Fragestellung
Wir haben die Evidenz über die Wirkungen von familien- oder elternbasierten Programmen zur Vorbeugung oder Verminderung des Alkoholkonsums von Kindern im schulpflichtigen Alter begutachtet.
Hintergrund
Der Konsum von Alkohol birgt für junge Menschen ein erhöhtes Risiko für eine Reihe von kurz- und langfristigen Schäden und ist für Gesundheitsdienste, politische Entscheidungsträger, Jugendarbeiter, Lehrer und Eltern ein Anlass zur Sorge.
Recherchedatum
Die Evidenz ist auf dem Stand von Juni 2018.
Studienmerkmale
Wir fanden 46 randomisierte kontrollierte Studien (Studien, bei denen die Teilnehmer zufällig einer von zwei oder mehr Interventions- bzw. Kontrollgruppen zugeteilt wurden), in denen familienbasierte Interventionen mit keiner Intervention oder einer jugendlichen Komponente allein verglichen wurden. Wir schlossen Studien ein, die sich an die allgemeine Erwachsenen- und Kinderbevölkerung (universelle Interventionen), an Eltern von Kindern mit einem erhöhtem Alkoholkonsumrisiko (selektive Interventionen) und an Eltern von Kindern, die bereits Alkohol konsumieren (indizierte Interventionen), richteten. Wir waren an Studien interessiert, die den Teilnehmern bis zu vier Jahre nach der Intervention folgten.
Die meisten Studien wurden in den USA oder in europäischen Ländern (Niederlande, Schweden, Polen und Deutschland) durchgeführt. Eine Studie wurde in Indien durchgeführt. Die Interventionen wurden in verschiedenen Umgebungen durchgeführt, darunter die Schule oder das Elternhaus des Kindes, sowie über das Internet oder Druckmedien. Die Interventionen unterschieden sich in Intensität, Dauer und Herangehensweise, aber alle waren auf den Konsum von Alkohol oder anderen Drogen ausgerichtet, über die Förderung positiver Erziehungsansätze oder die Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehungen. Die Interventionen fokussierten auf Kommunikation, Familiendynamik, Regelsetzung und Risikomanagement.
Die Gesamtzahl der Teilnehmer in den eingeschlossenen Studien betrug 39.822, und das Alter der Jugendlichen, auf die sie abzielten, betrug zwischen 5 und 17 Jahre. Die ethnische Zugehörigkeit der Teilnehmer war gemischt, wobei 12 Studien speziell auf ethnische Minderheiten ausgerichtet waren.
Hauptergebnisse
Insgesamt fanden wir keine Evidenz für die Wirksamkeit familienbasierter Interventionen im Hinblick auf die Prävalenz, Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums unter Jugendlichen. Einige Analysen, die sich auf bestimmte Untergruppen von Studien bezogen (z.B. nur universelle Interventionen, die sich an ethnische Minderheiten richteten), zeigten geringfügige Wirkungen der Interventionen. Angesichts der Unterschiede in den Ergebnissen, der Unterschiede zwischen den Studien und der insgesamt niedrigen Qualität der Evidenz sind wir jedoch unsicher, ob diese Interventionen einen positiven Einfluss auf den Alkoholkonsum junger Menschen haben. Einige Studien berichteten über positive Wirkungen der Interventionen auf sekundäre Endpunkte (elterliche Versorgung mit Alkohol, Familienbeteiligung, Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit), jedoch mit kleinen Zahlen; diese Studien konnten nicht statistisch zusammengefasst werden, weshalb die Evidenz als unzureichend eingestuft wurde. Es wurden keine unerwünschten Wirkungen berichtet.
Qualität der Evidenz
Insgesamt basieren die geringfügigen Wirkungen, die in diesem Review gefunden wurden, nur auf Evidenz von sehr niedriger oder niedriger Qualität. Viele der Studien beschrieben nicht ausreichend, wie die Familien/jungen Menschen/Eltern den Studiengruppen zugeteilt wurden oder wie sie die Gruppenzuteilung vor den Teilnehmern und dem Personal geheim hielten. Wir stuften die Qualität der Evidenz aufgrund der Heterogenität (Verschiedenartigkeit) der Studien und der mangelnden Präzision (Ungenauigkeit) der Ergebnisse herab. Diese Probleme mit der Studienqualität könnten zu einer überhöhten Einschätzung der Wirkung von Interventionen führen, sodass wir die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass bereits die geringfügigen Wirkungen, die in diesem Review beobachtet wurden, überschätzt wurden.
Mehr als die Hälfte (28/46) der Studien in diesem Review wurden von den US National Institutes of Health (NIH) und den National Institutes of Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA), Drug Abuse (NIDA) and Mental Health finanziert. Drei Studien machten keine Angaben zu ihrer Finanzierung, und nur 13 der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den Studien enthielten eine eindeutige Aussage zu Interessenkonflikten.
N.Tittlbach, freigegeben durch Cochrane Deutschland