Aufgrund der verfügbaren Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit ist nicht klar, ob das Baden mit Chlorhexidin im Krankenhaus erworbene Infektionen, die Sterblichkeit oder die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation vermindert oder ob die Anwendung von Chlorhexidin zu mehr Hautreaktionen führt.
Eine im Krankenhaus erworbene Infektion ist ein häufiges unerwünschtes Ereignis in der Patientenversorgung und kann zu längeren Aufenthalten auf der Intensivstation, zusätzlichen medizinischen Komplikationen, dauerhaften Behinderungen oder zum Tod führen. Während alle Patienten im Krankenhaus anfällig für Infektionen sind, ist die Prävalenz auf der Intensivstation, wo schwerkranke Menschen eine supprimierte Immunität haben und vermehrter invasiver Überwachung unterliegen, besonders hoch. Personen, die mechanisch beatmet werden, sind durch Tracheostomie und Reintubation und der Verwendung mehrerer zentraler Venenkatheter einem Infektionsrisiko ausgesetzt, wobei Leitungen und Schläuche als Vektoren für die Übertragung von Bakterien dienen und Blutstrominfektionen und beatmungsassoziierte Lungenentzündung (ventilator-associated pneumonia, VAP) begünstigen können. Chlorhexidin ist ein kostengünstiges Produkt, das als Desinfektionsmittel und Antiseptikum weit verbreitet ist. Es könnte zum Baden von schwerkranken Patienten eingesetzt werden, um Bakterien abzutöten und die Verbreitung von im Krankenhaus erworbenen Infektionen zu reduzieren.
Es sollten die Auswirkungen des Chlorhexidin-Badens auf die Anzahl der im Krankenhaus erworbenen Infektionen bei schwerkranken Personen beurteilt werden.
Wir durchsuchten im Dezember 2018 das Cochrane Wounds Specialised Register, das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL); Ovid MEDLINE; Ovid Embase und EBSCO CINAHL Plus. Außerdem durchsuchten wir klinische Studienregister nach laufenden und unveröffentlichten Studien und prüften Referenzlisten relevanter eingeschlossener Studien sowie Reviews, Meta-Analysen und HTA-Berichte (health technology assessments, HTA), um weitere Studien zu identifizieren. Es gab keine Einschränkungen hinsichtlich der Sprache, des Publikationsdatums oder des Studiensettings.
Wir schlossen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) ein, die das Baden in Chlorhexidin mit dem Baden in Seifenwasser von Patienten auf der Intensivstation verglichen.
Zwei Review-Autoren beurteilen unabhängig voneinander die Einschlussfähigkeit der Studien, extrahierten die Daten, bewerteten das Risiko für Bias und führten eine Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE durch.
Wir schlossen acht Studien in diesen Review ein. Vier RCTs schlossen insgesamt 1537 individuell randomisierte Teilnehmer ein und vier cluster-randomisierte cross-over-Studien schlossen 23 randomisierte Intensivstationen mit 22.935 Teilnehmern ein. Wir identifizierten eine Studie, deren Klassifizierung noch aussteht, weil wir die Einschlussfähigkeit nicht beurteilen konnten.
Die Studien verglichen das Baden mit 2 % Chlorhexidin-imprägnierten Waschtüchern oder verdünnten Lösungen von 4 % Chlorhexidin mit dem Baden mit Seife und Wasser oder dem Baden mit nicht-antimikrobiellen Waschtüchern.
Acht Studien berichteten Daten von Teilnehmern, die während des Aufenthalts auf der Intensivstation eine im Krankenhaus erworbene Infektion hatten. Wir sind unsicher, ob die Verwendung von Chlorhexidin zum Baden von schwerkranken Patienten die Rate der im Krankenhaus erworbenen Infektionen vermindert, da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist (Ratenunterschied 1,70, 95% Konfidenzintervall (KI) 0,12 bis 3,29; 21.924 Teilnehmer). Sechs Studien berichteten über Sterblichkeit (im Krankenhaus, auf der Intensivstation und nach 48 Stunden). Wir können nicht sicher sein, ob die Verwendung von Chlorhexidin beim Baden schwerkranker Personen die Sterblichkeit reduziert, da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist (Odds Ratio 0,87, 95% KI 0,76 bis 0,99; 15.798 Teilnehmer). Sechs Studien berichteten über die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation. Wir stellten fest, dass einzelne Studien keine Evidenz für einen Unterschied in der Aufenthaltsdauer fanden. Wir führten keine Meta-Analyse durch, da die Daten schief verteilt waren. Es ist nicht klar, ob die Verwendung von Chlorhexidin zum Baden von schwerkranken Personen die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation verkürzte, da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist. Sieben Studien berichteten Hautreaktionen als unerwünschtes Ereignis und fünf davon berichteten von Hautreaktionen, die vermutlich auf die Badelösung zurückzuführen waren. Die Daten in diesen Studien wurden nicht eindeutig berichtet und wir konnten keine Meta-Analyse durchführen. Wir können nicht sagen, ob die Verwendung von Chlorhexidin zum Baden schwerkranker Personen die unerwünschten Ereignisse vermindert hat, da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist.
Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz der einzelnen Endpunkte anhand des GRADE-Ansatzes als sehr niedrig ein. Für alle Endpunkte stuften wir die Evidenz aufgrund von Studienlimitationen herab (die meisten Studien hatten ein hohes Risiko für Performance-Bias und in einigen Studien stellten wir hohe Risiken für andere Bias-Formen fest). Wir stuften die Evidenz aufgrund von Indirektheit herab, da einige Teilnehmer möglicherweise bereits vor der Rekrutierung im Krankenhaus erworbene Infektionen gehabt haben könnten. Wir stellten fest, dass eine kleine Studie einen großen Einfluss auf den Effekt bezüglich Krankenhausinfektionen hatte, und wir bewerteten die Entscheidungen, die in der Analyse einiger cluster-randomisierter cross-over-Studien hinsichtlich des Effekts zu Krankenhausinfektionen und Sterblichkeit getroffen wurden. Wir stuften die Evidenz für diese Endpunkte aufgrund von Inkonsistenz herab. Ebenso stuften wir die Evidenz zur Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation wegen unzureichender Präzision herab. Die Daten für unerwünschte Ereignisse waren aufgrund der wenigen Ereignisse eingeschränkt, so dass wir wegen unzureichender Präzision eine Herabstufung vornahmen.
J. Meichlinger, freigegeben durch Cochrane Deutschland