Manuelle Therapie und Übungen zur Behandlung des Rotatorenmanschettensyndroms an der Schulter

Hintergrund

Das Rotatorenmanschettensyndrom (unter diesem Begriff werden Schulterbeschwerden zusammengefasst, deren Ursprung einem oder mehreren Muskeln der sogenannten Rotatorenmanschette an der Schulter zugeordnet wird) ist eine häufige Ursache von Schulterschmerzen. Menschen mit einem Rotatorenmanschettensyndrom beschreiben häufig stärkere nächtliche Schmerzen und eine Schmerzzunahme bei Armbewegungen in bestimmte Richtungen einschließlich Überkopf-Aktivitäten. Häufig sind die Schmerzen mit Funktionsverlusten verbunden; manche Patienten beschreiben zudem einen Kraftverlust.

Manuelle Therapie beinhaltet von einer medizinischen Fachkraft (zum Beispiel einem Physiotherapeuten) ausgeführte Bewegungen der Gelenke und anderer Strukturen. Übungen beinhalten jegliche zielgerichtete Bewegung eines Gelenks, das Anspannen von Muskeln oder verordnete körperliche Aktivität. Die Ziele beider Behandlungsformen sind die Verringerung der Schmerzen sowie die Verbesserung von Kraft, Beweglichkeit und Schulterfunktion.

Studienmerkmale

Diese Zusammenfassung eines aktualisierten Cochrane Reviews stellt dar, was aus der Forschung über den Nutzen und nachteilige Wirkungen von Manueller Therapie und Übungen verglichen mit einer Plazebo-Behandlung (Scheinbehandlung), keiner Behandlung oder jeglicher anderer Behandlung für Menschen mit einem Rotatorenmanschettensyndrom bekannt ist. Nachdem wir bis März 2015 nach allen auf die Fragestellung des Reviews passenden Studien gesucht hatten, schlossen wir 60 Studien (3620 Teilnehmer) ein, von denen jedoch nur 10 Manuelle Therapie und Übungen in Kombination (das heißt zusammen) untersuchten. 52% der eingeschlossenen Teilnehmer waren Frauen; das durchschnittliche Alter betrug 51 Jahre und die durchschnittliche Beschwerdedauer elf Monate. Die durchschnittliche Dauer der Behandlungen mit Manueller Therapie und Übungen betrug sechs Wochen.

Hauptergebnisse: eine Studie zum Vergleich einer Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen mit einer Plazebo-Behandlung (einer Scheinbehandlung mit inaktivem Ultraschall) über zehn Wochen an Patienten mit einem chronischen Rotatorenmanschettensyndrom.

Schmerzen insgesamt (höhere Punktzahlen bedeuten eine größere Verbesserung, das heißt eine größere Verringerung der Schmerzen)

Die Teilnehmer, die mit Manueller Therapie und Übungen behandelt wurden, erfuhren eine Verbesserung (Verringerung) der Schmerzen, die sich wenig beziehungsweise nicht von derjenigen der Teilnehmer unterschied, die die Plazebo-Behandlung erhielten. Die Verbesserung der Schmerzen war (mit Manueller Therapie und Übungen) nach 22 Wochen um 6,8 Punkte größer (zwischen 0,7 Punkte weniger bis 14,3 Punkte mehr; 7% absolute Verbesserung).

Die Teilnehmer, die mit Manueller Therapie und Übungen behandelt wurden, bewerteten die Veränderung ihrer Schmerzen mit 24,8 Punkten auf einer Skala von null bis 100 Punkten.

Die Teilnehmer, die die Plazebo-Behandlung erhielten, bewerteten die Veränderung ihrer Schmerzen mit 17,3 Punkten auf einer Skala von null bis 100 Punkten.

Funktion (höhere Punktzahlen bedeuten eine größere Verbesserung der Schulterfunktion)

Die Teilnehmer, die mit Manueller Therapie und Übungen behandelt wurden, verbesserten sich geringfügig mehr als die Teilnehmer, die die Plazebo-Behandlung erhielten. Die Verbesserung der Funktion war (mit Manueller Therapie und Übungen) nach 22 Wochen um 7,1 Punkte größer (zwischen 0,3 und 13,9 Punkte mehr; 7% absolute Verbesserung).

Die Teilnehmer, die mit Manueller Therapie und Übungen behandelt wurden, bewerteten die Veränderung ihrer Schulterfunktion mit 22,4 Punkten auf einer Skala von null bis 100 Punkten.

Die Teilnehmer, die die Plazebo-Behandlung erhielten, bewerteten die Veränderung ihrer Schulterfunktion mit 15,6 Punkten auf einer Skala von null bis 100 Punkten.

Behandlungserfolg

Von 100 Teilnehmern bewerteten 16 mehr die Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen als erfolgreich verglichen mit der Plazebo-Behandlung; 16% absolute Verbesserung (zwischen 2% weniger und 34% mehr Verbesserung).

Siebenundfünfzig von 100 Teilnehmern bewerteten die Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen als erfolgreich.

Einundvierzig von 100 Teilnehmern bewerteten die Plazebo-Behandlung als erfolgreich.

Nebenwirkungen

Von 100 Teilnehmern erfuhren 23 mehr unbedeutende Nebenwirkungen, wie zum Beispiel vorübergehende Schmerzen, in Verbindung mit der Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen verglichen mit der Plazebo-Behandlung.

31 von 100 Teilnehmern gaben Nebenwirkungen in Verbindung mit der Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen an.

Acht von 100 Teilnehmern gaben Nebenwirkungen in Verbindung mit der Plazebo-Behandlung an.

Qualität der Evidenz (des wissenschaftlichen Belegs)

Evidenz hoher Qualität aus einer Studie erbrachte Hinweise darauf, dass die Behandlung mit Manueller Therapie und Übungen die Schulterfunktion nach 22 Wochen nur geringfügig mehr verbesserte als die Plazebo-Behandlung, keine oder nur geringfügige Unterschiede in anderen für Patienten bedeutsamen Endpunkten (Ergebniskriterien, zum Beispiel Schmerzen) bewirkte sowie mit vergleichsweise häufiger auftretenden, aber schwachen Nebenwirkungen verbunden war.

Evidenz niedriger Qualität ergab Hinweise darauf, dass der Vergleich von Manueller Therapie mit Kortisonspritzen möglicherweise nur einen kleinen oder keinen Unterschied und der Vergleich von Manueller Therapie und Übungen mit einer arthroskopischen subakromialen Dekompression (einer operativen Behandlungsmaßnahme) keinen Unterschied in den Schmerzen insgesamt und der Schulterfunktion ergibt. Patienten, die mit Akupunktur mit zusätzlicher Diätberatung und Zugabe von Phlogenzym (einem Enzympräparat) behandelt werden, haben zudem möglicherweise weniger Schmerzen und eine bessere Funktion als Patienten, die mit Manueller Therapie und Übungen behandelt werden.

Aufgrund der sehr niedrigen Qualität der Evidenz ist es ungewiss, ob erstens Manuelle Therapie und Übungen die Schulterfunktion mehr verbessern als oral (über den Mund) eingenommene kortisonfreie entzündungshemmende Medikamente (NSARs) und ob zweitens die Kombination von Manueller Therapie und Übungen mit Kortisonspritzen eine zusätzliche Verbesserung der Funktion gegenüber der alleinigen Behandlung mit Kortisonspritzen bewirkt.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Braun, K.Ehrenbrusthoff, T. Bossmann; Koordination durch Cochrane Schweiz

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