Was ist eine intrakranielle Arterienverengung?
Bei intrakraniellen Stenosen (ICAS) hirnversorgender Arterien handelt es sich um eine Verengung von Blutgefäßen im Gehirn, die durch eine Ablagerung von Plaques (Fettablagerungen) verursacht wird. Sie ist weltweit eine häufige Ursache für Schlaganfälle. Wenn diese Erkrankung Schlaganfall-Symptome hervorruft, wird sie als symptomatische Stenose hirnversorgender Arterien bezeichnet.
Wie kann eine intrakranielle Stenose hirnversorgender Arterien behandelt werden?
Eine Stenose hirnversorgender Arterien kann mit endovaskulärer Therapie oder medikamentöser Therapie behandelt werden, aber es ist unklar, welcher Ansatz am besten funktioniert. Bei der endovaskulären Therapie führt der Neuroradiologe einen dünnen Schlauch, einen so genannten Katheter, in eine Arterie im Arm oder in die Leiste der zu behandelnden Person ein und schiebt ihn bis zur betroffenen Arterie im Gehirn. Der Neuroradiologe kann dann die verengte Arterie mit einem kleinen Ballon aufdehnen oder einen kleinen Netzschlauch (Stent) in die verengte Arterie einführen, um sie offen zu halten, oder beide Techniken im selben Eingriff kombinieren. Die medikamentöse Behandlung umfasst die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern (Medikamente, die das Zusammenkleben der Blutplättchen verhindern) und die Kontrolle von Faktoren, die das Schlaganfallrisiko erhöhen (Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel und Diabetes), mit Hilfe von Medikamenten und Änderungen der Lebensweise.
Was sollte herausgefunden werden?
Wir wollten herausfinden, ob eine endovaskuläre Therapie zusätzlich zur konventionellen medizinischen Therapie wirksamer ist als die konventionelle medizinische Behandlung allein, um Schlaganfall und Tod bei Menschen mit symptomatischen ICAS zu verhindern.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien (Studien, in denen die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugeordnet werden), in denen die beiden Behandlungen bei Menschen mit symptomatischen Stenosen der intrakraniellen hirnversorgenden Arterien verglichen wurden. Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen, verglichen sie und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Größe der Studien.
Was fanden wir?
Wir schlossen vier Studien mit insgesamt 989 Teilnehmenden ein, die kürzlich Symptome einer intrakraniellen Stenose hirnversorgender Arterien aufwiesen. In drei Studien, die an mehreren Zentren durchgeführt wurden, wurde die endovaskuläre Therapie mit Stents mit der medikamentösen Therapie verglichen. In zwei Studien, die in chinesischen Zentren durchgeführt wurden, wurden verschiedene Arten der endovaskulären Therapie mit der herkömmlichen medikamentösen Behandlung bei chinesischen Teilnehmenden verglichen.
Hauptergebnisse
Bei Personen, die sowohl eine endovaskuläre Therapie als auch eine medikamentöse Therapie erhielten, war das Risiko, zu sterben oder einen Schlaganfall zu erleiden, kurz- und langfristig höher. Bei den Raten für ischämische Schlaganfälle, Tod oder Pflegebedürftigkeit gab es langfristig keine wesentlichen Unterschiede.
Was schränkt Aussagekraft der Evidenz ein?
Wir sind mäßig sicher, was einige Ergebnisse angeht, und haben wenig Vertrauen in andere, weil in die Studien nur wenige Personen eingeschlossen wurden.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 16. August 2022.
Dieser Review liefert mit moderater Vertrauenswürdigkeit der Evidenz Hinweise darauf, dass ET plus MT im Vergleich zu MT allein das Risiko eines kurzfristigen Schlaganfalls und des Todes bei Menschen mit kürzlich symptomatischer hochgradiger Stenose der intrakraniellen hirnversorgenden Arterien erhöht. Dieser Effekt zeigte sich auch noch bei der langfristigen Nachbeobachtung. Er scheint aber auf die frühen Risiken der ET zurückzuführen zu sein; daher gibt es möglicherweise keinen eindeutigen Unterschied zwischen den Therapien in Bezug auf ihre Auswirkungen auf langfristige Schlaganfälle und Todesfälle. Die Auswirkungen einer verzögerten ET (mehr als drei Wochen nach einem qualifizierenden Ereignis) sollten weiter untersucht werden.
Die Stenose intrakranieller hirnversorgender Arterien ist eine Arterienverengung im Gehirn, die einen Schlaganfall verursachen kann. Die endovaskuläre Therapie (ET) und die medikamentöse Therapie (MT) können möglicherweise rezidivierende ischämische Schlaganfälle aufgrund einer intrakraniellen Stenose verhindern. Es gibt jedoch keinen Konsens über die beste Behandlung für Menschen mit intrakraniellen Stenosen der hirnversorgenden Arterien.
Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit einer endovaskulären Therapie in Kombination mit einer medikamentösen Therapie im Vergleich zu einer alleinigen medikamentösen Therapie symptomatischer intrakranieller Stenosen der hirnversorgenden Arterien.
Wir führten am 16. August 2022 eine Literaturrecherche des Cochrane Stroke Group Trials Register, CENTRAL, MEDLINE, Embase, vier weiterer Datenbanken und dreier Studienregister durch. Wir kontaktierten Autor*innen der Studien, wenn wir zusätzliche Informationen benötigten.
Wir haben randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) einbezogen, in denen endovaskuläre Therapie plus medikamentöse Therapie mit medikamentöser Therapie allein zur Behandlung von symptomatischen intrakraniellen Stenosen der hirnversorgenden Arterien verglichen wurde. Die endovaskulären Therapie-Modalitäten umfassten Angioplastie ohne Stenting, ballonmontierter Stent und Angioplastie mit anschließender Platzierung eines selbstexpandierenden Stents. Die medikamentöse Behandlung umfasste neben der Kontrolle von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Hyperlipidämie und Diabetes auch eine Thrombozytenaggregationshemmung.
Zwei Autor*innen überprüften unabhängig voneinander die in der Literatursuche identifizierten Studien, um geeignete RCTs auszuwählen, und extrahierten dann die zugehörigen Daten. Unstimmigkeiten wurden durch Diskussionen beigelegt, und das gesamte Team traf Konsensus-Entscheidungen. Wir bewerteten das Risiko einer Verzerrung (Bias) und wendeten die GRADE-Methodik an, um die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zu bewerten. Der primäre Endpunkt war Tod jeglicher Ursache oder ein nicht-tödlicher Schlaganfall innerhalb von drei Monaten nach der Randomisierung. Die sekundären Endpunkten umfassten Todesfälle jeglicher Ursache oder nicht-tödliche Schlaganfälle jeglicher Art, die mehr als drei Monate nach der Randomisierung auftraten, ipsilaterale Schlaganfälle, transitorische ischämische Attacken, ischämische Schlaganfälle, hämorrhagische Schlaganfälle, Tod, Restenose, Hilfsbedürftigkeit im Alltag und gesundheitsbezogene Lebensqualität.
Wir schlossen vier RCTs mit 989 Teilnehmenden mit symptomatischen intrakraniellen Stenosen hirnversorgender Arterien im Alter von 18 bis 85 Jahren in die Auswertung ein. Wir identifizierten zwei laufende RCTs. Bei allen Studien bestand ein hohes Risiko für einen Performance-Bias, da es nicht möglich war, die Teilnehmenden und die Durchführenden für die Intervention zu verblinden. Drei Studien wurden vorzeitig abgebrochen. Bei einer Studie bestand ein hohes Risiko einer Verzerrung durch Studienabbruch, da nach einem Jahr ein erheblicher Verlust von Teilnehmenden in der Nachbeobachtung auftrat und ein hoher Anteil von Teilnehmenden von der endovaskulären Therapie-Gruppe zur medikamentösen Therapie-Gruppe wechselte. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz reichte von niedrig bis moderat; wir stuften sie wegen Ungenauigkeit herab.
Im Vergleich zu medikamentöser Therapie allein erhöht endovaskuläre Therapie plus medikamentöse Therapie wahrscheinlich das Risiko eines kurzfristigen Todes oder Schlaganfalls (RR 2,93, 95% Konfidenzintervall (CI) 1,81 bis 4,75; 4 RCTs, 989 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines kurzfristigen ipsilateralen Schlaganfalls (RR 3,26, 95% CI 1,94 bis 5.48; 4 RCTs, 989 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines kurzfristigen ischämischen Schlaganfalls (RR 2,24, 95% CI 1,30 bis 3,87; 4 RCTs, 989 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) und eines langfristigen Todes oder Schlaganfalls (RR 1,49, 95% CI 1,12 bis 1,99; 4 RCTs, 970 Teilnehmende, moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Im Vergleich zu medikamentöser Therapie allein kann endovaskuläre Therapie plus medikamentöse Therapie das Risiko eines kurzfristigen hämorrhagischen Schlaganfalls (RR 13,49, 95% CI 2,59 bis 70,15; 4 RCTs, 989 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines kurzfristigen Todes (RR 5,43, 95% CI 1,21 bis 24,40; 4 RCTs, 989 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) und eines langfristigen hämorrhagischen Schlaganfalls (RR 7,81, 95% CI 1,43 bis 42,59; 3 RCTs, 879 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) erhöhen. Es ist unklar, ob ET plus MT im Vergleich zu MT allein einen Einfluss auf das Risiko einer kurzfristigen transitorischen ischämischen Attacke (RR 0,79, 95% CI 0,30 bis 2,07; 3 RCTs, 344 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), einer langfristigen transitorischen ischämischen Attacke (RR 1,05, 95% CI 0,50 bis 2,19; 3 RCTs, 335 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines langfristigen ipsilateralen Schlaganfalls (RR 1,78, 95% CI 1.00 bis 3,17; 4 RCTs, 970 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines langfristigen ischämischen Schlaganfalls (RR 1,56, 95% CI 0,77 bis 3,16; 4 RCTs, 970 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), eines langfristigen Todes (RR 1,61, 95% CI 0,77 bis 3,38; 4 RCTs, 951 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) und einer langfristigen Hilfsbedürftigkeit (RR 1,51, 95% CI 0,93 bis 2,45; 4 RCTs, 947 Teilnehmende; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) hat. Keine Subgruppenanalyse veränderte signifikant die Wirkung von ET plus MT gegenüber MT allein. Die Studien enthielten keine Daten zu Restenosen oder zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität.
C. Leithner, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland