Bakterienwachstum im Urin ohne Beschwerden (asymptomatische Bakteriurie) wird häufig bei Frauen bis 60 Jahren, Menschen mit Diabetes und älteren Menschen festgestellt. Es ist unklar, ob eine Antibiotika-Behandlung dieser Erkrankung für nicht schwangere, erwachsene Frauen von Nutzen ist.
In diesen Review wurden neun Studien von moderater bis hoher Qualität aufgenommen, die 1614 in Einrichtungen untergebrachte Teilnehmer oder ambulante Patienten umfassten, die über unterschiedliche Behandlungs- und Nachbeobachtungszeiträume Antibiotika, ein Placebo bzw. keine Behandlung erhielten. Die Evidenz ist auf dem Stand von Februar 2015. Für eine Behandlung mit Antibiotika konnte kein klinischer Nutzen festgestellt werden. Zwar unterbanden die Antibiotika bei einer größeren Anzahl Patienten das Bakterienwachstum, jedoch mit mehr unerwünschten Ereignissen als in den Gruppen, die keine Antibiotika erhielten.
Es wurden keine Unterschiede zwischen Antibiotikatherapie versus keiner Therapie der asymptomatischen Bakteriurie bezüglich der Entstehung einer symptomatischen HWI, Komplikationen oder Tod beobachtet. Im Vergleich zu keiner Therapie, war die Antibiotikabehandlung bezüglich bakteriologischer Heilung überlegen, zeigte aber signifikant mehr unerwünschte Ereignisse. In den eingeschlossenen Studien hatte die Therapie der asymptomatischen Bakteriurie keinen klinischen Vorteil.
Eine asymptomatische Bakteriurie wird vor allem bei Frauen im Alter bis 60 Jahren, Patienten mit Diabetes und älteren Menschen festgestellt. Der Nutzen einer Antibiotikatherapie bei Bakteriurie ist umstritten.
Ziel ist die Beurteilung der Alltagswirksamkeit und Sicherheit von Antibiotikatherapien bei einer asymptomatischen Bakteriurie bei Erwachsenen. Die spezifische Zielsetzung war die Beurteilung 1) der Alltagswirksamkeit von Antibiotika zur Prävention der Entstehung einer symptomatischen Harnwegsinfektion (HWI), HWI-bezogenen Komplikationen, Gesamtmortalität, HWI-bezogenen Mortalität und Heilung einer Bakteriurie; 2) die Entstehung einer Antibiotikaresistenz durch Vergleich der Resistenz von gewachsenen Bakterien im Urin vor und nach der Therapie; und 3) die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen.
Mit Hilfe eines Trial Search Co-ordinators haben wir das ‚Cochrane Renal Group’s Specialised Register‘ bis zum 24. Februar 2015 mittels der für diesen Review relevanten Suchbegriffe durchsucht.
Es wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und quasi-RCTs eingeschlossen, die Antibiotikatherapie mit Placebo oder keiner Therapie bei Erwachsenen mit asymptomatischer Bakteriurie verglichen haben. Die untersuchten Endpunkte waren die Entstehung von symptomatischen Harnwegsinfektionen, Komplikationen, Tod, unerwünschte Ereignisse, Entstehung einer Antibiotikaresistenz, bakteriologische Heilung und Verschlechterung der Nierenfunktion.
Zwei Autoren haben voneinander unabhängig die Daten extrahiert und die Studienqualität beurteilt. Die statistische Analyse wurde mittels Random-Effects Modellen durchgeführt und die Ergebnisse als Risikoverhältnisse (‚risk ratio‘, RR) mit 95% Konfidenzintervallen (KI) wiedergegeben.
Wir haben neun Studien (1614 Patienten) in diesen Review eingeschlossen. Symptomatische HWI (RR 1.11, 95% KI 0.51-2.43), Komplikationen (RR 0.78, 95% KI 0. 35-1.74), und Tod (RR 0.99, 95% LI 0.70-1.41) waren zwischen den Studienarmen mit Antibiotika-, Placebo-Gabe oder keiner Therapie ähnlich. Antibiotika waren wirksamer für eine bakteriologische Heilung (RR 2.67, 95% KI 1.85-3.85), aber in dieser Gruppe traten mehr unerwünschte Ereignisse auf (RR 3.77, 95% KI 1.40-10.15). Keine der Studien zeigte eine Verschlechterung der Nierenfunktion; nur wenige Daten waren bezüglich der Entstehung von resistenten Stämmen nach antimikrobieller Therapie vorhanden.
Die eingeschlossenen Studien hatten eine moderate und hohe Qualität, verwendeten verschiedene Therapien über verschiedene Therapie- und Nachsorgezeiträume und schlossen verschiedene Patientenpopulationen ein. Es scheint aber, dass dies keinen Einfluss auf die Ergebnisse dieses Reviews hatte.
S. Schmidt, freigegeben durch Cochrane Deutschland.