Kernaussagen
Bei akuten Kreuzschmerzen
- Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Muskelrelaxanzien bewirken möglicherweise eine geringfügige Schmerzlinderung, jedoch können Muskelrelaxanzien auch mit unerwünschten Wirkungen einhergehen. Paracetamol hat bei Kreuzschmerzen keine schmerzlindernde Wirkung, aber auch keine unerwünschten Wirkungen.
Bei chronischen Kreuzschmerzen
- Opioide wirken möglicherweise schmerzlindernd, können aber auch mit unerwünschten Wirkungen einhergehen. NSAR wirken möglicherweise schmerzlindernd, während Antidepressiva möglicherweise lediglich eine geringfügige oder keine schmerzlindernde Wirkung haben.
- Wenn Ärzt*innen die Verordnung von Medikamenten zur Behandlung von Kreuzschmerzen erwägen, sollten sie mit ihren Patient*innen darüber sprechen, dass einige Medikamente möglicherweise nur eine geringfügige schmerzlindernde Wirkung bei einem gleichzeitig erhöhten Risiko für das Auftreten von unerwünschten Wirkungen haben. Für Forschungsförderer und Forschende sollte die Identifizierung von Medikamenten, die Menschen mit Kreuzschmerzen einen klinisch bedeutsamen Nutzen bieten, ein vorrangiges Ziel sein.
Was sind Kreuzschmerzen und wie werden sie behandelt?
Kreuzschmerzen sind ein häufiges und mit Einschränkungen einhergehendes Gesundheitsproblem. In den meisten Fällen kann die Ursache der Kreuzschmerzen nicht zuverlässig bestimmt werden und sie werden daher als "nicht-spezifisch“ bezeichnet. Zur Behandlung von Kreuzschmerzen verschreiben Ärzt*innen häufig Medikamente. Es gibt viele Arten von Medikamenten und Medikamentengruppen wie Opioidanalgetika, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Paracetamol. Aus der Vielzahl an verfügbaren Optionen gilt es zu ermitteln, welche Medikamente die besten und sichersten sind.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten die Evidenz aus Cochrane Reviews zu den wirksamsten und sichersten Medikamenten für Erwachsene mit nicht-spezifischen Kreuzschmerzen zusammenfassen.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach allen Cochrane Reviews, in denen der Nutzen und Schaden von Medikamenten für Erwachsene mit nicht-spezifischen Kreuzschmerzen bewertet wurden, um eine Übersicht über die verfügbare Cochrane-Evidenz zu erstellen.
Was fanden wir?
Wir fanden sieben Cochrane Reviews, die 103 Studien mit insgesamt 22.238 Teilnehmenden umfassten. Fünf dieser Reviews wurden als von hoher Qualität eingestuft. Die in unsere Übersicht eingeschlossenen Cochrane Reviews enthielten Daten zu sechs verschiedenen Medikamenten oder Medikamentengruppen: Paracetamol, NSAR (z.B. Ibruprofen), Muskelrelaxanzien (z.B. Cyclobenzaprin), Benzodiazepine (z.B. Diazepam), Opioide (z.B. Tapentadol) und Antidepressiva (z.B. Paroxetin). In fünf der Reviews litten die Studienteilnehmenden unter Kreuzschmerzen, die länger als sechs Wochen andauerten. Das Vertrauen in die Evidenz reichte von sehr niedrig bis hoch.
Für die Behandlung von akuten Kreuzschmerzen ermittelten wir, dass NSAR und Muskelrelaxanzien kurzfristig (bis zu drei Monate nach der Behandlung) schmerzlindernd wirken können. Allerdings können Muskelrelaxanzien auch mit unerwünschten Wirkungen einhergehen. Paracetamol hat keine Wirkung auf die Schmerzen oder auf das Auftreten von unerwünschten Wirkungen. In keinem der Reviews wurden Opioide oder Antidepressiva bewertet. Für die Behandlung von chronischen Kreuzschmerzen ermittelten wir, dass Opioide kurzfristig schmerzlindernd wirken können, jedoch gleichzeitig mit unerwünschten Wirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Verstopfung und Schwindel einhergehen können. NSAR können mittelfristig (länger als 3 Monate und bis zu 12 Monate nach der Behandlung) schmerzlindernd wirken, ohne mit unerwünschten Wirkungen einherzugehen. Antidepressiva haben keine Wirkung auf chronische Kreuzschmerzen. In keinem der Reviews wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Paracetamol bei chronischen Kreuzschmerzen bewertet.
Was schränkt die Evidenz ein?
Unser Vertrauen in die Evidenz ist begrenzt, weil einer der Reviews von moderater, ein anderer von geringer Qualität war. Zudem wurden sechs der Reviews vor über fünf Jahren veröffentlicht. Diese Reviews müssen aktualisiert werden.
Unser Vertrauen in die kurzfristig Wirkung von Paracetamol, NSAR und Muskelrelaxanzien auf die Schmerzen und Funktionsfähigkeit bei akuten Kreuzschmerzen ist immerhin moderat. Zu anderen Zeitpunkten und anderen Medikamenten (z.B. Opioide, Antidepressiva) liegt uns keine Evidenz vor, anhand derer informierte Behandlungsentscheidungen getroffen werden können.
Unser Vertrauen in die kurzfristige Wirkung von Paracetamol und Opioiden auf die Schmerzen und Funktionsfähigkeit bei chronischen Kreuzschmerzen ist immerhin moderat, in die Wirkungen anderer Medikamente (z.B. NSAR, Antidepressiva, Muskelrelaxanzien und Benzodiazepine) jedoch geringer. Zu den Faktoren, die das Vertrauen in die Ergebnisse einschränken, zählen Mängel in der Gestaltung der Studien (die Teilnehmenden wurden den Behandlungen nicht nach dem Zufallsprinzip zugeteilt, die Zuteilung zur Behandlung erfolgte nicht verdeckt und einige der Teilnehmenden hielten sich nicht an die verordnete Behandlung), die unzureichende Zahl von Studien oder Teilnehmenden und Unterschiede in der Durchführung der Behandlungen.
Die Definition von unerwünschten Wirkungen der Medikamente in den Reviews und ihre Berichterstattung hatte Schwächen, was die Bewertung der Sicherheit der verschiedenen Medikamente erschwerte. Es gibt nach wie vor deutliche Lücken in der Evidenzbasis für die Sicherheit von Medikamenten zur Behandlung von Kreuzschmerzen.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand von Juni 2022.
C. Braun, B. Schindler, freigegeben von Cochrane Deutschland.