Routinemäßige Gabe von Antibiotika bei einer Dammschnittnaht nach vaginaler Geburt

Worum geht es?

Die aktuelle Evidenz befürwortet eine eingeschränkte Anwendung des Dammschnitts, anstelle einer routinemäßigen Durchführung. Nichtsdestotrotz ist der Dammschnitt bei vaginaler Geburt in vielen Teilen der Welt immer noch weit verbreitet. Bakterielle Infektionen, die im Zusammenhang mit der Geburt stehen, können schwere Erkrankungen bei Mutter und Kind zur Folge haben, die sogar tödlich enden können. Allgemeine Maßnahmen zur Infektionskontrolle wie Handhygiene, aseptische Operationstechniken, Desinfektion des Operationsbereichs und Sterilisation der Instrumente können dazu beitragen, das Risiko für Infektionen eines Dammschnittes zu verringern. Der vorbeugende Einsatz von Antibiotika (oder eine Antibiotika-Prophylaxe) könnte Wundinfektionen nach einem Dammschnitt verringern, besonders in Situationen mit höherem Infektionsrisiko wie beispielsweise der Erweiterung des Dammschnitts während der Geburt oder in Settings, in denen das Grundrisiko für geburtsbedingte Infektionen hoch ist.

Warum ist das wichtig?

Frauen mit Dammschnitt benötigen möglicherweise keine routinemäßige Behandlung mit Antibiotika, um Infektionen vorzubeugen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn allgemeine Maßnahmen zur Infektionskontrolle eingehalten wurden. Eine unangemessene Anwendung von Antibiotika wurde mit schlechteren Ergebnissen in Verbindung gebracht und setzt zusätzlich die Frauen und deren gestillte Kinder antibiotikabedingten Nebenwirkungen aus. Die Kosten im Gesundheitswesen könnten mit dem Einsatz von Antibiotika möglicherweise steigen. Zusätzlich kann eine verbreitete Gabe von Antibiotika zu Antibiotikaresistenzen führen.

Welche Evidenz haben wir gefunden?

Der Review untersuchte, ob die routinemäßige Anwendung von Antibiotika zum Zeitpunkt eines Dammschnitts eine Infektion bei Frauen mit komplikationsloser vaginaler Geburt verhindert – im Vergleich zu Placebo oder keinen Antibiotika. Wir suchten nach Evidenz (24. Juli 2017) aus randomisierten kontrollierten Studien in der medizinischen Literatur. Wir fanden nur eine kleine Studie, die in einem öffentlichen Krankenhaus in Brasilien bei 73 Frauen durchgeführt wurde. Die Studie lieferte Daten von sehr niedriger Qualität. Bezüglich der Anzahl Frauen, bei denen sich die Dammwunde infizierte oder wieder aufbrach, zeigte die Studie keinen klaren Unterschied zwischen den Gruppen mit oder ohne Antibiotika. In keiner Gruppen entwickelte eine Frau eine Infektion der Gebärmutterschleimhaut. Die Studie berichtete keine weiteren Endpunkte, die für diesen Review von Interesse wären.

Was bedeutet das?

Die aktuelle Evidenz zum Einfluss einer Antibiotika-Prophylaxe, um Infektionen nach Dammschnitt vorzubeugen, geht aus einer kleinen Studie hervor, die Einschränkungen in der Studiengestaltung aufweist. Aufgrund der relativ niedrigen Infektionsinzidenz bei Dammschnitten, sofern Maßnahmen zur Infektionskontrolle eingehalten werden, drängt sich die Frage über den zusätzlichen Nutzen der Antibiotika-Prophylaxe auf. Insbesondere muss das Risiko antibiotikabedingter Nebenwirkungen für Mutter und Kind abgewogen und die Entstehung von Antibiotikaresistenzen berücksichtigt werden. Es bedarf einer vergleichenden, sorgfältigen und exakten Beurteilung von Nutzen und Schaden der Antibiotika-Prophylaxe in Bezug auf die Morbidität auf Grund von Infektionen nach Dammschnitt in gut konzipierten, randomisierten kontrollierten Studien, in denen gängige Antibiotika aus der aktuellen geburtshilflichen Praxis eingesetzt werden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Hartmann und C. Loytved, freigegeben durch Cochrane Schweiz

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