Worum geht es?
Weltweit steigt die Anzahl der Frauen, bei denen Gestationsdiabetes (auf Englisch: „gestational diabetes mellitus“, GDM) festgestellt wird. Dabei handelt es sich um eine Glukoseunverträglichkeit, die zu hohem Blutzucker führt, erstmals in der Schwangerschaft festgestellt wird und in der Regel nach der Geburt wieder abklingt. Die Standardversorgung besteht aus Beratung zur Lebensführung, insbesondere zu Ernährung und Sport. Manche Frauen werden mit Medikamenten in Tablettenform (oralen Antidiabetika) wie Metformin und Glibenclamid behandelt, die anstelle von oder zusammen mit Insulin eingesetzt werden können, um den Blutzuckerspiegel zu regeln. In diesem Review wollten wir den Nutzen einer Einnahme oraler Medikamente für die Behandlung von Gestationsdiabetes bei Schwangeren untersuchen. Ein anderer Cochrane-Review vergleicht die Wirkungen von Insulin mit oralen pharmakologischen Antidiabetika ( Brown 2016).
Warum ist das wichtig?
Für Frauen, bei denen Gestationsdiabetes festgestellt wurde, besteht ein größeres Risiko für Komplikationen wie Bluthochdruck während Schwangerschaft und Geburt. Ebenfalls erhöht ist ihr Risiko, später im Leben Diabetes zu entwickeln. Die Kinder von Frauen, bei denen Gestationsdiabetes festgestellt wurde, können größer sein als die Norm, was unter der Geburt zu Verletzungen bei Mutter und Kind führen kann. Es besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Geburt eingeleitet oder das Kind per Kaiserschnitt geboren wird. Für die Kinder besteht das Risiko, im Kindesalter oder als junge Erwachsene Diabetes zu entwickeln. Es ist daher wichtig, die besten Medikationen zu finden, um die Frauen zu behandeln und die Komplikationen zu verhindern, die mit Gestationsdiabetes in Verbindung stehen.
Welche Evidenz haben wir gefunden?
Wir suchten am 14. Mai 2016 nach Studien. Wir schlossen 11 randomisierte kontrollierte Studien mit 1487 Müttern und ihren Kindern ein (nur acht Studien lieferten jedoch Daten für unsere Analysen). Die Evidenz war durch die Qualität und Anzahl der Studien eingeschränkt und wir raten zur Vorsicht bei der Betrachtung der Ergebnisse.
Die Kriterien für die Diagnose von Gestationsdiabetes und die Behandlungsziele waren in den Studien unterschiedlich und jeder Endpunkt basiert auf wenigen Studien mit jeweils einer geringen Anzahl an Frauen. Drei Studien verglichen orale Medikamente mit einem Placebo (Scheinmedikament) oder der Standardversorgung, aber die folgenden Ergebnisse stammen aus einer einzelnen Studie (375 Frauen). Die Qualität der Evidenz war sehr niedrig oder niedrig. Wir fanden keine Unterschiede zwischen der Medikamente-Gruppe und der Placebo-Gruppe im Hinblick auf das Risiko für Bluthochdruck, Kaiserschnitt, Geburtseinleitung oder Dammverletzungen. Die Anzahl der Kinder, die bei der Geburt groß für ihr Gestationsalter waren, mit niedrigem Blutzuckerspiegel geboren wurden oder bei der Geburt starben, unterschied sich zwischen den Gruppen nicht eindeutig. Zwei Studien (434 Frauen) fanden keinen Unterschied im Insulinbedarf zwischen der Medikamente- und der Placebo-Gruppe.
Sechs Studien verglichen Metformin mit Glibenclamid. Die Qualität der Evidenz war sehr niedrig bis moderat. Wir fanden keinen Unterschied zwischen Metformin und Glibenclamid im Hinblick auf das Risiko für Bluthochdruck (drei Studien, 508 Frauen, Evidenz von moderater Qualität), Geburt durch Kaiserschnitt (vier Studien, 554 Frauen, Evidenz von niedriger Qualität), Dammverletzungen (zwei Studien, 308 Frauen, Evidenz von niedriger Qualität) oder Geburtseinleitung (eine Studie, 159 Frauen, Evidenz von niedriger Qualität). Wir fanden keinen Unterschied zwischen Metformin und Glibenclamid im Hinblick auf niedrigen Blutzuckerspiegel beim Kind (vier Studien, 554 Säuglinge, Evidenz von niedriger Qualität), übermäßige Größe für das Gestationsalter (zwei Studien, 246 Säuglinge) oder Tod bei der Geburt (alles Evidenz von niedriger oder sehr niedriger Qualität). In einer Studie bestand für die Kinder der Mütter, die Metformin einnahmen, ein verringertes Risiko für jeglichen problematischen Ausgang (niedriger Blutzucker, Gelbsucht, hohe Geburtsgröße, Atmungsprobleme, Verletzung bei der Geburt oder Tod zusammengenommen, Evidenz von niedriger Qualität). Eine kleine Studie (43 Frauen), in der Glibenclamid mit Acarbose verglichen wurde, berichtete von keinen Unterschieden bei den Endpunkten für die Mütter oder ihre Kinder.
Keine der eingeschlossenen Studien lieferte Daten zu vielen der Endpunkte, die wir für diesen Review vorher festgelegt hatten, beispielsweise für langfristige Endpunkte bei Mutter oder beim Kind im Kindes- oder Erwachsenenalter.
Was bedeutet das?
Es steht keine ausreichende Evidenz hoher Qualität zur Verfügung, die uns Hinweise darauf geben könnte, ob orale Medikamente im Vergleich mit einem Placebo zu besseren Ergebnissen für Frauen mit Gestationsdiabetes und ihre Kinder führen oder ob ein orales Medikament bei den gesundheitlichen Endpunkten bessere Ergebnisse bringt als ein anderes. Da wir uns noch immer nicht sicher sind, brauchen wir weitere Forschungsarbeiten. Zukünftige Studien sollten über die Endpunkte berichten, die in diesem Review vorgeschlagen werden, insbesondere über die langfristigen Endpunkte für Mutter und Kind, über die bisher wenig berichtet wurde.
S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Deutschland