Worum geht es?
Wie genau ist der neue Test (Genom-basierter nicht-invasiver Pränataltest (gNIPT)), um anhand des im Blut der Mutter gefundenen genetischen Materials (DNA) eines Ungeborenen eine abweichende Anzahl an Chromosomen zu bestimmen? Wir haben die Genauigkeit zur Erkennung des Down-Syndroms (Trisomie 21), Edward-Syndroms (Trisomie 18), Patau-Syndroms (Trisomie 13), Turner-Syndroms (45,X), Klinefelter-Syndroms (47, XXY), Triple-X-Syndroms (47, XXX) und 47, XYY-Syndroms untersucht. Zurzeit werden verschiedene Methoden für den gNIPT verwendet. Wir haben MPSS (massively parallel shotgun sequencing), welche die ganze DNA testet, und TMPS (targeted massively parallel sequencing), welche nur bestimmte Teile der DNA testet, untersucht.
Hintergrund
Menschen besitzen 46 Chromosomen (23 Paare). Abweichungen in der Anzahl der Chromosomen können unheilbare genetische Erkrankungen auslösen. Das Vorliegen eines überzähligen Chromosoms nennt sich Trisomie und eine abweichende Anzahl an Geschlechtschromosomen (zu viele oder zu wenige) heißt Geschlechtschromosomenanomalie. Die am häufigsten auftretende Trisomie ist das Down-Syndrom, das ungefähr eines von 1000 Kindern betrifft. Kinder mit Down-Syndrom wachsen langsamer, weisen charakteristische Gesichtszüge und eine leichte bis mittlere geistige Behinderung auf, weshalb einige Kinder später spezielle Förderung benötigen. Die Symptome variieren jedoch von mild bis schwerwiegend, sodass einige Kinder ein relativ normales Leben führen können. Andere Formen von Trisomie und Geschlechtschromosomenanomalie rufen unterschiedliche Grade an Behinderung hervor. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind davon betroffen ist, ist aber viel geringer.
Derzeitige Tests zur Pränataldiagnostik dieser Erkrankungen benötigen bei positivem Resultat eine Bestätigung, ob das Ungeborene betroffen ist oder nicht. Dazu wird ein invasiver Test wie die Amniozentese durchgeführt. Bei der Amniozentese werden fetale Zellen aus dem Fruchtwasser, welches das Ungeborene umgibt, mithilfe einer dünnen Nadel, die durch die Bauchwand der Mutter eingeführt wird, entnommen. Alternativ kann Gewebe von der Plazenta entnommen werden (Chorionzottenbiopsie). Diese invasiven Tests bergen ein höheres Risiko für Fehl- oder Frühgeburten, auch wenn das Ungeborene nicht von Down-Syndrom betroffen ist. Deshalb werden diese invasiven Tests nur Schwangeren vorgeschlagen, bei denen eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass ihr Ungeborenes betroffen sein könnte.
Was wir getan haben
Uns interessierten Studien mit Frauen jeden Alters, jeder Ethnie und in jeder Schwangerschaftswoche, die einzelne Kinder oder Mehrlinge austragen. Wir suchten nach Studien (bis Juli 2016), welche die Genauigkeit des neuen Tests untersuchten.
Ergebnisse
Wir haben 65 Studien mit insgesamt 86.139 Schwangeren mit 3.141 betroffenen Schwangerschaften gefunden. An 42 Studien (65%) nahmen Schwangere mit einem hohen Risiko für Kinder mit einer abweichenden Chromosomenanzahl teil. Achtundvierzig Studien (74%) untersuchten Frauen mit Einlingsschwangerschaften. In 44 Studien (68%) wurde MPS und in 21 Studien (32%) TMPS eingesetzt.
Die Früherkennung mittels gNIPT scheint bei Ungeborenen (Einlinge wie Mehrlinge) genau zu sein, insbesondere bei der Erkennung von Down-Syndrom, Trisomie 18 und Trisomie 13. Es gab jedoch einige Probleme mit der Art und Weise, wie die Studien durchgeführt wurden; deshalb beurteilen wir unsere Ergebnisse mit Vorsicht. Dies könnte dazu führen, dass es erscheint, der gNIPT würde bessere Resultate erzielen, als es tatsächlich der Fall ist.
Weitere wichtige Informationen, die zu berücksichtigen sind
Die gNIPT-Methode scheint eine von der Norm abweichende Chromosomenanzahl bei Ungeborenen zuverlässig zu identifizieren. Doch wenn ein gNIPT eine Abweichung von der normalen Chromosomenanzahl feststellt, ist trotzdem ein invasiver Test (z.B. Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie) zur Bestätigung notwendig, bevor Entscheidungen in Bezug auf die Schwangerschaft getroffen werden können.
Es ist wichtig, dass Schwangere umfänglich über mögliche Gesundheitsprobleme informiert werden, die für das Kind durch ein zusätzliches Chromosom entstehen könnten. Beispielsweise leiden einige Kinder mit Down-Syndrom an beträchtlichen Behinderungen, während andere ein relativ normales Leben führen. Die meisten Studien in diesem Review beziehen sich zudem auf Schwangere, deren Ungeborene eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine abweichende Chromosomenanzahl besitzen. Daher lassen sich unsere Ergebnisse nicht direkt auf alle Schwangeren übertragen.
A. Buchli und C. Loytved, freigegeben durch Cochrane Schweiz