Pulsoximetrie zur Diagnose von kritischen angeborenen Herzfehlern

Fragestellung

Wir haben die Erkenntnisse über die Genauigkeit der Pulsoximetrie zur Erkennung kritischer angeborener Herzfehler (kAHF) (engl. Critical congenital heart disease; CCHD) bei asymptomatischen Neugeborenen überprüft.

Hintergrund

KAHF treten bei etwa zwei von 1000 Neugeborenen auf und sind eine der Hauptursachen für deren Tod. Eine rechtzeitige Diagnose ist entscheidend für die bestmöglichen Behandlungsergebnisse für diese Neugeborenen. Mit den derzeitigen Screening-Methoden können jedoch bis zu 50 % der betroffenen Neugeborenen vor der Geburt nicht identifiziert werden. Und diejenigen, die vor der Diagnose nach Hause geschickt werden, sterben häufig oder sind schwer erkrankt. Neugeborene mit kAHF haben jedoch häufig einen niedrigen Sauerstoffgehalt im Blut. Dieser kann schnell und nicht-invasiv mit Hilfe der Pulsoximetrie gemessen werden. Hierfür wird ein Sensor an der Hand oder am Fuß des Neugeborenen angebracht. Ein Pulsoximeter ist ein Gerät, das nicht-invasiv die Menge an Sauerstoff messen kann, die von den roten Blutkörperchen durch den Körper transportiert wird. Der Sauerstoff aus der Lunge wird in den roten Blutkörperchen an Hämoglobin gebunden, wodurch Oxyhämoglobin entsteht. Wenn der Sauerstoff nicht gebunden wird, entsteht Deoxyhämoglobin. Im gesunden Zustand ist beinahe das gesamte Hämoglobin Oxyhämoglobin, so dass die Sauerstoffsättigung (d. h. der Prozentsatz des Hämoglobins, der Sauerstoff gebunden hat) nahezu 100 % beträgt. Das Pulsoximeter misst diese, indem es Licht durch die peripheren Blutgefäße leitet (z. B. eine Fingerspitze bei einem Erwachsenen, eine Hand oder ein Fuß bei einem Neugeborenen). Oxyhämoglobin und Deoxyhämoglobin absorbieren dieses Licht auf unterschiedliche Weise. Der Anteil des absorbierten Lichts kann von der Software des Oximeters analysiert werden und dann den Prozentsatz des mit Sauerstoff gesättigten Hämoglobins berechnen.

Studienmerkmale

Wir haben bis März 2017 nach Evidenz für den Einsatz der Pulsoxymetrie zur Erkennung von kAHF bei Neugeborenen gesucht und 21 Studien gefunden. Diese Studien verwendeten unterschiedliche Schwellenwerte, um einen Pulsoximetrie-Test als positiv zu definieren. Wir haben alle Studien mit einem Schwellenwert von etwa 95 % zusammengefasst (19 Studien mit 436 758 Neugeborenen).

Hauptergebnisse

Diese Untersuchung ergab, dass von 10.000 scheinbar gesunden Neugeborenen, die untersucht werden, etwa sechs einen kAHF haben. Mit dem Pulsoximetrie-Test werden fünf dieser Neugeborenen mit einem kAHF korrekt erkannt (ein Fall wird jedoch übersehen). Neugeborene, die nicht erkannt werden, können sterben oder schwer erkranken.

Von 10.000 scheinbar gesunden Neugeborenen, die untersucht werden, haben 9994 keinen kAHF. Mit dem Pulsoximetrie-Test werden 9980 von ihnen korrekt identifiziert (aber 14 Neugeborene werden aufgrund eines Verdachts auf einen kAHF weiter untersucht). Bei einigen dieser Neugeborenen kann es möglicherweise zu unnötigen zusätzlichen Untersuchungen und einem verlängerten Krankenhausaufenthalt kommen. Jedoch wird bei einigen von diesen Neugeborenen eine potenziell schwerwiegende nicht-kardiale Erkrankung entdeckt.

Die Zahl der fälschlicherweise auf einen kAHF untersuchten Neugeborenen sinkt, wenn die Pulsoximetrie bei mehr als 24 Stunden nach der Geburt durchgeführt wird.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Wir stuften das Risiko auf Bias für die einzelnen Bereiche der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz als überwiegend gering oder unklar ein. In einigen Studien wurden weniger zuverlässige Methoden zur Überprüfung negativer Ergebnisse verwendet. Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz insgesamt als moderat ein.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. A. Genier, A. Walther, freigegeben durch Cochrane Schweiz. Unterstützt von Fondation SANA (www.fondation-sana.ch).

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