Steroide zum Einnehmen und als Nasenspray für Kinder bei Otitis media mit Erguss (OME oder "Leimohr")

Kernaussagen

Die Einnahme von Steroiden als Tabletten oder Sirup (durch den Mund) hat bei Kindern mit Leimohr möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf das Hörvermögen und die Lebensqualität. Steroide verringern möglicherweise die Zahl der Kinder, die nach 6 bis 12 Monaten ein Leimohr haben. Wir wissen aber nicht, wie groß dieser Effekt ist.

Auch die Verwendung eines Steroid-Nasensprays verbessert das Hörvermögen oder die Lebensqualität möglicherweise nur geringfügig oder gar nicht. Die Evidenz ist jedoch unsicher. Es ist außerdem unklar, ob Steroid-Nasensprays die Zahl der Kinder mit Leimohr über längere Zeiträume beeinflussen.

Da es an belastbarer Evidenz mangelt, ist unklar, wie vielen Kindern diese Behandlung möglicherweise schadet. Werden orale Steroide bei anderen Erkrankungen und über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt, können sie unerwünschte Wirkungen wie Knochenschwund verursachen. Diese potenziell schädlichen Wirkungen sollte bei der Entscheidung für oder gegen den Einsatz dieser Behandlungen berücksichtigt werden.

Was ist OME?

Das Leimohr (oder "Otitis media mit Erguss", OME) ist eine häufige Erkrankung bei Kleinkindern. Dabei sammelt sich im Mittelohr Flüssigkeit an, die das Hörvermögens beeinträchtigen kann. Als Folge eines schlechten Hörvermögens können Kinder Verhaltensstörungen entwickeln und ihre Sprachentwicklung kann sich verzögern.

Wie wird OME behandelt?

In den meisten Fällen ist eine OME nicht behandlungsbedürftig und die Symptome werden mit der Zeit von alleine besser. Bei Kindern mit persistierender OME wurden verschiedene Behandlungsmöglichkeiten untersucht, darunter Medikamente oder chirurgische Eingriffe.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob Steroide für Kinder mit OME besser sind als Placebo (Scheinbehandlung) oder keine Behandlung.

Wir wollten auch herausfinden, ob es unerwünschte Wirkungen bei der Anwendung von Steroiden gibt.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, in denen Steroide (Tabletten oder Nasenspray) mit Placebo oder keiner Behandlung bei Kindern mit OME verglichen wurden. Wir verglichen und fassten die Studienergebnisse mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz, basierend auf Faktoren wie Studienmethoden und Größe der Studien.

Was fanden wir?

Wir fanden 26 Studien, an denen 2770 Kinder teilnahmen.

Steroide zum Einnehmen im Vergleich zu Placebo

Orale Steroide haben wahrscheinlich nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Anzahl der Kinder, die nach einem Jahr Nachbeobachtung ein normales Hörvermögen haben. Bei 69,7 % der Kinder, die Steroide erhielten, und 61,1 % der Kinder, die ein Placebo erhielten, wurde ein normales Hörvermögen festgestellt. Auch in Bezug auf die Lebensqualität (im Zusammenhang mit dem Leimohr) gibt es wahrscheinlich keine oder nur sehr geringe Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Die Evidenz deutet darauf hin, dass orale Steroide die Zahl der Kinder, die nach 6 bis 12 Monaten Nachbeobachtung noch ein Leimohr haben, möglicherweise reduzieren. Die Ergebnisse der Studien waren jedoch sehr unterschiedlich - wir wissen also nicht, wie groß der Effekt tatsächlich ist. Die Evidenz zu den Nebenwirkungen von Steroiden, die als Tabletten eingenommen wurden, war unsicher. Deshalb konnten wir nicht feststellen, wie hoch das Risiko von Nebenwirkungen ist.

Steroide zum Einnehmen im Vergleich zu keiner Behandlung

Wir fanden für diesen Vergleich weniger Studien; es gab keine Informationen über das Hörvermögen oder die Lebensqualität. Nach bis zu neun Monaten ist der Unterschied bei der Zahl der Kinder, die immer noch ein Leimohr haben, gering oder gleichbleibend (74,5 % der Kinder, die Steroide erhielten, im Vergleich zu 73 % der Kinder, die keine Behandlung erhielten). Auch hier war die Evidenz zu den Nebenwirkungen unsicher.

Steroide als Nasenspray im Vergleich zu Placebo

Wir sind uns nicht sicher, ob Steroide als Nasenspray eine Wirkungen auf das Hörvermögen haben, da die Evidenz unsicher ist. Nach einer Nachbeobachtungszeit von neun Monaten haben Steroide als Nasenspray möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Lebensqualität. Wir sind uns nicht sicher, ob Steroide als Nasenspray die Anzahl der Kinder mit persistierendem Leimohr bis zu einem Jahr nach Therapiebeginn beeinflussen, da die Evidenz aus zwei Studien widersprüchlich war. Wir sind uns nicht sicher, ob bei dieser Behandlung ein Risiko für Schäden besteht, da in den Studien nicht eindeutig über Nebenwirkungen berichtet wurde.

Steroide als Nasenspray im Vergleich zu keiner Behandlung

Wir haben nur Informationen zum Hörvermögen über eine Nachbeobachtung von bis zu vier Wochen, was möglicherweise nicht lang genug ist, um diese Behandlung angemessen zu untersuchen. In diesem Stadium gibt es jedoch möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Unterschied im Hörvermögen zwischen Kindern, die Steroide als Nasenspray erhalten, und solchen, die nicht behandelt werden. Wir wissen auch nicht, ob Steroide als Nasenspray die Anzahl der Kinder mit anhaltendem Leimohr nach acht Wochen beeinflussen. Wir haben in diesen Studien keine Informationen zur Lebensqualität oder zu den unerwünschten Wirkungen der Behandlung gefunden.

Was schränkt die Evidenz ein?

In den Studien wurden viele verschiedene Arten von Medikamenten über unterschiedlich lange Zeiträume eingesetzt. Wir wissen nicht, ob manche von ihnen wirksamer sind als andere. Wir haben keine gute Evidenz für die unerwünschten Wirkungen dieser Behandlungen, aber sie könnten bei einigen Kindern Probleme verursachen.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von Januar 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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