Kernaussagen
- Die Evidenz deutet darauf hin, dass kognitive Bewertungsinstrumente, die von den Betroffenen selbst ausgefüllt werden, bei der Erkennung und Diagnose von Demenz eingesetzt werden könnten.
- Es gibt nicht genügend Evidenz, um eine bestimmte Art von Bewertungsinstrumenten gegenüber anderen zu empfehlen.
- Es besteht weiterer Forschungsbedarf in Bezug auf die Anwendung dieser Bewertungsinstrumente in verschiedenen Umgebungen, wie z. B. in Kliniken oder zu Hause, und in Bezug auf die Schwellenwerte, die auf eine Demenz hinweisen.
Warum ist es wichtig, die Erkennung von Demenz zu verbessern?
Es wird vermutet, dass die Zahl der Demenzdiagnosen in Zukunft erheblich steigen wird, da die Menschen weltweit immer älter werden. Dies wird zu erheblichen Kosten für das Gesundheitswesen und die Gesellschaft führen. Demenz ist eine dauerhafte Erkrankung, bei der sich das Gedächtnis immer weiter verschlechtert, bis die Betroffenen bei alltäglichen Verrichtungen Hilfe benötigen. Eine genaue und schnelle Diagnose ermöglicht Menschen mit Demenz und ihren Familien den Zugang zu Behandlung und Unterstützungsangeboten. Wird die vorliegende Krankheit nicht erkannt, (ein falsch-negatives Testergebnis), kann es zu Verzögerungen in der Inanspruchnahme von Behandlungen für das Gedächtnis, das Denken und das Verhalten, sowie von Unterstützung durch soziale Dienste wie Sozialarbeit und Beschäftigungstherapie kommen. Eine fehlerhafte Demenzdiagnose (ein falsch-positiver Test) kann Betroffene und ihre Familien emotional und psychologisch belasten. Derzeit erfolgt die Demenzdiagnostik durch eine persönliche Untersuchung in einer spezialisierten Klinik, bei der die Krankengeschichte, eine körperliche Untersuchung, Bluttests und Gehirnscans berücksichtigt werden.
Was ist ein eigenständig durchzuführendes kognitives Bewertungsinstrument?
Bei diesen kognitiven Bewertungsinstrumenten handelt es sich um Tests, die von den Betroffenen selbst durchgeführt werden. Sie dienen der Beurteilung verschiedener Aspekte der geistigen Leistungsfähigkeit (d. h. der Kognition), einschließlich dem Gedächtnis, der Sprache und der Wahrnehmung. Die Instrumente beinhalten Fragen oder Aufgaben. Diese eigenständig durchzuführenden Instrumente sollen die für eine Demenzdiagnose erforderliche ausführliche klinische Untersuchung nicht ersetzen. Sie könnten aber dann nützlich sein, wenn eine persönliche Untersuchung schwierig ist, wie z. B. während globaler Pandemien oder in Gegenden mit geringer medizinischer Versorgung. Es gibt eine Reihe verschiedener kognitiver Beurteilungsinstrumente, die sich in ihrem Inhalt, ihrem Bewertungssystem und ihrem Format (elektronisch oder auf Papier) unterscheiden.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, wie genau kognitive Bewertungsinstrumente, die von den Betroffenen selbst ausgefüllt werden, Demenz erkennen.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, die die Genauigkeit von eigenständig durchzuführenden kognitiven Bewertungsinstrumenten für Demenz bei Erwachsenen (über 18 Jahre) in einem beliebigen medizinischen Umfeld untersucht haben.
Was fanden wir?
Wir haben 11 Studien mit insgesamt 2303 Teilnehmenden gefunden, die sechs verschiedene Instrumente getestet haben. Fünf Studien untersuchten das Instrument „Test Your Memory" jeweils in ihrer Muttersprache (insgesamt 5 verschiedene Sprachen). Zwei Studien untersuchten das Instrument „Self-Administered Gerocognitive Examination“; in einer Studie wurde eine Papierversion des Tests verwendet, in der anderen eine elektronische Version. In jeweils einer Studie wurden die folgenden kognitiven Bewertungsinstrumente untersucht: „Clock Completion Test“, „Korean Dementia Screening Questionnaire-Cognition“, „BrainCheck Memory“ und „MyMemCheck“. Alle diese Instrumente haben unterschiedliche Bewertungssysteme. Einige Studien untersuchten mehrere Schwellenwerte innerhalb jedes Instruments, um anzuzeigen, ob die Person an Demenz erkrankt ist oder nicht.
Die Studien wurden in Europa, den USA und Südkorea durchgeführt. Zu den medizinischen Umgebungen gehörten Gemeindezentren, Pflegeheime und Krankenhauskliniken, wobei einige Studien mehrere Umgebungen umfassten. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei den verschiedenen Studien von 50 bis 60 Jahren bis 80 bis 90 Jahren.
Wir fanden, dass diese kognitiven Bewertungsinstrumente in 55 % bis 100 % der Fälle Menschen mit Demenz korrekt identifizieren (Sensitivität) und in 45 % bis 100 % der Fälle eine Demenz korrekt ausschließen konnten (Spezifität). Diese breiten Spannen sind auf Unterschiede in den Studienpopulationen, den Umgebungen, der Art des Bewertungsinstruments und den diagnostischen Schwellenwerten (d. h. dem Wert, bei dem die Demenz diagnostiziert wurde) zurückzuführen. Wir fassten die Ergebnisse von drei Studien zusammen, in denen „Test Your Memory“ eingesetzt wurde. Wir stellten fest, dass das Bewertungsinstrument bei einem Schwellenwert von 42 von 50 Punkten in etwa 94 % der Fälle Menschen mit Demenz korrekt identifizieren (Sensitivität) und in etwa 66 % der Fälle eine Demenz korrekt ausschließen kann (Spezifität).
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse dieser Überprüfung?
Die eingeschlossenen Studien bestätigten die Demenzdiagnose durch eine herkömmliche, persönliche klinische Beurteilung der Demenz. Bei einigen Studien gab es Probleme mit den verwendeten Methoden, u. a. mit der Art und Weise, wie die Teilnehmenden für die Studien ausgewählt wurden. Auch waren die Zeitpläne und Einzelheiten der klinischen Bewertungen nicht immer klar. Einige Studien hatten eine geringe Anzahl von Teilnehmenden.
Die berichtete Testgenauigkeit ist eine Zusammenfassung auf der Grundlage der Evidenz aus den von uns untersuchten Studien. Die Ergebnisse der einzelnen Studien waren sehr unterschiedlich. Wir können uns deshalb nicht sicher sein, dass diese kognitiven Bewertungsinstrumente in der klinischen Praxis immer zu den gleichen Ergebnissen führen werden.
Wie aktuell ist dieser Review?
Die Evidenz ist auf dem Stand von November 2022.
F. Halter, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland