Die Ergebnisse einer einzelnen Studie weisen darauf hin, dass eine extendierte PLND bei Patienten, die sich einer radikalen Zystektomie bei invasivem Urothelkarzinom der Harnblase unterziehen, möglicherweise das Risiko des Todes durch jegliche Ursache und durch den Blasenkrebs über die Zeit reduziert. Allerdings schließen die Ergebnisse dieser Analyse die Möglichkeit keines Effektes ein. Es ist unklar, ob das Risiko für schwere Komplikationen innerhalb von 30 Tagen möglicherweise erhöht ist. Darüber hinaus ist unklar, ob sich das Risiko von leichten Komplikationen innerhalb der ersten 30 Tage verändert. Es nicht möglich, die vorab geplanten Subgruppenanalysen durchzuführen, insbesondere die Subgruppenanalysen zu einzelnen Templates der extendierten PLND, dem klinischen Tumorstadium und zu einer neoadjuvanten Chemotherapie, die möglicherweise bedeutsame Effekt-Modifikatoren sind. Wichtige zusätzliche Daten werden von einer größeren laufenden Studie erwartet, in der auch die Rolle der neoadjuvanten Chemotherapie berücksichtigt wird. Der Einschluss der Daten dieser Studie in die Metaanalyse kann möglicherweise dazu beitragen, die unzureichende Präzision zu verringern, die ein wesentlicher Grund für die Herabstufung der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz war.
In der Therapie des Urothelkarzinoms der Harnblase gibt es aktuell Unsicherheiten hinsichtlich des Nutzens und der Risiken der standardmäßig durchgeführten pelvinen Lymphadenektomie (Standard-PLND) im Vergleich zu einer extendierten PLND.
Ziel des Reviews war es, die Effekte einer extendierten versus der Standard-PLND bei Patienten zu ermitteln, die sich zur Behandlung eines muskelinvasiven (cT2 und cT3) oder therapierefraktären nicht-muskelinvasiven (cT1 mit oder ohne Carcinoma in situ) Urothelkarzinoms der Harnblase einer radikalen Zystektomie unterziehen müssen.
Es wurde eine umfassende Literatursuche in mehreren Datenbanken (PubMed, Embase, Cochrane Controlled Trials, Web of Science und LILACS), Studienregistern und Kongressberichten bis zum 29. April 2019 ohne Einschränkungen hinsichtlich Publikationssprache und -status durchgeführt.
Es wurden randomisierte kontrollierte Studien eingeschlossen, in denen sich die Teilnehmenden einer radikalen Zystektomie (RC) zur Therapie eines muskelinvasiven oder therapierefraktären nicht-muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase mit entweder einer extendierten bis oberhalb an die Vena mesenterica inferior reichenden PLND oder einer Standard-PLND bis oberhalb der Bifurkation der internen und externen Iliakalgefäße unterziehen mussten.
Zwei Review-Autoren bewerteten unabhängig voneinander die eingeschlossenen Studien und extrahierten die Daten zu den primären Endpunkten - Zeit bis zum Tod durch jegliche Ursache, Zeit bis zum Tod durch den Harnblasenkrebs und Clavien-Dindo-Klassifikation chirurgischer Komplikationen Grad III-IV, sowie zu den sekundären Endpunkten - Zeit bis zum Rezidiv, Clavien-Dindo Grad I-II-Komplikationen und krankheitsspezifische Lebensqualität.
Die statistischen Analysen wurde unter Anwendung eines Random-Effekts-Modells durchgeführt und die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz mit dem GRADE-Ansatz bewertet.
Die Literatursuche erbrachte eine Multicenter-Studie aus Deutschland mit insgesamt 401 Teilnehmenden mit histologisch gesichertem T1-G3- oder muskelinvasivem Urothelkarzinom der Harnblase. Das mediane Alter betrug 67 Jahre (Spannweite: 59 bis 74 Jahre) und die Mehrzahl der Teilnehmenden war männlich (78,3%). Von den Teilnehmenden erhielt niemand eine neoadjuvante Chemotherapie; eine kleine Untergruppe erhielt eine adjuvante Chemotherapie (14,5%).
Primäre Endpunkte
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine extendierte PLND im Vergleich zur Standard-PLND möglicherweise das Risiko für den Tod aus jeglichem Grund reduziert, jedoch schließt das Konfidenzintervall die Möglichkeit keines Effektes ein (Hazard Ration [HR]: 0,78; 95% Konfidenzintervall [KI]: 0,57 bis 1,07; 401 Teilnehmende; Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit). Nach einer Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren führt dies möglicherweise zu 83 weniger Todesfällen (95% KI: 174 weniger bis 24 mehr Todesfälle insgesamt) je 1000 Teilnehmende: 420 Sterbefälle bei extendierter PLND verglichen mit 503 Todesfällen je 1000 Personen bei Standard-PLND. Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz aufgrund von Studienlimitationen und der unzureichenden Präzision des Ergebnisses um zwei Stufen herab.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die extendierte PLND im Vergleich zur Standard-PLND möglicherweise das Harnblasenkrebs-spezifische Überleben reduziert, jedoch schließt auch bei diesem Ergebnis das Konfidenzintervall die Möglichkeit keines Effektes ein (HR: 0,70; 95% KI: 0,45 bis 1,07; 401 Teilnehmende; Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit). Nach einer Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren entspricht dies 91 weniger Todesfällen je 1000 Teilnehmende (95% KI: 176 weniger bis 19 mehr Harnblasenkrebs-Sterbefälle): 264 Todesfälle bei extendierter PLND verglichen mit 355 Sterbefällen je 1000 Personen bei Standard-PLND. Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz aufgrund von Studienlimitationen und der unzureichenden Präzision des Ergebnisses um zwei Stufen herab.
Basierend auf einem Nachbeobachtungszeitraum von 30 Tagen ist aufgrund von Studienlimitationen und einer unzureichenden Präzision der Ergebnisse unklar, ob die extendierte PLND im Vergleich zur Standard-PLND zu mehr Grad III-IV-Komplikationen führt (Risk Ratio [RR]: 1,13; 95% KI: 0,84 bis 1,52; 401 Teilnehmende; Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit).
Sekundäre Endpunkte
Es ist, ebenfalls aufgrund von Studienlimitationen und der unzureichenden Präzision des Ergebnisses, unklar, ob die extendierte PLND im Vergleich zur Standard-PLND das Risiko für ein Rezidiv über die Zeit reduziert (HR: 0,84; 95% KI: 0,58 bis 1,22; 401 Teilnehmende; Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit).
Basierend auf einem Nachbeobachtungszeitraum von 30 Tagen ist aufgrund von Studienlimitationen und der unzureichenden Präzision des Ergebnisses unklar, ob die extendierte PLND im Vergleich zur Standard-PLND zu einer ähnlichen Rate von Grad I-II-Komplikationen führt (RR: 0,94; 95% KI: 0,74 bis 1,19; 401 Teilnehmende; Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit).
Es konnten keine Studien identifiziert werden, die über die krankheitsspezifische Lebensqualität berichteten.
L. Schneidewind, freigegeben durch Cochrane Deutschland