Vitamin D bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)

Kernaussagen

Dieser Cochrane-Review kommt nicht zu dem Ergebnis, dass Vitamin D vor plötzlichen Verschlechterungen der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), einer chronischen entzündlichen Lungenerkrankung, die das Atmen erschwert, schützt. Der Review zeigt auch nicht , dass Vitamin D die Beschwerden von Menschen mit COPD verbessert.

Warum haben wir angenommen, dass Vitamin D Menschen mit COPD helfen könnte?

Niedrige Blutspiegel von Vitamin D (dem "Sonnenvitamin") werden mit einem erhöhten Risiko für schwere COPD-Schübe in Verbindung gebracht. Bei diesen Schüben leiden die Betroffenen unter Atemnot-Anfällen und verstärktem Husten. Schwere Schübe sind solche, die den Einsatz von Kortisontabletten oder -injektionen erforderlich machen. Deshalb wurde vermutet, dass eine Supplementierung zur Sicherstellung eines ausreichend hohen Vitamin-D-Spiegels dazu beitragen könnte, Schübe zu verhindern und die Kontrolle der Beschwerden zu verbessern.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob eine Vitamin-D-Supplementierung:

- das Risiko eines COPD-Schubes verringert;

- die Kontrolle der COPD-Symptome verbessert;

- zu unerwünschten Wirkungen führt.

Wie gingen wir vor?

Wir untersuchten Studien, die den Einfluss von Vitamin D im Vergleich zu einem Placebo (Scheinmedikament) auf das Risiko akuter COPD-Schübe sowie auf die Symptomkontrolle bei COPD-Patient*innen untersuchten. Wir haben weder die verabreichte Vitamin-D-Dosis noch die Verabreichungsart oder Studiendauer eingeschränkt. Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz, basierend auf Faktoren wie der Studienmethodik.

Wir untersuchten außerdem, ob die Wirkung der Vitamin-D-Supplementierung durch den Ausgangswert des Vitamin-D-Spiegels der Teilnehmenden, den Schweregrad der anfänglichen COPD-Beschwerden oder die regelmäßige Einnahme von kortisonhaltigen Medikamenten beeinflusst wurde.

Was fanden wir?

Wir haben Daten aus 10 Studien mit insgesamt 1372 Personen in diesen Review einbezogen. In fünf dieser Studien wurden Daten zur Häufigkeit schwerer Krankheitsschübe erhoben. Die Studien dauerten zwischen sechs Wochen und 40 Monaten, und alle untersuchten eine bestimmte Form von Vitamin D, das so genannte Cholecalciferol oder Vitamin D3 . Cholecalciferol ist die am häufigsten verwendete Form von Vitamin-D-Tabletten. Eine Studie untersuchte auch eine weitere Vitamin-D-Form, das Calcitriol. Die Mehrheit der Teilnehmenden hatte eine leichte bis mittelschwere COPD, eine Minderheit eine schwere COPD.

- Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten hat im Vergleich zu Placebos (Scheinmedikamenten) nur wenig oder keinen Einfluss auf das Risiko eines COPD-Schubs.

- Auch der Anteil der Personen, die während des Studienzeitraums einen oder mehrere Krankheitsschübe hatten, wurde durch Vitamin D nur geringfügig oder gar nicht beeinflusst.

- Eine Vitamin-D-Supplementierung hat wahrscheinlich keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf die Lungenfunktion und birgt wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen.

- Eine Vitamin-D-Supplementierung hat möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf das Sterberisiko oder auf die Lebensqualität der Teilnehmenden.

Was schränkt die Evidenz ein?

- Wir sind sicher, dass Vitamin D keine Auswirkungen auf das Auftreten akuter COPD-Schübe hat. Wir sind mit moderater Sicherheit der Ansicht, dass es nur geringe oder keine Auswirkungen auf die Lungenkapazität und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen gibt.

- Wir haben jedoch nur begrenztes Vertrauen in die Evidenz zum Sterberisiko bei COPD, da dieses Ergebnis auf Studien mit einer geringen Anzahl von Teilnehmenden basiert. Auch die Evidenz für die Lebensqualität ist wenig aussagekräftig, da in den verschiedenen Studien unterschiedliche Erhebungsinstrumente (Fragebögen) verwendet wurden, die sich nicht ohne weiteres vergleichen lassen.

- Wir haben nur begrenztes Vertrauen in die Ergebnisse eine der Studien, da sie darauf basierte, dass die Teilnehmenden ihre täglichen Symptome der letzten zwei Monate aus dem Gedächtnis abrufen mussten, ohne dabei ein Tagebuch geführt zu haben. Diese Studie lieferte Daten zu einem der wichtigsten Endpunkte, der Lungenfunktion von Menschen mit COPD. Als wir die Analyse jedoch ohne diese Studie wiederholten, änderte sich das Gesamtergebnis nicht - eine Vitamin-D-Supplementierung hatte in beiden Fällen keine Wirkung.

Was sollten künftige Forschungsarbeiten beachten?

Wir empfehlen weitere Untersuchungen zum Nutzen-Schaden-Verhältnis von Vitamin-D-Supplementen bei COPD-Patient*innen mit extrem niedrigen oder sehr hohen Vitamin-D-Ausgangswerten. Für diese Gruppen ist die vorhandene Evidenz für unsere Fragestellung unzureichend.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 24. August 2022.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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