithilfe der GRADE-Methodik und dokumentierten Qualität und relative wie absolute Effektgrößen für jeden primären Endpunkt in unseren „Summary of findings“-Tabellen.

Hauptergebnisse: 

Wir identifizierten 8 Studien mit 4732 geeigneten Teilnehmern und zusätzlich 13 laufende Studien. Wir kategorisierten die Studien nach Vergleichen: Alle gegen die Standardtherapie in der Erstlinie (fünf Vergleiche) oder in Zweitlinie (ein Vergleich) für das mNZK.

Eine Monotherapie mit Interferon (IFN)-α erhöht im Vergleich zum Standard zielgerichteter Therapie mit Temsirolimus oder Sunitinib wahrscheinlich die gesamte Ein-Jahres-Mortalität (RR 1,30, 95% KI 1,13 bis 1,51; 2 Studien; 1166 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz), führt vermutlich zu ähnlicher Lebensqualität (quality of life, QoL) (z. B. MD -5,58 Punkte, 95% KI -7,25 bis -3,91 für den Functional Assessment of Cancer - General (FACT-G); 1 Studie; 730 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz) und könnte die Inzidenz von unerwünschten Ereignissen (UEs) Grad 3 oder mehr leicht erhöhen (RR 1,17, 95% KI 1,03 bis 1,32; 1 Studie; 408 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz).

Wahrscheinlich gibt es keine Unterschiede zwischen IFN-α zusammen mit Temsirolimus und Temsirolimus alleine bezüglich der gesamten Ein-Jahres-Mortalität (RR 1,13, 95% KI 0,95 bis 1,34; 1 Studie; 419 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz), aber die Inzidenz von UEs Grad 3 oder mehr könnte erhöht sein (RR 1,30, 95% KI 1,17 bis 1,45; 1 Studie; 416 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz). Bezüglich der QoL waren keine Informationen verfügbar.

IFN-α alleine verglichen mit IFN-α zusammen mit Bevacizumab könnte die gesamte Ein-Jahres-Mortalität leicht erhöhen (RR 1,17, 95% KI 1,00 bis 1,36; 2 Studien; 1381 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz). Dieser Effekt geht wahrscheinlich einher mit einer geringeren Inzidenz von UEs Grad 3 oder mehr (RR 0,77, 95% KI 0,71 bis 0,84; 2 Studien; 1350 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz). Die QoL konnte aufgrund einer unzureichenden Datenlage nicht evaluiert werden.

Die Therapie mit IFN-α zusammen mit Bevacizumab verglichen mit dem Standard zielgerichteter Therapie (Sunitinib) könnte zu einer ähnlichen gesamten Ein-Jahres-Mortalität führen (RR 0,37, 95% KI 0,13 bis 1,08; 1 Studie; 83 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz) und zu einer ähnlichen Inzidenz von UEs Grad 3 oder mehr führen (RR 1,18, 95% KI 0,85 bis 1,62; 1 Studie; 82 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz). Die QoL konnte aufgrund einer unzureichenden Datenlage nicht evaluiert werden.

Die Therapie mit Impfungen (z.B. MVA-5T4 oder IMA901) oder Therapie nach Standard könnte zu einer ähnlichen gesamten Ein-Jahres-Mortalität führen (RR 1,10, 95% KI 0,91 bis 1,32; niedrige Qualität der Evidenz) und zu einer ähnlichen Inzidenz von UEs Grad 3 oder mehr führen (RR 1,16, 95% KI 0,97 bis 1,39; 2 Studien; 1065 Teilnehmer; niedrige Qualität der Evidenz). Die QoL konnte aufgrund einer unzureichenden Datenlage nicht evaluiert werden.

Bei vorbehandelten Patienten reduziert die zielgerichtete Immuntherapie (Nivolumab) im Vergleich zum Standard zielgerichteter Therapie mit Everolimus wahrscheinlich die gesamte Ein-Jahres-Mortalität (RR 0,70, 95% KI 0,56 bis 0,87; 1 Studie; 821 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz), verbessert wahrscheinlich die QoL (z. B. RR 1,51, 95% KI 1,28 bis 1,78 für eine klinisch relevante Verbesserung des FACT-Kidney Symptom Index Disease Related Symptoms (FKSI-DRS); 1 Studie, 704 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz) und reduziert wahrscheinlich die Inzidenz von UEs Grad 3 oder mehr (RR 0,51, 95% KI 0,40 bis 0,65; 1 Studie; 803 Teilnehmer; moderate Qualität der Evidenz).

Anmerkungen zur Übersetzung: 

Abstract: A. Uhlig, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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