Was sind chirurgische Wundinfektionen und wer ist gefährdet?
Die unbeabsichtigte Übertragung von Mikroorganismen wie Bakterien in die Wunde eines Patienten während einer Operation kann zu einer Wundinfektion führen, die oft als chirurgische Wundinfektion bezeichnet wird. Sie gehört zu den häufigsten Formen der therapieassoziierten Infektionen bei Chirurgiepatienten. Bei rund einem von 20 Chirurgiepatienten kommt es im Krankenhaus zu einer chirurgischen Wundinfektion und die Rate ist noch höher, wenn die Patienten nach der Operation nach Hause gehen. Chirurgische Wundinfektionen führen zu einer verzögerten Wundheilung, verlängerten Krankenhausaufenthalten, einem verstärkten Einsatz von Antibiotika, unnötigen Schmerzen und in extremen Fällen zum Tod des Patienten. Ihre Verhinderung ist daher ein zentrales Ziel im Gesundheitswesen.
Gründe für die Händedesinfektion vor der Operation
Es gibt viele verschiedene Punkte in der Behandlung, an denen chirurgischen Wundinfektionen vorgebeugt werden kann. Dazu gehört die antiseptische Reinigung der Hände für alle, die an der Operation des Patienten beteiligt sind. Auf der chirurgischen Händedesinfektion liegt auch das Hauptaugenmerk dieses Reviews. Die beiden häufigsten Arten der Händedesinfektion sind wässrige Waschlösungen und alkoholbasierte Desinfektionsmittel zum Einreiben. Wässrige Waschlösungen enthalten antiseptische Bestandteile wie Chlorhexidingluconat oder Povidon-Jod. In der Waschphase werden Hände und Unterarme mit Wasser befeuchtet, dann wird entweder mit den Händen oder mit Schwämmen systematisch eine Waschlösung aufgetragen, unter fließendem Wasser abgespült und der ganze Vorgang noch einmal wiederholt. Alkoholbasierte Lösungen mit zusätzlichen Wirkstoffen werden für die alkoholische Einreibetechnik verwendet. Chirurgenteams bringen dabei die alkoholische Reinigungslösung systematisch auf ihre Hände auf und lassen sie verdunsten. Alkohol wirkt gegen eine Vielzahl von Bakterien und andere Mikroorganismen. Nach der Händedesinfektion legen die Operateure Handschuhe an, die eine wichtige Barriere zwischen den Operateuren und dem Patienten bilden; da Handschuhe jedoch während des Eingriffs beschädigt werden können, müssen die Hände so keimfrei wie möglich sein.
Ergebnisse
Im Juni 2015 suchten wir nach möglichst vielen relevanten Studien mit robustem Aufbau (randomisierte kontrollierte Studien) und verglichen unterschiedliche Arten der Händedesinfektion vor der Operation. Wir schlossen 14 Studien ein, in denen eine Reihe von Methoden zur chirurgischen Händedesinfektion verglichen wurden. Die beiden Parameter, die für die Bewertung der Alltagswirksamkeit von Behandlungen herangezogen wurden, waren die Anzahl der Fälle von chirurgischen Wundinfektionen bei Patienten (vorgestellt in vier der eingeschlossenen Studien) und die Anzahl lebensfähiger Bakterien- oder Pilzzellen (als koloniebildende Einheiten [KbE] bezeichnet) auf der Hand der operierenden Person vor und nach dem Eingriff (es handelt sich dabei um eine Möglichkeit, die Bakterien auf der Hautoberfläche zu zählen). Es ist nicht eindeutig, ob die Methode der Händedesinfektion das Risiko für chirurgische Wundinfektionen beeinflusst, da die meisten Studien zu klein waren und Schwächen aufwiesen. Es gab einige Evidenz dafür, dass die Händedesinfektion mit Chlorhexidin im Vergleich zu Povidon-Jod die Anzahl von Bakterien auf den Händen von Gesundheitsfachleuten verringert. Wichtig ist jedoch, dass wir nicht wissen, was die Anzahl von KbE auf den Händen uns über die Wahrscheinlichkeit verrät, dass es bei Patienten zu einer chirurgischen Wundinfektion kommt. Es gab auch einige Evidenz dafür, dass alkoholische Reinigungslösungen mit zusätzlichen antiseptischen Inhaltsstoffen im Vergleich mit wässrigen Waschlösungen die Anzahl der KbE verringern können.
Dieser Review ist auf dem Stand vom Juni 2015.
S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Schweiz.