Welchen Nutzen und Schaden haben direkte orale Antikoagulanzien, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern, nach einem Herzinfarkt?

Kernaussagen

• Im Vergleich zu Placebo (Scheinbehandlung) verringert Rivaroxaban nach einem Herzinfarkt die Zahl der Todesfälle aufgrund jeglicher Ursache (Gesamtsterblichkeit) und wahrscheinlich auch die Zahl der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen (kardiovaskuläre Sterblichkeit). Dabigatran verringert möglicherweise die Zahl der Todesfälle insgesamt, hat aber möglicherweise nur geringe oder gar keine Wirkungen auf kardiovaskuläre Todesfälle. Apixaban verringert nach einem Herzinfarkt wahrscheinlich die Gesamtsterblichkeit und kardiovaskuläre Todesfälle nicht wirksamer als Placebo.

• Apixaban und Rivaroxaban erhöhen das Risiko schwerer Blutungen im Vergleich zu Placebo.

• Es werden Studien benötigt, die die verschiedenen direkten oralen Antikoagulanzien direkt miteinander vergleichen.

Was ist ein Herzinfarkt?

Ein Herzinfarkt ist ein lebensbedrohliches Ereignis, bei dem die Blutzufuhr zum Herzmuskel plötzlich unterbrochen wird, was Gewebeschäden zur Folge hat. Die Wahl der besten Behandlung für Menschen nach einem Herzinfarkt bleibt in der klinischen Praxis eine Herausforderung. Trotz der Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern, die verhindern, dass Blutplättchen zusammenkleben und sich ein Blutgerinnsel bildet, besteht für Überlebende eines Herzinfarkts ein erhöhtes Sterberisiko.

Warum haben wir diesen Cochrane Review durchgeführt?

Das Ziel dieses Reviews war es zu untersuchen, ob die Kombination von direkten oralen Antikoagulanzien mit Thrombozytenaggregationshemmern nach einem Herzinfarkt sicherer und wirksamer ist als die alleinige Anwendung von Thrombozytenaggregationshemmern. Die neuen direkten oralen Antikoagulanzien helfen, die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern, indem sie die Blutgerinnungszeit verlängern oder die Art und Weise, wie die Gerinnung stattfindet, verändern.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die Nutzen und Risiken von direkten oralen Antikoagulanzien in Kombination mit einem Thrombozytenaggregationshemmer im Vergleich zu Placebo, einem Thrombozytenaggregationshemmern alleine oder beidem nach einem Herzinfarkt untersuchten.

Wie aktuell ist dieser Review?

Wir haben Studien bis September 2022 berücksichtigt.

Was fanden wir?

Wir schlossen sechs Studien ein, an denen 33.039 Personen teilnahmen: zwei Studien verglichen Apixaban mit Placebo, drei Studien verglichen Rivaroxaban mit Placebo und eine Studie verglich Dabigatran mit Placebo. In allen Studien erhielten die Teilnehmenden zusätzlich Thrombozytenaggregationshemmer. Wir verglichen die direkten oralen Antikoagulanzien mit Hilfe einer mathematischen Methode, der sogenannten Netzwerkmetaanalyse.

Was sind die Hauptergebnisse unseres Reviews?

Im Vergleich zu Placebo verringert Rivaroxaban nach einem Herzinfarkt in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern die Zahl der Todesfälle insgesamt und wahrscheinlich auch die Zahl der kardiovaskulären Todesfälle. Dabigatran verringert möglicherweise die Zahl der Todesfälle insgesamt (Gesamtsterblichkeit). Apixaban bietet im Vergleich zu Placebo möglicherweise keinen zusätzlichen Nutzen in Bezug auf Todesfälle jeglicher Ursache oder kardiovaskuläre Todesfälle. Allerdings erhöhen Apixaban und Rivaroxaban im Vergleich zu Placebo das Risiko schwerer Blutungen. Wir fanden keinen eindeutigen Unterschied zwischen den einzelnen Dosen der direkten oralen Antikoagulanzien in Bezug auf Tod oder schwere Blutungen. Apixaban (bei Berücksichtigung aller Dosierungen) scheint in der Prävention von Todesfällen jeglicher Ursache nach einem Herzinfarkt weniger effektiv zu sein als Rivaroxaban oder Dabigatran.

Was schränkt die Evidenz ein?

Unser Vertrauen in die Evidenz für Dabigatran ist begrenzt, weil die zugrunde liegende Studie weniger als 2000 Teilnehmende hatte und die Ergebnisse sowohl auf eine fehlende Wirkung als auch einen erheblichen Nutzen oder Schaden (oder beidem) hinweisen könnten. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz ist moderat für Apixaban und Rivaroxaban, da die Ergebnisse sowohl mit einer fehlenden Wirkung als auch mit einem erhebliche Nutzen oder Schaden vereinbar sind.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von September 2022.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

L.Gorenflo, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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