Fortführung oder Absetzen oraler Antikoagulanzien bei Menschen mit Herzrhythmusstörungen, die sich einer Katheterablation unterziehen

Fragestellung

Sollten Ärzte die Gabe eines Blutverdünners vor Katheterablationseingriffen bei Menschen mit Herzrhythmusstörungen weiter fortsetzen oder einstellen?

Hintergrund

Es gibt verschiedene Arten von Herzrhythmusstörungen (auch Arrhythmie genannt); die häufigste Form sind unkoordinierte unregelmäßige Herzschläge (auch Vorhofflimmern genannt). Menschen mit Herzrhythmusstörungen haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko und müssen daher langfristig blutverdünnende Medikamente einnehmen, um Blutgerinnsel zu verhindern. Viele dieser Patienten müssen sich daher möglicherweise einem Verfahren namens "Ablation" unterziehen, bei dem die Ärzte einen chirurgischen Eingriff oder einen Katheter (einen dünnen flexiblen Schlauch) einsetzen, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Vor diesem Eingriff kann der Arzt entscheiden, ob die Blutverdünnung fortgesetzt oder vorübergehend eingestellt werden soll. Bei einer solchen Entscheidung sollten zwei Dinge berücksichtigt werden. Erstens das Risiko, dass sich zum Zeitpunkt der Ablation ein Blutgerinnsel bildet, wenn der Blutverdünner abgesetzt wird. Zweitens das Risiko von Blutungen während des Eingriffs, wenn die Blutverdünnung fortgesetzt wird. Es gibt keine eindeutige Evidenz dafür, dass eine Entscheidung im Hinblick auf die Sicherheit besser ist als die andere. Aufgrund dieser Ungewissheit untersuchten wir in dieser Übersichtsarbeit den Nutzen und Schaden der Fortsetzung bzw. des Absetzens des Blutverdünners zum Zeitpunkt des Ablationsverfahrens.

Studienmerkmale

Wir durchsuchten wissenschaftliche Datenbanken und fanden 12 klinische Studien mit 4714 Teilnehmern im Alter von 18 Jahren und älter mit Vorhofflimmern. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip (wie beim Werfen einer Münze) in eine von zwei oder mehr Gruppen eingeteilt. Die Gruppen teilten sich folgendermaßen: Fortsetzung der Blutverdünnung zum Zeitpunkt des Eingriffs oder Absetzen der Blutverdünnung entweder für mehrere Tage oder durch eine oder zwei Dosen vor dem Eingriff mit oder ohne zusätzliche Heparingabe.

Die Studien berichteten über das Risiko von Schlaganfällen, größeren Blutungen und kleineren Blutungen nach einer Nachbeobachtungszeit von etwa 30 Tagen nach dem Eingriff. In den einbezogenen Studien wurden verschiedene Ablationsverfahren sowie verschiedene Blutverdünner untersucht, darunter Coumadin und die neuen oralen Blutverdünner wie Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban und Dabigatran. Zehn Studien wurden in ostasiatischen Bevölkerungsgruppen (Japan, China und Südkorea) durchgeführt. Arzneimittelhersteller finanzierten zwei Studien. Die Evidenz ist auf dem Stand vom 5. Januar 2021.

Hauptergebnisse

Aufgrund der unzureichenden Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sind wir nach der Kombination der Ergebnisse aus den 12 klinischen Studien in dieser Übersichtsarbeit nicht sicher, ob wir bei der derzeitigen Beweislage eine Strategie der anderen vorziehen sollten. Die Entscheidung über die Fortsetzung, das vollständige Absetzen oder das Zurückhalten einer oder zweier Dosen des Blutverdünners vor dem Eingriff sollte individuell auf der Grundlage des Schlaganfall- und Blutungsrisikos des Patienten getroffen werden, bis mehr gut konzipierte klinische Studien vorliegen, die eine abschließende Entscheidung ermöglichen.

Qualität der Evidenz

Die Schlussfolgerungen sollten mit Vorsicht interpretiert werden. Die Ergebnisse des Reviews sind dadurch eingeschränkt, dass die meisten Studienvergleiche unterschiedlich ausfielen, die Anzahl der Ereignisse gering war, die Studien nur in einem medizinischen Setting durchgeführt wurden und die Intervention meist für ostasiatische Bevölkerungsgruppen beschrieben wurde. Weitere qualitativ hochwertige Studien sind erforderlich, um die ideale Strategie für den Umgang mit Blutverdünnern zum Zeitpunkt des Ablationsverfahrens zu finden, ohne den Schaden zu erhöhen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Distel, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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