Kunststoffnetze, biologische Transplantate oder Eigengewebe zur operativen Befestigung einer Scheiden- oder Gebärmuttersenkung

Kernaussagen

- Im Vergleich zu körpereigenem Gewebe verringern Kunststoffnetze wahrscheinlich (1) die Anzahl der Frauen, die 6 Monate bis 7 Jahre nach der Operation erneut eine Scheidensenkung bemerken (d. h. sie sehen oder fühlen eine Ausbuchtung oder etwas, das sich aus der Scheide herausstülpt), und (2) die Anzahl der Frauen, die wegen einer Scheidensenkung erneut operiert werden müssen. Allerdings führt die Verwendung von Kunststoffnetzen wahrscheinlich zu mehr Blasenverletzungen und neu auftretender Blasenschwäche.

- Die Verwendung von resorbierbaren Netzen oder biologischen Transplantaten scheint keinen Vorteil gegenüber der Befestigung mit Eigengewebe zu bieten. Es gibt nicht genug Informationen, um zu entscheiden, ob dauerhafte Kunststoffnetze besser oder schlechter sind als biologische Transplantate.

Was ist eine Scheiden- und Gebärmuttersenkung und wie wird sie operativ behandelt?

Unter einer Senkung der Beckenorgane versteht man das Absinken von Gebärmutter, Blase oder Darm gegen die Scheidenwand. Dadurch kann ein unangenehmes Druckgefühl entstehen und bei einer Untersuchung kann eine Ausbuchtung oder Ausstülpung sichtbar sein. Es handelt sich um eine häufige Erkrankung, von der bis zu 50 % der Frauen betroffen sind, die ein Kind geboren haben.

Bei der herkömmlichen Methode, um eine Senkung der Gebärmutter oder Scheide zu behandeln, nutzt man das körpereigene Gewebe der betroffenen Frau sowie Fäden, um die Organe wieder am ursprünglichen Platz zu befestigen. Dieses Vorgehen ist mit einer hohen Rate an erneuten Senkungen verbunden. Es wird vermutet, dass der Einsatz von Kunststoffnetzen aus dauerhaftem oder resorbierbarem Material (aus Polypropylen - einem Kunststoff in medizinischer Qualität) oder biologischem Material (von Tieren oder menschlichen Organspendern) die Ergebnisse der Operation verbessern kann.

Viele Länder (darunter das Vereinigte Königreich, Irland, Australien, Neuseeland, die USA und Kanada) haben die Verwendung von Kunststoffnetzen wegen der hohen Komplikationsrate verboten. In anderen Ländern, darunter auch in einigen europäischen und asiatischen Ländern, stehen sie weiterhin zur Verfügung.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob eine bestimmte Methode der operativen Versorgung einer Scheiden- oder Gebärmuttersenkung (Befestigung mit körpereigenem Gewebe, permanente Kunststoffnetze, Transplantate) besser ist als eine andere. Wir wollten auch alle damit verbundenen unerwünschten Wirkungen der einzelnen Methoden ermitteln. Dies ist die aktualisierte Version eines 2016 veröffentlichten Reviews.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die eine Methode der operativen Befestigung einer erstmals oder erneut aufgetretenen Scheiden- oder Gebärmuttersenkung mit einer anderen Art verglichen. Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz, basierend auf Faktoren wie der Studienmethodik.

Was fanden wir?

Wir fanden 51 Studien mit 7846 Frauen. Die Studien wurden weltweit in 19 Ländern durchgeführt. Das Alter der operierten Frauen reichte von 39 bis 91 Jahren. Die meisten hatten 2 bis 3 Kinder geboren. Alle permanenten Netze wurden aus Polypropylen hergestellt, mit Ausnahme von einer Studie, bei der Polytetrafluorethylen, allgemein bekannt unter dem Handelsnamen Teflon, verwendet wurde.

Hauptergebnisse

Kunststoffnetze, verglichen mit Eigengewebe:

- reduzieren wahrscheinlich die Zahl der Frauen, die 6 Monate bis 7 Jahre nach der Operation eine erneute Senkung bemerken (d. h. Symptome haben);

- verringern wahrscheinlich die Zahl derjenigen, die erneut wegen einer Senkung operiert werden müssen;

- führen möglicherweise insgesamt zu einer höheren Rate von erneuten Operationen aufgrund einer Senkung, Inkontinenz oder Loslösung des Netzes (das Netz ragt durch den Operationsschnitt in die Vagina). Unter der Annahme, dass 7,1 % der Frauen, die sich einer Operation mit Eigengewebe unterziehen, einen erneuten Eingriff benötigten, würden zwischen 7,6 % und 16 % der Frauen nach einer Operation mit Kunststoffnetzen einen erneuten Eingriff benötigen.

- führen wahrscheinlich zu mehr Blasenverletzungen und neu auftretender Blasenschwäche (Inkontinenz).

Der häufigste Grund für die Entfernung permanenter Kunststoffnetze sind Schmerzen und nicht die Loslösung des Netzes. Nur eine Studie in diesem Review berichtete über Frauen, denen das Netz aufgrund von Schmerzen entfernt wurde.

Wir kommen zu dem Schluss, dass die Verwendung von Kunststoffnetzen zwar in den meisten Fällen nicht befürwortet wird, dass es aber einzelne Fälle geben kann, in denen Frauen aufgrund ihrer besonderen gesundheitlichen und körperlichen Voraussetzungen von dieser Option profitieren können. In diesen Fällen sollten Kunststoffnetze in Übereinstimmung mit den nationalen Aufsichtsbehörden für Medizinprodukte sowie den örtlichen Ethikkommissionen verwendet werden.

Unsere Schlussfolgerungen sind weitgehend dieselben wie in der 2016 veröffentlichten Fassung dieses Reviews. Wir haben nun mehr Vertrauen in einige Ergebnisse, weil mehr Frauen an den von uns analysierten Studien beteiligt waren.

Was schränkt die Evidenz ein?

Insgesamt war die Qualität der Evidenz überwiegend moderat (sehr niedrig bis moderat). Die wichtigsten Einschränkungen waren unzureichende Angaben zu den Studienmethoden, Inkonsistenz in der Berichterstattung und Variabilität der Endpunkte.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von März 2022.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, L. Gorenflo, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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