Computergestütztes kognitives Training zum Erhalt der kognitiven Funktionsfähigkeit bei kognitiv gesunden alten Menschen

Hintergrund

Die Begriffe „Kognition“ und "kognitive Funktionsfähigkeit“ beschreiben all diejenigen geistigen Aktivitäten, die mit dem Denken, Lernen, Erinnern und Kommunizieren zusammenhängen. Mit zunehmendem Alter treten normale Veränderungen der Kognition auf. Es gibt aber auch Erkrankungen, die die kognitive Funktionsfähigkeit beeinflussen, allen vor allem Demenz, die mit zunehmendem Alter ab ungefähr 65 Jahren immer häufiger auftritt. Es ist bekannt, dass ein lebenslanges geistiges Aktiv-Sein mit einem niedrigeren Risiko für eine Demenz verbunden ist. Daher ist angeregt worden, dass die Förderung von geistiger Aktivität eine wirksame Methode für die Aufrechterhaltung einer guten kognitiven Funktionsfähigkeit im Zuge des Älterwerdens sein könnte. Ein kognitives Training umfasst eine Reihe standardisierter Aufgaben, die dazu gedacht sind, das Gehirn auf verschiedene Art und Weise zu ‚trainieren‘. Kognitive Trainingsprogramme werden häufig über Computer oder mobile Technologien bereitgestellt, sodass dieses Training allein zuhause durchführt werden kann. Derartige Programme sind zunehmend als geschäftsmäßige Angebote erhältlich, für die in der Öffentlichkeit geworben wird. Wir wollten wissen, ob die langfristige Anwendung von computergestützten kognitiven Trainingsprogrammen eine wirksame Methode für Menschen im Alter über 65 Jahren ist, um eine gute kognitive Funktionsfähigkeit im Zuge des Älterwerdens zu erhalten.

Unsere Vorgehensweise

Wir durchsuchten die medizinische Literatur bis zum 15. März 2018 nach Studien, in denen die kognitive Funktionsfähigkeit von Menschen im Alter von über 65 Jahren oder älter, die für mindestens 12 Wochen an einem computergestützten kognitiven Training teilnahmen, mit der kognitiven Funktionsfähigkeit einer Kontrollgruppe, die kein solches Training durchführte, verglichen wurde. Alle Teilnehmenden sollten zu Beginn der Studien kognitiv gesund gewesen sein. Um den Vergleich so fair wie möglich zu halten, sollte zufällig entschieden worden sein, ob die Teilnehmenden in der Gruppe mit dem kognitiven Training oder in der Kontrollgruppe waren. Wir waren hauptsächlich an Messungen der allgemeinen kognitiven Funktionsfähigkeit interessiert. Die Wahl von drei Monaten für die Programme war in gewisser Weise willkürlich. Wir dachten jedoch, dass sehr kurze Programme mit nur geringer Wahrscheinlichkeit langfristige Wirkungen haben würden und wir waren an Programmen interessiert, die über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden können.

Was wir fanden

Wir fanden acht Studien mit insgesamt 1183 Teilnehmenden, die in den Review eingeschlossen wurden. Fünf Studien stellten ein computergestütztes kognitives Training für drei Monate zur Verfügung, zwei für vier Monate und eine für sechs Monate. Wir verglichen ein computergestütztes kognitives Training mit anderen Aktivitäten wie dem Anschauen von Lehrvideos, und mit keiner Aktivität. Wir suchten nach Wirkungen auf die allgemeine kognitive Funktionsfähigkeit und auf spezifische kognitive Funktionen wie das Gedächtnis und die Denkgeschwindigkeit. Alle eingeschlossenen Studien hatten Probleme in der Art und Weise, wie sie gestaltet waren, was die Ergebnisse verzerrt haben könnte. Insgesamt bewerteten wir die Qualität der gefundenen Evidenz als niedrig oder sehr niedrig. Dies bedeutet, dass wir kein Vertrauen in die Ergebnisse haben können und dass zukünftige Forschung durchaus zu anderen Ergebnissen kommen könnte. Ein computergestütztes kognitives Training verbessert die allgemeine kognitive Funktion nach zwölfwöchiger Durchführung möglicherweise geringfügig; wir fanden jedoch keine Evidenz für eine anhaltende Wirkung 12 Monate nach dem Training. Wir waren nicht in der Lage, Aussagen zu machen oder ausreichend Evidenz dafür zu finden, dass ein computergestütztes kognitives Training im Vergleich mit anderen Aktivitäten möglicherweise eine bedeutsame Wirkung auf die meisten der uns interessierenden spezifischen kognitiven Funktionen hat. Die Studie mit der längsten Dauer ergab, dass das Abschließen eines sechsmonatigen computergestützten kognitiven Trainings im Vergleich zum Nichtstun möglicherweise eine nutzbringende Wirkung auf das Gedächtnis hat. Keine der eingeschlossenen Studien berichtete über Wirkungen des kognitiven Trainings auf die Lebensqualität oder Aktivitäten des täglichen Lebens, und in keiner wurde über schädliche Wirkungen des Trainings berichtet.

Schlussfolgerungen der Autoren

Verglichen mit anderen Aktivitäten führt ein computergestütztes kognitives Training nach zwölfwöchiger Durchführung möglicherweise zu einer geringfügig besseren allgemeinen kognitiven Funktionsfähigkeit. Wir fanden jedoch keine Evidenz dafür, dass die Wirkung ein Jahr danach anhält. Im Vergleich zum Nichtstun verbessert ein computergestütztes kognitives Training nach sechsmonatiger Durchführung möglicherweise geringfügig das Gedächtnis. Obwohl wir Studien mit einer Trainingsdauer von weniger als 12 Wochen ausschlossen, waren die eingeschlossenen Studien immer noch recht kurz, um langfristige Wirkungen während des Älterwerdens zu untersuchen. Eine Einschränkung unseres Reviews ist, dass wir einige Studien mit kürzeren Trainingszeiten nicht einschlossen, die langfristige Wirkungen betrachteten. Daher ist es möglich, dass uns brauchbare Evidenz entgangen ist. Viele veröffentlichte Studien haben sich mit Computertraining befasst. Diese umfangreichen Literatur zu verstehen ist schwierig. In der Zukunft könnte es hilfreich sein, Studien nach der Dauer der Trainingswirkungen zu unterteilen, anstatt nach der Trainingsdauer.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Wenzel, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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