Amphetamine bei Erwachsenen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

Hintergrund

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine psychiatrische Erkrankung mit Beginn im Kindesalter, die bei bis zu 50 % der Patienten bis ins Erwachsenenalter fortbestehen kann. Das klinische Bild der ADHS ist durch Hyperaktivität, Stimmungslabilität, Reizbarkeit, Schwierigkeiten mit Aufmerksamkeit, mangelnde Organisationsfähigkeit und impulsives Verhalten gekennzeichnet. Gleichzeitig treten häufig andere Störungen auf, insbesondere Gemütsstörungen und Drogenmissbrauch. Amphetamine (eine Gruppe der Stimulanzien) sollen ADHS-Symptome verbessern; es bestehen aber Bedenken in Hinblick auf die Sicherheit bei einer regelmäßigen Anwendung von ADHS-Patienten.

Fragestellung

Wir untersuchten, ob eine Behandlung mit Amphetaminen ADHS-Symptome bei Erwachsenen verbessert.

Studienmerkmale

Die Review-Autoren fanden 19 Studien, die 2.521 Patienten einschlossen. Die meisten Patienten waren männlich (57,2 %), mittleren Alters (Durchschnittsalter: 35,3 Jahre) und hellhäutig (84,5 %). In den Studien wurden Amphetamine mit Placebo (einem Präparat, das wie ein Amphetamin aussieht, aber keinen Arzneistoff enthält) verglichen. Drei Studien verglichen Amphetamine außerdem mit anderen Medikamenten wie Guanfacin, Modafinil und Paroxetin. In diesem Review bewerteten wir die Wirkung von drei verschiedenen Amphetamin-Arten: Dexamphetamin (10,2 bis 21,8 mg/Tag), Lisdexamfetamin (30 bis 70 mg/Tag) und gemischte Amphetaminsalze (12,5 bis 80 mg/Tag). Die Behandlungsdauer reichte von einer bis zu 20 Wochen. Achtzehn Studien wurden in den USA durchgeführt und eine sowohl in Kanada und den USA. Zehn Studien wurden an mehreren Standorten durchgeführt. Mit Ausnahme von zwei Studien wurde bei allen Studien die Finanzierungsquelle angegeben. Sechzehn Studien wurden vom Hersteller und eine Studie von Regierungsbehörden finanziert.

Alle Amphetamine reduzierten laut Einschätzungen der Patienten den Schweregrad der ADHS-Symptome. Lisdexamfetamin und gemischte Amphetaminsalze reduzierten nach ärztlicher Einschätzung ebenfalls den Schweregrad der ADHS-Symptome, bei Dexamphetamin war dies allerdings nicht der Fall. Insgesamt erhöhte sich durch die Gabe von Amphetaminen nicht die Bereitschaft zur Fortsetzung der Behandlung; außerdem nahm das Risiko eines vorzeitigen Behandlungsabbruchs infolge von unerwünschten Ereignissen zu. Wir fanden keine Evidenz dafür, dass höhere Dosen besser wirkten als niedrige Dosen. Wir konnten keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen den langfristig und den kurzfristig wirkenden Amphetaminen feststellen. Demzufolge scheint eine kurzfristige Behandlung mit Amphetaminen den Schweregrad von ADHS-Symptomen zu reduzieren. Studien zur Beurteilung der längerfristigen Wirkung von Amphetaminen werden allerdings noch benötigt. Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Amphetaminen und Guanfacin, Modafinil oder Paroxetin konnten wir nicht feststellen.

Qualität der Evidenz

Die Qualität der Evidenz war aus verschiedenen Gründen für alle Endpunkte niedrig bis sehr niedrig: Patienten konnten erkennen, welche Behandlung sie erhielten; die Anzahl der Studien und der teilnehmenden Patienten war niedrig, was zu ungenauen Ergebnissen bei vielen Endpunkten führte; die Gestaltung der Studien wies Probleme auf und bei einigen Endpunkten wichen die Ergebnisse verschiedener Studien voneinander ab.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

K. Jones, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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