Kernaussagen
- Ein Bewegungstraining (mit oder ohne weitere Maßnahmen wie z. B. Schulungen) in Kombination mit spezifischen Übungen zur Kräftigung der Atemmuskulatur kann die Atemnot, körperliche Fitness und Lebensqualität möglicherweise nicht verbessern. Die Kraft und Ausdauer der Atemmuskulatur nahm zu, jedoch nicht genug, um einen für die Teilnehmenden bedeutsamen Unterschied zu bewirken.
- Ein gezieltes Training zur Kräftigung der Atemmuskulatur, verglichen mit keinem Training, kann die Atemnot, körperliche Fitness und Lebensqualität möglicherweise verbessern. Die Kraft und Ausdauer der Atemmuskulatur nahmen zu, jedoch ist unklar, ob die Teilnehmenden hiervon einen Nutzen hatten.
- Es ist unklar, ob ein Bewegungstraining oder gezielte Übungen zur Kräftigung der Atemmuskulatur für Menschen mit geschwächter Atemmuskulatur nach mehrwöchiger Durchführung besser sind.
- Zukünftige Studien sollten sich auf Menschen mit geschwächter Atemmuskulatur konzentrieren und mehr Teilnehmende einschließen.
Was ist unter „chronisch obstruktiver Lungenerkrankung“ (COPD) zu verstehen?
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine Lungenerkrankung, die durch eine Verengung der Atemwege gekennzeichnet ist und Symptome wie Kurzatmigkeit und Husten verursacht. Sie kann nach dem langfristigen Einatmen von Reizgasen wie Zigarettenrauch und Chemikalien auftreten. Es wird angenommen, dass ein Bewegungstraining und ein gezieltes Training der Atemmuskulatur die Atmung verbessern und die Verengung (Obstruktion) verringern.
Welche Behandlungsansätze nutzen Menschen mit COPD?
Gesundheitsfachpersonen nutzen verschiedene Behandlungsansätze, um Menschen mit COPD bei der Verbesserung ihrer Beschwerden zu helfen.
- Einige Betroffene führen ein allgemeines Bewegungstraining durch, um ihre Symptome zu lindern und ihre Bewegungsfähigkeit und Lebensqualität zu verbessern.
- Andere versuchen, die Kraft und Ausdauer der Atemmuskulatur durch Atemübungen unter Nutzung spezieller Geräte zu verbessern. Dies wird als "inspiratorisches Muskeltraining" bezeichnet. Die dazu genutzten Geräte setzen der Atmung einen Widerstand entgegen, mit dem das Zwerchfell und die Zwischenrippenmuskeln gekräftigt werden sollen - das heißt die Muskeln, die für die Atmung zuständig sind. Dies soll den Betroffenen ermöglichen, mit jedem Atemzug mehr Luft einzuatmen und länger aktiv zu sein. Die Geräte werden auch von Menschen mit gesunden Lungen genutzt, um ihre sportliche Leistung zu verbessern.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob ein Bewegungstraining (mit oder ohne weiteren Maßnahmen wie z. B. Schulungen) in Kombination mit einem inspiratorischen Atemmuskeltraining im Vergleich zu einem alleinigen Bewegungstraining, und ein inspiratorisches Atemmuskeltraining im Vergleich zu keinem Training oder einem Schein-Atemmuskeltraining, eine bessere Wirkung auf die Atemnot, die körperliche Fitness und die Lebensqualität hat. (Ein Schein-Atemmuskeltraining hat keine „echte“ Wirkung auf die Atemmuskulatur. Es ermöglicht eine faire Überprüfung des „echten“ Trainingsgeräts, da die Teilnehmenden nicht wissen, welches Gerät sie nutzen.)
Wir wollten auch überprüfen, ob ein inspiratorisches Atemmuskeltraining mit unerwünschten Wirkungen verbunden ist.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen folgendes verglichen wurde:
- ein Bewegungstraining in Kombination mit einem inspiratorischen Atemmuskeltraining mit einem alleinigen Bewegungstraining; und
- ein inspiratorisches Atemmuskeltraining mit keinem Training oder einem Schein-Atemmuskeltraining.
Wir verglichen die Ergebnisse der Studien, fassten sie zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz anhand von Faktoren wie den Methoden und der Größe der Studien.
Was fanden wir heraus?
Ein Bewegungstraining in Kombination mit einem inspiratorischen Atemmuskeltraining verglichen mit einem alleinigen Bewegungstraining
Wir fanden 22 Studien mit 1446 Teilnehmenden, die zwischen 2 und 24 Wochen dauerten. Das Bewegungstraining reichte von einem alleinigen Laufbandtraining über ein alleiniges Fahrrad-/Ergometertraining bis hin zu einer Kombination aus verschiedener Trainingsformen (Fahrrad-/Ergometer- und Laufbandtraining, Muskelaufbau, Treppensteigen und Schulungs-Maßnahmen). Auch die Dauer und die für das inspiratorische Atemmuskeltraining genutzten Geräte unterschieden sich zwischen den Studien.
Wir ermittelten, dass dieser Vergleich:
- wahrscheinlich lediglich einen geringfügigen bis keinen Unterschied in der Atemnot (gemessen mit verschiedenen Bewertungsskalen) bewirkt;
- eine unklare Wirkung auf die körperliche Fitness hat;
- möglicherweise lediglich einen geringfügigen bis keinen Unterschied in der Lebensqualität (gemessen mit verschiedenen Skalen) bewirkt;
- wahrscheinlich lediglich einen geringfügigen bis keinen Unterschied in der Kraft der Atemmuskulatur bewirkt.
Ein inspiratorisches Atemmuskeltraining verglichen mit keinem Training oder einem Atemmuskeltraining mit einem Scheingerät
Wir fanden 37 Studien mit 1021 Teilnehmenden, die zwischen 2 Wochen und einem Jahr dauerten. Das inspiratorische Atemmuskeltraining variierte in den Studien in Bezug auf die genutzten Geräte, den übermittelten Widerstand, die Häufigkeit und die Betreuung.
Wir ermittelten, dass ein alleiniges inspiratorisches Atemmuskeltraining:
- die mit einer Bewertungsskala gemessene Kurzatmigkeit möglicherweise verringert, wobei die Wirkung bei Messung mit zwei anderen Skalen unklar war;
- wahrscheinlich die körperliche Fitness verbessert;
- wahrscheinlich die mit einer Skala gemessenen Lebensqualität verbessert, wobei der Nutzen bei Messung mit einer anderen Skala unklar ist;
- die Kraft der Atemmuskulatur möglicherweise lediglich geringfügig bis nicht beeinflusst.
Was schränkt die Evidenz ein?
In den Studien wurden unterschiedliche Trainingsdauern, Widerstände, Geräte, Dosierungen (Anzahl und Häufigkeit der Sitzungen) und körperliche Trainingsprogramme genutzt. Dies macht es schwierig, eindeutige Schlüsse zu ziehen. Insgesamt ist unser Vertrauen in die Schlussfolgerungen eingeschränkt, da die Studien klein waren, einige Teilnehmende möglicherweise wussten, welche Behandlung sie erhielten, und die Studien Unterschiede aufwiesen.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 20. Oktober 2022.
C. Braun, T. Bossmann, freigegeben von Cochrane Deutschland