Hintergrund
Die Hautleishmaniose der „Alten Welt“ (auch „Orientbeule“ genannt) ist eine durch Parasiten, sogenannte Leishmanien, hervorgerufene Infektion, die durch den Stich von Sandmücken auf den Menschen übertragen wird. Es handelt sich um eine schwerwiegende Hauterkrankung, die mit einem breiten Spektrum von Krankheitszeichen, Symptomen und Schweregraden verbunden ist. Wir wollten die Wirksamkeit und Sicherheit aller verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten für die Hautleishmaniose der „Alten Welt“ ermitteln.
Fragestellung
Wir untersuchten Teilnehmer mit einer gesunden Immunantwort, bei denen die Hautleishmaniose der „Alten Welt“ anhand von Labormethoden diagnostiziert wurde. Die Behandlungen mussten entweder allein oder in Kombination mit einer anderen Behandlung verabreicht werden und wurden mit keiner Behandlung, einem Placebo (einer inaktiven, wirkstofffreien Substanz), oder einer anderen aktiven (wirkstoffhaltigen) Behandlung verglichen. Einige der uns interessierenden wichtigsten Endpunkte waren der prozentuale Anteil abgeheilter Wunden nach Behandlungsende, die Anzahl vollständig geheilter Teilnehmer nach Behandlungsende, die Heilungsgeschwindigkeit, Nebenwirkungen der Behandlung sowie die Befreiung von den Parasiten (d. h. von der Infektion).
Studienmerkmale
Wir begutachteten 89 klinische Studien, die insgesamt 10.583 Personen mit Hautleishmaniose der „Alten Welt“ einschlossen. Wir schlossen Teilnehmer beider Geschlechter und aller Altersstufen (Durchschnitt 24,5 Jahre) ein; die meisten Teilnehmer waren älter als 18 Jahre. Die meisten Studien wurden in einzelnen Zentren in verschiedenen Ländern durchgeführt, hauptsächlich in Fern- und Nahost, und dauerten zwischen zwei und sechs Monaten. Wir schlossen eine Vielzahl von Behandlungen ein, darunter Antimonate, Antimykotika und Antibiotika, die entweder direkt auf die Haut oder Wunde aufgetragen, oral (über den Mund) eingenommen oder physikalisch (z.B. mit einer Laser-Behandlung, Wärmetherapie) angewendet wurden. Die meisten der eingeschlossenen Studien untersuchten die Hautleishmaniose der „Alten Welt“ aufgrund von zwei Parasitenarten, Leishmania major (L. major) und Leishmania tropica (L. tropica).
Hauptergebnisse
Die Evidenz ist auf dem Stand von November 2016.
Zwei der wichtigsten Behandlungen, die wir in diesem Review begutachteten, waren Itraconazol, eine orales Antimykotikum (Anti-Pilz-Mittel), und Paromomycin, ein als Salbe angewendetes Antibiotikum. Die Studien verglichen beide Behandlungen mit einer Placebotablette oder einer wirkstofffreien Creme.
Die Teilnehmer erhielten entweder 200 mg Itraconazol für sechs bis acht Wochen oder Paromycinsalbe mit einer Wirkstoffkonzentration von 15% mit 10% Urea, zweimal täglich für 14 Tage.
Bei der Nachuntersuchung durchschnittlich 2,5 Monaten nach der Behandlung waren mehr Teilnehmer in der Itroconazolgruppe geheilt und von den die Infektion verursachenden Parasiten befreit als in der Placebogruppe, allerdings litten sie auch häufiger an Nebenwirkungen (leichte Magenschmerzen, Übelkeit, Leberfunktionsstörung sowie Kopfschmerzen und Schwindel).
Beim Vergleich der Paromycinsalbe mit Placebo gab es durchschnittlich 2,5 Monaten nach der Behandlung keine Unterschiede in der Anzahl der vollständig geheilten oder der Anzahl der von den Parasiten befreiter Teilnehmer, allerdings traten in der Paromycingruppe häufiger Hautreaktionen (z.B. Schwellungen, Blasenbildung, Schmerzen, Rötung oder Juckreiz) auf.
Da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für diese Endpunkte bei diesen speziellen Vergleichen sehr niedrig war, ist die Richtigkeit der Ergebnisse nicht sicher.
Keine unserer beiden wichtigsten Behandlungsvergleiche überprüfte den prozentualen Anteil abgeheilter Wunden nach Behandlungsende und die Heilungsgeschwindigkeit (d.h. die Zeit bis zur Heilung).
Qualität der Evidenz
Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für die verschiedenen Endpunkte in den beiden Hauptvergleichen war insgesamt sehr gering. Wesentliche Gründe hierfür waren die fehlende Verblindung der Studien oder die geringe Studiengröße, wodurch die Ergebnisse weniger präzise sind. Ein Teil der Evidenz fokussierte auf jungen Menschen und die Ergebnisse variierten erheblich zwischen den einzelnen Studien.
Es bedarf weiterer Forschung, um die folgenden Wissenslücken zu füllen: 1) Studien zur Hautleishmaniose der „Alten Welt“ aufgrund anderer Infektionsarten wie L. infantum, L. aethiopica oder L. donovani; 2) der Einbezug spezifischer Untergruppen wie Kinder; 3) die Überprüfung der Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener anti-Leishmania-Medikamente verglichen mit Placebo in selbstlimitierenden Formen von Leishmaniose oder mit dem Mittel der Wahl in kompliziert verlaufenden Formen (definiert als mehr als vier Hautläsionen grösser als 4 cm, in der Nähe von Körperöffnungen oder kleinen Gelenken, bei denen vorherige Behandlungen fehlschlugen); und 4) die Überprüfung von Wundheilung und patientenberichteten Endpunkte wie z.B. der Lebensqualität. Darüber hinaus untersuchten nur wenige Studien relevante Themen wie Medikamentenresistenzen. Internationale Zusammenarbeit ist erforderlich, um die Qualität und Standardisierung zukünftiger Studien zu verbessern und somit eine bessere evidenzbasierte Vorgehensweise zu entwickeln.
V.K. Ortner, freigegeben durch Cochrane Deutschland