Worum geht es?
Gestationsdiabetes ist eine Glukoseintoleranz, die zu hohen Blutglukosespiegeln führt. Sie tritt das erste mal während der Schwangerschaft auf und normalisiert sich gewöhnlicherweise wieder nach der Geburt. Diabetes während der Schwangerschaft steht mit vielen kurz- und langfristigen Gesundheitsproblemen für die Mutter und ihr Kind in Zusammenhang. Gestationsdiabetes wird hauptsächlich durch Lebensstilveränderungen wie Ernährung, Bewegung und Kontrolle des Blutglukosespiegel behandelt.
Warum ist das wichtig?
Frauen mit Gestationsdiabetes haben ein erhöhtes Risiko, während der Schwangerschaft hohen Blutdruck zu entwickeln (Präeklampsie). Außerdem besteht bei ihnen eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Geburt eingeleitet wird. Kinder von Frauen mit Gestationsdiabetes sind bei der Geburt eher groß. Dies kann mit Geburtstraumata beim Kind (gebrochene Knochen oder geschädigte Nerven während der Geburt) und der Notwendigkeit eines Kaiserschnitts im Zusammenhang stehen. Lebensstilinterventionen, die zwei oder mehr Komponenten von Ernährungsberatung, körperlicher Aktivität, Schulung und Selbstkontrolle des Blutglukosespiegels beinhalten, stellen die Erstlinientherapie für die meisten von Gestationsdiabetes betroffenen Frauen dar. Interventionen wie gesundes Essen und körperliche Aktivität zielen darauf ab, den Frauen dabei zu helfen, ihren Blutglukosespiegel innerhalb eines Zielbereichs zu halten und Gesundheitsendpunkte für die Mutter und das Kind zu verbessern.
Welche Evidenz haben wir gefunden?
Wir haben in der Literatur (Mai 2016) nach kontrollierten Studien gesucht, die Lebensstilinterventionen mit einer Kontrollgruppe verglichen, bei der die Frauen die Standardbehandlung oder eine andere Intervention erhielten. Fünfzehn randomisierte kontrollierte Studien (45 Publikationen) mit insgesamt 4501 Frauen und 3768 Kindern sind in diesen Review eingeschlossen. Keine der Studien wurde durch bedingte Fördermittel von einem pharmazeutischen Unternehmen finanziert.
Bei den Kindern waren Lebensstilinterventionen mit einer Reduktion des Risikos, zu groß für das Gestationsalter geboren zu werden, verbunden (6 Studien, 2994 Kinder). Mit der Lebensstilintervention war die Anzahl an Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von über 4000 g (Makrosomie) niedriger. Jedoch gab es keinen eindeutigen Unterschied in der Anzahl an Neugeborenen, die niedrige Blutglukoselevel aufwiesen (6 Studien, 3000 Kinder). Für diese Ergebnisse war die Qualität der Evidenz moderat. Das Geburtsgewicht war in der Lebensstilinterventionsgruppe ebenso niedriger.
Für die Mütter bestand durch die Lebensstilintervention kein deutlicher Unterschied bezüglich der Anzahl der Frauen mit schwangerschaftsbedingtem hohem Blutdruck (6 Studien, 2796 Frauen) oder mit Kaiserschnitt (10 Studien, 3545 Frauen). Dies basiert auf Evidenz von niedriger Qualität. Ebenso bestand auch kein deutlicher Unterschied hinsichtlich einer Geburtseinleitung (4 Studien, 2699 Frauen, Evidenz von hoher Qualität). Eine ähnliche Anzahl an Frauen litt an einem perinealen Trauma oder einem Dammriss (1 Studie, 1000 Frauen) oder entwickelte Typ-2-Diabetes maximal 10 Jahre nach der Geburt (2 Studien, 486 Frauen). Diese Ergebnisse wurden durch Evidenz von niedriger bis moderater Qualität unterstützt.
Mehr Frauen in der Lebensstilgruppe hatten ihre Gewichtsziele ein Jahr nach der Geburt erreicht und Lebensstilinterventionen waren mit einem reduzierten Risiko für Depressionen nach der Geburt assoziiert, basierend auf Einzelstudien. Diese Ergebnisse wurden durch Evidenz niedriger Qualität unterstützt.
Was bedeutet dies?
Lebensstilinterventionen verschaffen Frauen mit Gestationsdiabetes und ihren Neugeborenen einen Nutzen. Die Interventionen sind als primäre therapeutische Strategie geeignet und beinhalten generell als Minimum gesundes Essen, körperliche Aktivität und Selbstkontrolle des Blutzuckerspiegels.
Zukünftige Studien könnten sich auf die wirksamen Komponenten von Lebensstilinterventionen und auf den Gebrauch von Lebensstilinterventionen als einzige Intervention ohne pharmakologische Behandlung fokussieren. Zukünftige Studien sollten außerdem bei der Planung prioritär die langfristigen Auswirkungen für die Mutter und ihr Neugeborenes berücksichtigen.
J. Metzing, freigegeben durch Cochrane Deutschland