Langzeitwirkungen von Strahlentherapie zur Behandlung von Gliom auf die Gehirnfunktion

Hintergrund
Gliome sind Gehirntumore, die sehr aggressiv sein und innerhalb von Monaten zum Tod führen können. Patienten mit weniger aggressiven Gliomen (einem sogenannten niedriggradigen Gliom) können jedoch mehrere Jahre überleben. Die meisten Patienten werden operiert und erhalten gegebenenfalls zusätzlich Strahlentherapie mit oder ohne Chemotherapie. Allerdings kann Strahlentherapie gesundes Hirngewebe schädigen. Außerdem wissen wir nicht genug über die langfristigen Auswirkungen von Strahlentherapie auf Gehirnfunktionen wie Gedächtnis, Kommunikation, Konzentration und Denkgeschwindigkeit. (Diese Funktionen werden zusammenfassend als Neurokognition oder kognitive Fähigkeiten bezeichnet.) Tumorwachstum kann ebenfalls zu einer Beeinträchtigung der Gehirnfunktion führen. In diesem Review haben wir die möglichen Langzeitwirkungen von Strahlentherapie für das Gehirn von Erwachsenen mit weniger aggressivem Gliom untersucht, die nach ihrer Behandlung mindestens zwei Jahre überlebt haben.

Methoden und Ergebnisse
Wir haben bis zum 14. November 2018 nach relevanten Studien gesucht. Wir haben nur Studien eingeschlossen, in denen es eine Kontrollgruppe gab (also Studien, in denen verschiedene Behandlungsgruppen miteinander verglichen wurden: Behandlung mit oder ohne Strahlentherapie oder Behandlung mit verschiedenen Strahlentherapie-Formen oder -Dosen). Dieser Review umfasst neun Studien, die Informationen zu den Langzeitwirkungen von Strahlentherapie auf kognitiven Fähigkeiten und Lebensqualität zusammengetragen haben, größtenteils bei Patienten mit einem niedriggradigen Gliom. Insgesamt nahmen 2406 Patienten an diesen Studien teil. Die Studien untersuchten fünf verschiedene Vergleiche, unter anderem: Behandlung mit versus ohne Strahlentherapie, Behandlung mit Strahlentherapie versus Chemotherapie, Behandlung mit hoch- versus niedrigdosierter Strahlentherapie, Behandlung mit verschiedenen Formen von Strahlentherapie und Behandlung mit Strahlentherapie versus kombinierter Strahlen- und Chemotherapie (sogenannte Radiochemotherapie). Etwas Evidenz wies darauf hin, dass Strahlentherapie nach einer Operation das Risiko kognitiver Beeinträchtigungen im Vergleich zur Operation ohne anschließende Strahlentherapie erhöhen könnte; allerdings war die Evidenz hierfür nicht überzeugend. Ebenso wenig erbrachten die anderen Vergleiche überzeugende Evidenz. Das lag zum Teil daran, dass bei vielen Patienten keine Nachbeobachtung stattfand, entweder weil sie verstorben waren oder weil ihre Erkrankung fortgeschritten war. Die resultierende Evidenz war daher schwach.

Keine Studie untersuchte die Auswirkungen von Strahlentherapie auf relevante Funktionen des Hormonsystems. Wir hatten eine kurze gesundheitsökonomische Zusammenfassung der Behandlungsmaßnahmen vorgesehen, haben zu diesem Thema aber keine relevanten Studien gefunden.

Schlussfolgerungen
Das Risiko einer langfristigen Verschlechterung der Gehirnfunktion im Zusammenhang mit Strahlentherapie bei weniger aggressivem Gliom bleibt ungewiss. Zukünftige Forschung zu den Behandlungsmöglichkeiten bei Gliom sollte mögliche langfristige kognitive und hormonelle Nebenwirkungen, Kosten und Kosteneffizienz berücksichtigen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Imhoff, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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