Fragestellung
Zusammenfassung der Evidenz aus Cochrane Reviews zur Wirksamkeit und Sicherheit von Bluttransfusionen mit roten Blutkörperchen zur Behandlung oder Vorbeugung von Komplikationen bei Menschen mit Sichelzellkrankheit.
Hintergrund
Sichelzellkrankheit ist eine schwerwiegende, vererbte Bluterkrankung, bei der rote Blutkörperchen (Erythrozyten), also jene, die den Sauerstoff im Körper transportieren, Abnormalitäten entwickeln. Normale rote Blutkörperchen sind flexibel und scheibenförmig, aber bei Sichelzellkrankheit werden sie starr und sind wie ein Halbmond geformt. Sichelförmige rote Blutkörperchen sind nicht nur weniger flexibel als gesunde rote Blutkörperchen, sie haften auch eher aneinander. Dies kann zu blockierten Blutgefäßen führen, was Gewebe- und Organschäden und Phasen mit schweren Schmerzen verursachen kann. Die abnormalen roten Blutkörperchen sind empfindlicher und brechen auseinander, wodurch sich ihre Anzahl verringert, was auch als Anämie bekannt ist.
Merkmale der Übersicht
Wir suchten nach Cochrane Reviews, die die Daten aus randomisierten kontrollierten Studien (RCT; Untersuchungen, bei denen die Teilnehmer zufällig einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugeteilt werden) ausgewertet haben. Diese Studien untersuchten die Wirksamkeit einer Bluttransfusion mit roten Blutkörperchen, um Komplikationen bei Sichelzellkrankheit zu verhindern oder zu behandeln. Diese Übersicht fasst die Ergebnisse dieser Reviews zusammen.
Hauptergebnisse
Fünfzehn Reviews erfüllten die Einschlusskriterien für diese Übersicht. Jedoch untersuchten nur vier Reviews (welche neun RCTs und 1.052 Teilnehmer umfassten) die Auswirkungen von Bluttransfusionen mit roten Blutkörperchen und hatten Ergebnisse, die berichtet werden konnten. In den vier Reviews gab es bei keinem Vergleich einen Unterschied für das Sterberisiko. Wir haben festgestellt, dass langfristige Transfusionen von roten Blutkörperchen, im Vergleich zur Standardversorgung, das Risiko eines Schlaganfalls bei Kindern und Jugendlichen mit hohem Schlaganfallrisiko (abnormaler transkranieller Doppler Ultraschall (hoher Blutfluss zum Gehirn) oder eines früheren stillen Schlaganfalls (ein Schlaganfall ohne äußere Symptome und bei dem sich eine Person normalerweise nicht bewusst ist, dass sie einen Schlaganfall erlitten hat)) wahrscheinlich verringern und auch das Risiko einer schmerzhaften Sichelzellkrise und eines akuten Thoraxsyndroms verringern könnten. Im Vergleich zur Standardversorgung könnten Transfusionen von roten Blutkörperchen auch das Risiko eines stillen Schlaganfalls bei Kindern mit abnormalem transkraniellen Doppler Ultraschall verringern.
Wir fanden, dass es einen Mangel an Evidenz für die Behandlung von Erwachsenen mit durch Sichelzellkrankheit bedingten Komplikationen gab und dass wichtige Endpunkte, wie die Lebensqualität, oft nicht gemessen oder berichtet wurden.
Qualität der Reviews und Evidenz innerhalb der Reviews
Alle in dieser Übersicht enthaltenen Reviews waren von hoher Qualität und entsprachen den Cochrane-Standards für systematische Reviews.
Allerdings war die Qualität der Studien, die in den Reviews untersucht wurden, in den Studien und in Bezug auf die Endpunkte unterschiedlich. Die Qualität der Evidenz innerhalb der Studien wurde herabgestuft, weil die Studien ein hohes Risiko für Bias hatten, die Ergebnisse unzureichend präzise waren und ein Großteil der Evidenz nur für Kinder mit der HbSS-Krankheit (eine schwere Form von Sichelzellkrankheit) galt.
Menschen mit Sichelzellkrankheit leben immer länger und wir brauchen mehr hochwertige Evidenz über die Behandlung von Erwachsenen mit Sichelzellkrankheit, sowie über die besten Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich der Rolle von Transfusionen roter Blutkörperchen, um Komplikationen bei Sichelzellkrankheit zu behandeln. Außerdem müssen wir auch die Berichterstattung der Ergebnisse von Studien verbessern und standardisieren.
N. Kampik, freigegeben durch Cochrane Deutschland.