Alternative Ansätze zur Organisation der Gesundheitsversorgung für ältere Erwachsene in Pflegeeinrichtungen

Was ist das Ziel dieses Reviews?

In diesem Cochrane Review wurde untersucht, ob alternative Versorgungsmodelle für Bewohner*innen von Altenpflegeeinrichtungen (APE) im Vergleich zur Standardversorgung eine verbesserte Versorgung bieten in Bezug auf Einweisungen in Notaufnahmen, ungeplante Krankenhauseinweisungen, unerwünschte Ereignisse, Einhaltung der in den Leitlinien empfohlenen Versorgung, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Sterblichkeit und Kosten. Bieten zum Beispiel die in alternativen Versorgungsmodellen eingesetzten multidisziplinären Teams eine bessere Versorgung von Bewohner*innen in APE im Vergleich zur Versorgung durch einzelne Fachpersonen (Standardversorgung)?

Kernaussagen

Im Vergleich zur Standardversorgung verringern alternative Versorgungsmodelle möglicherweise die Zahl der ungeplanten Krankenhauseinweisungen, aber beeinflussen möglicherweise die Zahl der Besuche in der Notaufnahme und die gesundheitsbezogene Lebensqualität der APE-Bewohner*innen nur geringfügig oder gar nicht. Wahrscheinlich wird auch die Sterblichkeit nur geringfügig oder gar nicht beeinflusst. Wir wissen nicht genau, wie sich alternative Versorgungsmodelle auf unerwünschte Ereignisse (z. B. Stürze, Druckgeschwüre, Infektionen) und die Einhaltung der in den Leitlinien empfohlenen Versorgung auswirken. Aufgrund der begrenzten, widersprüchlichen Datenlage sind wir uns nicht sicher, ob alternative Versorgungsmodelle kosteneffizient sind.

Die Studien unterschieden sich stark in Bezug auf die Interventionscharakteristika, die Settings der Gesundheitsversorgung und die Beschreibung der Standardversorgung, was viele Analysen in diesem Review einschränkte. Künftige Studien sollten eine detaillierte Beschreibung dessen liefern, was in ihrem Rahmen unter Intervention und üblicher Versorgung verstanden wird.

Was wurde in diesem Review untersucht?

Die Weltbevölkerung altert und die Zahl der Menschen, die in stationären APE leben, nimmt weltweit zu. Bewohner*innen von APE sind häufig gebrechliche, ältere Menschen, die an mehreren Krankheiten leiden und intensive medizinische Betreuung benötigen. Wenn ein APE nicht in der Lage ist, eine angemessene Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, werden die Bewohner*innen häufig zur Behandlung in ein Krankenhaus verlegt. Solche Verlegungen sind für die Bewohner*innen der APE und ihre Familien oft belastend und traumatisch und können zu erhöhten Kosten führen. Alternative Versorgungsmodelle, die auf eine besser koordinierte und zeitnahe Versorgung abzielen, sollen unnötige Krankenhauseinweisungen vermeiden und das Wohlbefinden der Bewohner*innen verbessern. Alternative Versorgungsmodelle können in der Implementierung teurer sein (z.B. durch die Beschäftigung von mehr Gesundheitspersonal), aber langfristig zu Kosteneinsparungen führen, z. B. wenn mehr Bewohner*innen in der APE betreut werden, wodurch kostspielige Krankenhausverlegungen vermieden werden. Die in diesem Review zusammengefasste Evidenz vergleicht die Wirkungen alternativer Versorgungsmodelle mit der Standardversorgung in Bezug auf die Zahl der Überweisungen in die Notaufnahme, ungeplante Krankenhauseinweisungen, unerwünschte Ereignisse, die Einhaltung der in klinischen Leitlinien empfohlenen Versorgung, die gesundheitsbezogene Lebensqualität, die Sterblichkeit und die Kosten (d. h.ob das Modell im Vergleich zur Standardversorgung ein besseres Preis-Leistungsverhältnis bietet).

Was sind die wesentlichen Ergebnisse dieses Reviews?

Wir identifizierten 40 Studien (mit insgesamt 21 787 Teilnehmenden; drei Studien machten keine Angaben zur Anzahl der Teilnehmenden), die in 15 Ländern durchgeführt wurden. Die Teilnehmenden der Studien unterschieden sich hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Bedürfnisse. In 11 Studien richtete sich das alternative Versorgungsmodell an alle APE-Bewohner*innen (mit unterschiedlichen gesundheitlichen Bedürfnissen/Grunderkrankungen). Andere Studien schlossen Bewohner*innen mit psychischen Erkrankungen oder Verhaltensproblemen ein (12 Studien), APE-Bewohner*innen mit einer bestimmten Erkrankung (z. B. Bewohner*innen mit Druckgeschwüren; 13 Studien) oder Bewohner*innen, die eine bestimmte Art von Versorgung benötigten (z. B. Bewohner*innen nach der Entlassung aus einem Krankenhaus; vier Studien). In den meisten Studien (31) konzentrierte sich das alternative Versorgungsmodell auf die "Koordinierung der Versorgung". In drei Studien konzentrierten sich die alternativen Versorgungsmodelle auf die Frage: „Wer führt die Versorgung durch?“ (z. B. Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachperson unter Verwendung eines Best-Practice-Leitfadens anstelle einer hausärztlichen Versorgung), und in zwei Studien konzentrierten sich die alternativen Versorgungsmodelle auf die Frage: „Wo wird die Versorgung erbracht?“ (d. h. Untersuchung alternativer Versorgungsorte, z. B. innerhalb oder außerhalb von APE). In vier Studien lag der Schwerpunkt der alternativen Versorgungsmodelle auf der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Versorgung der Bewohner*innen von APE. In allen Studien wurde das alternative Versorgungsmodell mit der Standardversorgung verglichen.

Wir stellten fest, dass alternative Versorgungsmodelle im Vergleich zur Standardversorgung die Zahl der Besuche in der Notaufnahme möglicherweise nur geringfügig oder gar nicht beeinflussen, dass aber möglicherweise die Zahl der ungeplanten Krankenhauseinweisungen verringert werden kann. Wir wissen nicht, welche Wirkungen alternative Versorgungsmodelle auf unerwünschte Ereignisse und die Einhaltung der in klinischen Leitlinien empfohlenen Versorgung im Vergleich zur Standardversorgung haben. Alternative Versorgungsmodelle haben möglicherweise nur geringe oder gar keine Wirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der APE-Bewohner*innen und wirken sich wahrscheinlich kaum oder gar nicht auf die Mortalität aus. Auf der Grundlage der Ergebnisse von fünf Studien, die vollständige ökonomische Bewertungen lieferten (alle alternativen Versorgungsmodelle konzentrierten sich auf die "Koordinierung der Versorgung"), sind wir uns nicht sicher, ob alternative Versorgungsmodelle kosteneffizienter sind als die Standardversorgung.

Was schränkt die Evidenz ein?

Unser Vertrauen in die Evidenz ist begrenzt, da die Teilnehmenden in den Studien wussten, welche Behandlung sie erhielten. Die Standardversorgung wurde in den meisten Studien nur unzureichend beschrieben. Standardversorgung unterscheidet sich je nach Land und Region. Deshalb fehlen uns oft Informationen, so dass es schwierig ist, die Vergleiche richtig zu interpretieren, in den richtigen Zusammenhang zu stellen und allgemeine Aussagen zu treffen. Nicht alle Studien lieferten Daten zu den Endpunkten, die wir bewerten wollten.

Wie aktuell ist dieser Review?

Die Autor*innen des Reviews suchten nach Studien, die bis Oktober 2022 veröffentlicht wurden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

N.-E. Denninger, A. Egger-Rainer, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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