Intrathekales Baclofen zur Behandlung von Spastizität bei Kindern mit Zerebralparese

Spastizität oder Spastik, also eine Erhöhung des Muskeltonus, ist die häufigste Bewegungsstörung bei Kindern mit Zerebralparese. Baclofen ist ein Medikament, das auf Rezeptoren in Gehirn und Rückenmark Einfluss nimmt, um den abnormen Muskeltonus zu verringern. Es wurde viele Jahre als oral (durch den Mund) einzunehmendes Medikament verwendet. Die Nachteile einer oralen Verabreichung bestehen darin, dass nur eine geringe Menge des Medikaments die Blut-Hirn-Schranke durchdringt, um überhaupt eine Wirkung ausüben zu können, und dass die Dosis beschränkt ist durch die unerwünschte Nebenwirkung übermäßiger Sedierung (beruhigender Wirkung). Durch die Verabreichung von Baclofen in die Flüssigkeit, die das Rückenmark umgibt, lassen sich diese Probleme umgehen. Bei dieser sogenannten intrathekalen Baclofen-Therapie wird eine Pumpe unter die Haut implantiert. Diese ist mit einem Katheter verbunden, der durch die Membranen um das Rückenmark hindurch das Baclofen direkt in die Flüssigkeit um Rückenmark und Gehirn (Liquor) leitet.

Dieser Review kommt zu dem Schluss, dass bisher durchgeführte Studien eine kleine Evidenz dafür liefern, dass intrathekales Baclofen eine wirksame Behandlung zur kurzfristigen Verringerung von Spastizität bei Kindern mit Zerebralparese ist. Die langfristige Wirkung von intrathekalem Baclofen auf die Spastizität bei Kindern mit Zerebralparese ist weniger eindeutig.

Zwei Kurzzeitstudien (durchgeführt von denselben Forschern) zeigen eine Verringerung der Spastizität, aber eine einzelne Studie über einen längeren Zeitraum liefert minimale Evidenz für eine verringerte Spastizität durch den Einsatz von intrathekalem Baclofen. Zwei weitere Kurzzeitstudien zeigten ebenfalls eine Verringerung der Spastizität durch den Einsatz von intrathekalem Baclofen; da jedoch die Autoren ungeeignete Methoden der Datenanalyse verwendeten, ist nicht sicher, ob die Ergebnisse gültig sind. Alle Studien wurden mit wenigen Teilnehmern durchgeführt, was die Zuverlässigkeit der Ergebnisse schmälert.

Unsere Suche ergab außerdem Evidenz aus einer Kurzzeitstudie und einer Studie über einen längeren Zeitraum (wieder von denselben Forschern), dass die intrathekale Baclofen-Therapie Komfort, Pflegekomfort und einige Aspekte der Lebensqualität bei Kindern mit Zerebralparese verbessert. Die Ergebnisse der längerfristigen Studie könnten jedoch davon beeinflusst sein, dass sowohl die Teilnehmer als auch die Forscher wussten, ob sie eine Behandlung erhielten oder der Kontrollgruppe zugewiesen waren. Dieselbe Studie kam auch zu dem Ergebnis, dass intrathekales Baclofen die grobmotorischen Funktionen bei Kindern mit Zerebralparese etwas verbessert, aber auch hier könnten die Ergebnisse durch die Art der Studiendurchführung beeinflusst worden sein.

Weitere Evidenz für die Alltagswirksamkeit von intrathekalem Baclofen in der Behandlung von Spastizität von anderen Forschern ist erforderlich, um diese Ergebnisse zu validieren.

Die randomisierten kontrollierten Kurzzeitstudien liefern geringe Evidenz zu Sicherheit und wirtschaftlichen Implikationen dieser Behandlung, während eine Langzeittherapie über ein implantiertes Gerät verabreicht wird. Aus denselben Gründen konnten wir zu keiner Schlussfolgerung darüber kommen, ob der spätere Bedarf an orthopädischen Operationen sich bei Kindern unter intrathekaler Baclofen-Therapie ändert.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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