Neutropenie ist eine u. U. schwere Nebenwirkung bestimmter Chemotherapien und ein großer Risikofaktor für Infektionen, die lebensbedrohlich ausfallen können. Einige Forscher behaupten, dass eine bakterienarme Ernährung (also Nahrungsmittel und Getränke mit geringem Bakteriengehalt) das Auftreten von Infektionen und Todesfällen (im Zusammenhang mit Infektionen) bei Krebspatienten unter einer Chemotherapie verhindern kann, die zu Neutropenie-Episoden führt.
Die Review-Autoren fanden drei randomisierte Studien, in denen unterschiedliche Ernährungsweisen bei 192 Kindern und Erwachsenen mit verschiedenen Arten von Krebs verglichen wurden. In anderen Maßnahmen wie antimikrobieller Prophylaxe (die Vorbeugung von Infektionen mithilfe einer antimikrobiellen Behandlung, z. B. durch Antibiotika) und Hygienepraktiken sowie den Definitionen von Studienendpunkten unterschieden sich die Studien ebenfalls und es wurden nur sehr eingeschränkte Informationen zur Krebsbehandlung angeführt. Bei allen Studien gab es methodische Probleme. Leider war es nicht möglich, die Ergebnisse der eingeschlossenen Studien zu kombinieren, jedoch deutet derzeit keine Evidenz aus den Einzelstudien darauf hin, dass eine bakterienarme Ernährung Infektionen verhindert. Daten zum Überleben, der Dauer vom Einsetzen der Neutropenie bis zum Einsetzen des Fiebers, der Dauer der empirischen Gabe (Behandlungsbeginn vor der endgültigen Diagnose) von Antibiotika und Antimykotika (Wirkstoffe gegen Pilzinfektionen), der Eignung der Ernährung und der Lebensqualität wurden nur in einer Studie ausgewertet; es wurden für alle Endpunkte keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe beobachtet. Keine der Studien wertete die Mortalität (Sterblichkeit) im Zusammenhang mit Infektionen aus. Es sei darauf hingewiesen, dass keine ausreichende Evidenz für die Wirkung („no evidence of effect“) – das Ergebnis dieses Reviews – nicht gleichbedeutend ist mit Evidenz für das Fehlen einer Wirkung („evidence of no effect“). Es wurden keine Unterschiede zwischen den Ernährungsweisen festgestellt; möglicherweise ist dies auf die geringe Anzahl der teilnehmenden Patienten in diesen Studien zurückzuführen. Auf der Basis der derzeit verfügbaren Evidenz können die Review-Autoren keine Empfehlungen für die klinische Praxis geben. Es sind weitere hochwertige Forschungsarbeiten erforderlich.
S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Schweiz.