Kernaussagen
- Eine kombinierte mechanische (mit Abführmitteln) und orale antibiotische Darmvorbereitung verringert wahrscheinlich das Auftreten von Infektionen des Operationsgebietes (Wundinfektionen und Infektionen der Bauchhöhle) sowie die Wahrscheinlichkeit einer Anastomoseninsuffizienz (Undichtigkeit der Nahtverbindung des Darms) im Vergleich zur alleinigen mechanischen Darmvorbereitung.
- Orale Antibiotika allein könnten ebenso wirksam sein wie eine kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung, aber das lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht eindeutig feststellen.
- Ob keine Darmvorbereitung im Vergleich zu einer kombinierten mechanischen und oral antibiotischen Darmvorbereitung einen Einfluss auf das Auftreten von postoperativen Komplikationen hat, konnte anhand der vorliegenden Daten nicht festgestellt werden.
Was ist der Zweck der präoperativen Darmvorbereitung?
Aufgrund der natürlichen bakteriellen Besiedlung des Dickdarms kommt es nach Operationen, bei denen der Dickdarm eröffnet wird, häufiger zu Infektionen der Operationsstelle. Um diesen Infektionen vorzubeugen, soll die präoperative Darmvorbereitung die fäkale Kontamination des Darms und die bakterielle Besiedlung verringern.
Wie wird die Darmvorbereitung durchgeführt?
Die präoperative Darmvorbereitung kann mechanisch erfolgen, indem Abführmittel zur Darmspülung verwendet werden, oder durch die Einnahme von oralen Antibiotika, die zu einer lokalen Dekontamination führen. Diese beiden Methoden können entweder allein oder in Kombination durchgeführt werden.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob eine kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung im Vergleich zu einer alleinigen mechanischen oder oral antibiotischen Darmvorbereitung oder keinerlei Darmvorbereitung eine Wirkung auf folgende Aspekte hat:
- das Auftreten von Infektionen an der Operationsstelle
- das Auftreten von Anastomoseninsuffizienz
Außerdem wollten wir herausfinden, ob die kombinierte Darmvorbereitung einen Einfluss auf die Sterblichkeit, das Auftreten von leichten oder schweren postoperativen Komplikationen, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines postoperativen Ileus (Darmmotilitätsstörung) oder die Dauer des Krankenhausaufenthalts hat. Zusätzlich wollten wir untersuchen, ob sich die Nebenwirkungen der Darmvorbereitungsmaßnahmen zwischen der Kombinationstherapie und der alleinigen mechanischen, der alleinigen oral antibiotischen oder keiner Darmvorbereitung unterscheiden.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, die eine kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung mit einer alleinigen mechanischen, alleinigen oral antibiotischen oder keiner Darmvorbereitung bei Patient*innen vergleichen, bei denen eine Kolon- oder Rektumresektion geplant war.
Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen, verglichen sie und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Größe der Studien.
Was fanden wir heraus?
Wir schlossen 21 Studien mit Patient*innen ein, bei denen eine Kolon- oder Rektumresektion geplant war. Diese wurden entweder einer Gruppe, die eine kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung erhielt, oder einer Vergleichsgruppe zugeteilt. Die Vergleichsgruppe erhielt in 17 Studien eine rein mechanische Darmvorbereitung, in drei Studien eine rein oral antibiotische Darmvorbereitung und in einer Studie überhaupt keine Darmvorbereitung. Alle Teilnehmenden erhielten während der Operation eine intravenöse Antibiotikaprophylaxe. Die Studien umfassten insgesamt 5968 Teilnehmende, von denen 5264 ausgewertet wurden.
Die meisten dieser Studien wurden in europäischen und asiatischen Industrieländern durchgeführt. Die Darmvorbereitung erfolgte ein bis drei Tage vor der Operation, die Nachbeobachtungszeit betrug in den meisten Studien 30 Tage. Keine der Studien gab an, von der Industrie finanziert worden zu sein. Allerdings machten nur fünf der 21 Studien Angaben zu ihrer Finanzierung.
Insgesamt waren etwas mehr Männer (58%) als Frauen (42%) einbezogen. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmenden lag zwischen 42 und 69 Jahren.
Wir fanden Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit, dass eine kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung wahrscheinlich das Risiko von Infektionen an der Operationsstelle und Anastomoseninsuffizienz verringert, ohne die Sterblichkeit, das Auftreten eines postoperativen Ileus oder die Dauer des Krankenhausaufenthalts zu beeinflussen.
Beim Vergleich der kombinierten Darmvorbereitung mit der allein oral antibiotischen Darmvorbereitung oder Patient*innen ohne Darmvorbereitung fanden wir Evidenz von geringer Vertrauenswürdigkeit, dass es wenig bis keine Unterschiede zwischen den verglichenen Maßnahmen gibt.
Was schränkt die Evidenz ein?
Es gibt verschiedene Gründe, warum unser Vertrauen in die Evidenz begrenzt ist.
Wir sind mäßig zuversichtlich, was die Evidenz hinsichtlich der Verringerung von Infektionen an der Operationsstelle durch eine kombinierte mechanische und orale antibiotische Darmvorbereitung angeht, da unterschiedliche chirurgische Strategien (in Bezug auf den chirurgischen Zugang und die Art und Lokalisation der Darmresektion) und auch unterschiedliche Methoden der Darmvorbereitung (in Bezug auf Wirkstoff, Dosis und Zeitpunkt) verwendet wurden. Auch in Bezug auf die Verringerung der Anastomoseninsuffizienz durch die kombinierte mechanische und oral antibiotische Darmvorbereitung sind wir nur mäßig zuversichtlich, da in den eingeschlossenen Studien nur wenige Fälle auftraten.
Was den Vergleich der Kombinationstherapie mit der alleinigen Verwendung oraler Antibiotika zur Darmvorbereitung betrifft, so haben wir wenig Vertrauen in die Evidenz, da nicht genügend Studien diese Frage untersucht haben. Darüber hinaus gibt es einige Bedenken hinsichtlich der in den Studien verwendeten Methoden.
Da es für den Vergleich einer kombinierten Darmvorbereitung mit keiner Darmvorbereitung nur eine Studie gibt, haben wir in die Evidenz für diesen Vergleich ebenfalls nur geringes Vertrauen.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Es wurden Studien bis Dezember 2021 berücksichtigt.
B. Schindler, M. Willis, freigegeben durch Cochrane Deutschland