Wortschatztraining für Lernende einer Zweitsprache bis zu sechs Jahren

Kernaussagen

- Die in diesem Review enthaltenen Studien deuten darauf hin, dass Wortschatzinterventionen für L2-lernende Kinder den Wortschatzerwerb dieser Gruppe begünstigen. Sie haben aber wenig bis gar keine Auswirkungen auf ihr Hörverständnis, wobei die Evidenz sehr unsicher ist. Wortschatzinterventionen verbessern wahrscheinlich die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen.

- Es besteht ein Bedarf an mehr qualitativ hochwertiger Forschung, die L2-Lernende über einen längeren Zeitraum begleitet, um längerfristige Auswirkungen zu untersuchen. Dabei sollten auch Lernende außerhalb der USA eingeschlossen werden.

Warum ist dieser Review wichtig?

Eingeschränkte Fähigkeiten in der Zweitsprache (L2) können sich negativ auf die schulischen Leistungen auswirken, da Wortschatzkenntnisse in der Unterrichtssprache für das Leseverständnis, das Lernen in der Klasse und die Integration von zentraler Bedeutung sind. Im Erwachsenenalter ist das Beherrschen der Gemeinschaftssprache (neben fortbestehenden Kompetenzen in der Erstsprache, L1) ein wichtiger Faktor für Beruf, gute Beziehungen und gesellschaftliche Teilhabe.

Was war das Ziel dieses Reviews?

Das Hauptziel war die Untersuchung der unmittelbaren und langfristigen Auswirkungen von Wortschatzinterventionen für L2-Lernende im Alter von bis zu sechs Jahren auf Wortschatz und sozial-emotionales Wohlbefinden (die Fähigkeit, Emotionen zu verstehen und zu bewältigen, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen sowie andere zu verstehen und sich in sie einzufühlen). Das sekundäre Ziel war es, die Zusammenhänge zwischen L2-Wortschatzinterventionen und den allgemeinen Merkmalen der L2-Lernenden (z.B. Alter, L2-Exposition und L1-Kenntnisse) zu untersuchen.

Was wurde in diesem Review untersucht?

Wir haben randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) einbezogen. Eine RCT ist eine Studie, bei der die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip (z. B. durch Münzwurf) zwei oder mehreren Behandlungsgruppen zugewiesen werden. Auf diese Weise kann am besten sichergestellt werden, dass sich die Gruppen der Teilnehmenden gleichen und dass weder Untersuchende noch Teilnehmende wissen, wer zu welcher Gruppe gehört. Die Vergleichsgruppe bestand aus Kindern, die eine Standardbehandlung erhielten. Es gab keine Ausschlusskriterien im Bezug auf L1 oder L2 Sprache oder Wohnort der teilnehmenden Kinder.

Was sind die Hauptergebnisse des Reviews?

Dieser Review stützte sich auf 12 Studien mit 1943 Kindern. Sieben Studien wurden in den USA durchgeführt, die übrigen Studien wurden in Kanada, China, den Niederlanden und Norwegen durchgeführt. Die von den L2-Lernenden gesprochenen Sprachen waren unterschiedlich.

Die häufigste Intervention zum Erlernen des L2-Wortschatzes bei Kindern war das gemeinsame Lesen von Büchern mit einer vordefinierten Liste an Zielwörtern. Zu den weiteren sprachlichen Aktivitäten gehörten die Verwendung dieser Wörter in verschiedenen Kontexten, in Sätzen und das Zuordnen der Lautstruktur der neuen Wörter. Gelegentlich umfassten die Interventionen dieselben Vokabeln in der L1 des Kindes.

In den Studien wurde die Intervention mit Standardmaßnahmen verglichen. Die Standardmaßnahmen waren je nach Umfeld und örtlichen Bedingungen in den einzelnen Ländern oder (Vor-)Schulen unterschiedlich.

Der Review legt nahe, dass es im Vergleich zur Standardmaßnahmen nicht klar ist, ob eine Wortschatzintervention für L2-Lernende irgendeine Auswirkung auf die Verwendung von L2-Wörtern hat, die in der Intervention gelehrt werden, da wir nur wenig Vertrauen in die Ergebnisse haben. Die Wortschatzintervention kann das Sprachverständnis der Kinder von L2-Wörtern, die in der Intervention nicht gelehrt wurden, leicht verbessern, macht aber wahrscheinlich wenig bis keinen Unterschied bei der aktiven Verwendung von L2-Wörtern, die in der Intervention nicht gelehrt wurden.

Sie scheint wenig bis gar keine Auswirkungen auf das L2-Hörverständnis zu haben, kann aber die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen, leicht verbessern.

Wir haben sehr wenig bis moderates Vertrauen in die Evidenz, vor allem weil es nicht genügend Studien gibt, um sich über die Ergebnisse der Endpunkte sicher zu sein.

Mögliche unerwünschte Wirkungen konnten wir nicht untersuchen, da die Studien darüber nicht berichteten. Auch zu unserem zweiten Ziel, dem sozial-emotionalen Wohlbefinden, konnten wir aufgrund mangelnder Daten keine Schlussfolgerungen ziehen.

Wie aktuell ist dieser Review?

Die Evidenz ist auf dem Stand von Dezember 2022.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Barth, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Schweiz

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