Lindert Herz-Kreislauf-Training die krebsbedingte Erschöpfung vor, während oder nach einer Krebstherapie?

Kernaussagen

  • Ein Herz-Kreislauf-Training während einer Krebstherapie reduziert wahrscheinlich geringfügig die krebsbedingte Erschöpfung über den Zeitraum bis 12 Wochen.

  • Die längerfristigen Wirkungen eines Herz-Kreislauf-Trainings auf die krebsbedingte Erschöpfung und auf die Lebensqualität sind unsicher. Es gibt keine Evidenz zu den Wirkungen eines Herz-Kreislauf-Trainings vor einer Krebstherapie.

  • Wir fanden fast 50 laufende Studien zu Herz-Kreislauf-Training vor, während und nach einer Krebsbehandlung, die die Evidenz ergänzen werden, sobald die Ergebnisse veröffentlicht sind.

Was ist krebsbedingte Fatigue?

Krebsbedingte Fatigue ist ein extremes Gefühl der Erschöpfung über einen längeren Zeitraum hinweg. Sie kann durch die Krebsbehandlung oder den Krebs selbst verursacht werden. Fatigue ist das häufigste Symptom bei Menschen mit Krebs. Sie beeinträchtigt Körper und Geist und kann nicht durch Ruhe gelindert werden.

Was ist Herz-Kreislauf-Training?

Herz-Kreislauf-Training ist jede Aktivität, die große Muskelgruppen beispielsweise des Gesäßes und der Oberschenkel beansprucht und die Herz- und Atemfrequenz erhöht. Beispiele dafür sind Gehen, Laufen, Radfahren und Schwimmen.

Warum könnte Herz-Kreislauf-Training gegen krebsbedingte Fatigue wirksam sein?

Krebsbedingte Erschöpfung hängt mit der Reaktion des Körpers auf Zytokine zusammen, die die Vergrößerung von Geweben und Organen (das so genannte Zellwachstum) regulieren. Krebs oder Krebstherapien können so genannte pro-inflammatorische Zytokine produzieren - Proteine, die eine Entzündung (die Reaktion des Körpers auf eine Verletzung oder Krankheit, die Symptome wie Schwellungen und Schmerzen hervorruft) verursachen oder verschlimmern. Herz-Kreislauf-Training kann dazu beitragen, Entzündungen zu verringern.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten wissen, ob Herz-Kreislauf-Training die krebsbedingte Erschöpfung im Vergleich zu keinem Training verringert. Wir untersuchten die Wirkungen auf kurze (bis zu 12 Wochen), mittlere (bis zu sechs Monate) und lange Sicht (länger als sechs Monate). Wir untersuchten auch die Lebensqualität, unerwünschte Wirkungen, Angstsymptome und Depressionen.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die ein Herz-Kreislauf-Training vor, während oder nach einer Krebstherapie im Vergleich zu keinem Training untersuchten. Diese Studien mussten die krebsbedingte Erschöpfung oder die Lebensqualität oder beides untersuchen. Das Herz-Kreislauf-Training musste aus mindestens fünf Übungseinheiten bestehen und in Form einer persönlichen Unterweisung (entweder per Video oder persönlich vor Ort) durchgeführt werden. Nicht berücksichtigt wurden Studien mit weniger als 20 Teilnehmenden pro Gruppe oder solche, die nur in Form einer kurzen Zusammenfassung vorlagen.

Was fanden wir?

Wir fanden 23 Studien mit 2135 Personen. 97 % der Studien wurden in Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt, in denen die Bevölkerung einen einfachen Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung hat. Insgesamt 1101 Personen erhielten ein Herz-Kreislauf-Training und 1034 Personen erhielten kein Training. Die an den Studien beteiligten Personen waren meist weiblich und hatten Brustkrebs.

Außerdem fanden wir 36 laufende Studien und 12 abgeschlossene Studien, die noch nicht veröffentlicht wurden.

Hauptergebnisse

Es gab keine Studien, in denen Herz-Kreislauf-Training vor einer Krebstherapie mit keinem Training verglichen wurde. Wir schlossen 10 Studien zum Herz-Kreislauf-Training während der Krebstherapie ein, konnten aber nur die Ergebnisse von acht Studien verwenden. Für das Herz-Kreislauf-Training nach einer Krebstherapie im Vergleich zu keinem Training wurden 13 Studien eingeschlossen, von denen wir jedoch nur die Ergebnisse von neun verwenden konnten.

Herz-Kreislauf-Training während einer Krebstherapie im Vergleich zu keinem Training:

  • reduziert wahrscheinlich geringfügig die kurzfristige krebsbedingte Erschöpfung (6 Studien, 593 Personen) und

  • führt wahrscheinlich zu einem geringen bis gar keinem Unterschied in der kurzfristigen Lebensqualität (6 Studien, 612 Personen).

  • Wir wissen nicht, ob Herz-Kreislauf-Training mittel- und langfristig die krebsbedingte Erschöpfung und die Lebensqualität erhöht oder verringert und welche unerwünschten Wirkungen es hat.

Herz-Kreislauf-Training nach einer Krebstherapie im Vergleich zu keinem Training:

  • Wir wissen nicht, ob Herz-Kreislauf-Training die kurz- und langfristige krebsbedingte Erschöpfung und die Lebensqualität erhöht oder verringert und ob es unerwünschte Wirkungen hat;

  • Wir konnten keine Daten zur mittelfristigen krebsbedingten Erschöpfung und Lebensqualität finden .

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir sind mäßig zuversichtlich, was die Evidenz über die Wirkungen eines Herz-Kreislauf-Trainings während einer Krebstherapie auf die kurzzeitige krebsbedingte Erschöpfung und Lebensqualität betrifft. Unser Vertrauen in die anderen Ergebnisse ist sehr gering, da es nur wenige oder kleine Studien gab und die Teilnehmenden wussten, welche Behandlung sie erhielten. Es gibt keine Evidenz für Herz-Kreislauf-Training vor und nach der Krebstherapie auf mittelfristige krebsbedingte Erschöpfung und Lebensqualität .

Wie aktuell ist die Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 16. Oktober 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zeitler, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

Tools
Information

Cochrane Kompakt ist ein Gemeinschaftsprojekt von Cochrane Schweiz, Cochrane Deutschland und Cochrane Österreich. Wir danken unseren Sponsoren und Unterstützern. Eine Übersicht finden Sie hier.